PAR-Therapie

Richtlinien-konforme PAR-Therapie

Oder: wie Sie sich vor Regressen schützen können

 

Einleitung

Innerhalb der GKV werden inzwischen sehr viele PAR-Therapien erbracht und abgerechnet, das KZBV Jahrbuch 2010 gibt für 2009 933 000 PAR-Therapien (abgerechnet nach BEMA Nr. 4) an. Diese Zahl bedeutet jedoch nicht, dass in allen Fällen auch tatsächlich das Honorar bei der abrechnenden Praxis verblieben ist. Die Erfahrung zeigt, dass in zunehmendem Maße Prüfungen durchgeführt werden – nicht nur die „Wirtschaftlichkeit“ wird geprüft, auch die „Richtlinienkonforme“ Erbringung von Leistungen. Hierbei unterscheiden wir auch noch zwischen Stichprobenprüfung und Prüfung wegen Auffälligkeiten.

Im SGB V wurde festgelegt, dass die Abrechnungsdaten computerlesbar und Arzt-bezogen von der KZV zusammengestellt und an die Kassen weitergegeben werden müssen. Nun ist es ein Leichtes, bestimmte Auffälligkeiten mittels Prüfprogrammen zuzuordnen und automatisch diese abrechenden Zahnärzte zu erfassen, mit dem Ergebnis, dass ein Prüfantrag gestellt wird. Mit der Prüfung wird dann die Prüfstelle der jeweiligen KZV betraut, deren Mitarbeiter anders als früher nicht mehr ehrenamtlich, sondern fest angestellt sind.

Daraus kann man mehrere Schlüsse ziehen:

– die Regierung misstraut den Zahnärzten in erheblichem Masse

und

– die Angelegenheit ist lohnend, sonst wäre Niemand auf die Idee gekommen, die Prüfstellen mit Festangestellten zu besetzen.

Die bei der Prüfung erwirtschafteten Gelder gehen, anders als gerne angenommen, nicht mehr in den Honorartopf, der via KZV verteilt wird, sondern unmittelbar in die Kassen der GKV. Damit sind diese sehr motiviert, Prüfungen erfolgreich durchzuziehen, und es wurden zahlreiche Instrumente (z.B. spezielle Programme, besonders geschulte Mitarbeiter, usw.) geschaffen, die für einen stetigen Geldfluss sorgen. Insbesondere wenn ein Zahnarzt an einen Verkauf denkt und seine Praxis einem Nachfolger anbieten möchte, muss er/sie das der KZV melden. Und dort wird dann gerne eine Prüfung angesetzt, damit man nochmal rasch was an Regress einsammeln kann. Ein bekanntes der Redaktion vorliegendes besonders dreistes Beispiel ist ein Kollege, dem man 42 000 € an Regress per Prüfanordnung und Tagung des Prüfungsausschusses aufgebrummt hat – und danach hat die AOK dagegen Widerspruch eingelegt (!), weil die Honorarkürzungen nicht hoch genug ausgefallen seien.

Neuerdings werden nun zunehmend mehr Einzelfallprüfungen vorgenommen, die statistische Prüfung hat sich als ein zu stumpfes Schwert herausgestellt. Da darf die Praxis 30 bis 50 Fälle mit sämtlichen Unterlagen an die Prüfstelle einreichen. Die Auswertung der Prüfergebnisse ergibt folgendes Bild:

Fast alle Prüfanträge werden im Interesse der Kassen entschieden. Bei sorgfältig vorbereiteten Erläuterungen kann die Regressforderung deutlich gedrückt werden, Anwesenheit vor dem Prüfungsausschuss ist eher negativ zu werten, die Prüfer stellen unangenehme Fragen, die man spontan kaum richtig beantworten kann. Eine Anwesenheit ist auch, obgleich der Eindruck anders sein mag, nicht vorgeschrieben.

Zunehmend werden PAR-Therapien geprüft, offensichtlich weil man da ohne große Mühe am meisten Geld einsammeln kann. Dabei fällt auf, dass sich die Prüfer lediglich auf die Dokumentation der Fälle konzentrieren müssen, wobei die Systematik und die zeitlichen Abläufe sowie die korrekte medizinische Dokumentation (das kann man einem EDV-Programm oder billigen Bürohilfen überlassen) besonders geprüft werden – lediglich Abrechnungskürzel in den Aufzeichnungen werden als „nicht korrekt dokumentiert“ bezeichnet -, und bei Fehlern wird die ganze Honorierung der PAR-Therapie und nicht nur Teile davon in Regress genommen. Das ist für die Prüfer ein wirklich lohnendes Unterfangen und für die Kassen ein perfektes Geschäft. Die Patienten sind ja real behandelt worden, nur wegen Formfehlern, die auf den Therapieerfolg kaum Einfluss haben, gibt es Honorarkürzungen.

 

Nun wird in der PAR-Therapie eine bestimmte Systematik verlangt, die in den Richtlinien (festgelegt durch gemeinsame Ausschüsse der Kassen und der Zahnärzte), die bekannt sein sollte, um nicht später (im Prüfungsfall) böse Überraschungen zu erleben. Beste Sicherheit gibt hier ein QM-System, das Fehler vermeiden hilft.

Es ist also dringend erforderlich und sehr lohnend, insbesondere in der Parodontaltherapie Formvorschriften einzuhalten bzw. sorgfältig zu dokumentieren.

 

Systematik der PAR-Therapie

Diagnosestellung

Für die Diagnostik einer PAR-Erkrankung wurde das Instrument der PSI (Parodontales Screening) in die GKV eingeführt. Stellt der Zahnarzt einen PSI von 3 oder mehr fest, so muss er eine parodontale Erkrankung annehmen und den betreffenden Patienten einer Vorbehandlung zuführen. Eine Empfehlung: auch ein PSI von 1 bis einschließlich 2 sollte nicht teilnahmslos hingenommen werden, hier sind ebenfalls Maßnahmen erforderlich, auch wenn diese nicht zu einer von der GKV bezahlten „systematischen PAR-Therapie“ führen. Im Prinzip wird bei diesem Patientenkreis eine „Vorbehandlung“ durchgeführt, die in den meisten Fällen ausreichen dürfte, um das Problem in den Griff zu bekommen.

Nun führt ein PSI von 3 nicht automatisch dazu, dass ein PAR-Antrag gestellt werden darf. Zuerst schreiben die RiLis eine „Vorbehandlung“ vor.

 

Vorbehandlung

Für die Vorbehandlung ist es erforderlich, einen Röntgenstatus zu erstellen (z.B. genügt auch ein OPG). Der Grund: es ist vorgeschrieben, dass vor Beginn der PAR ein gesunder Zahnstatus gegeben sein muss – Karies, insuffizienter Zahnersatz, insuffiziente Füllungen, devitale Zähne mit oder ohne apikale Veränderung, all das muss in der Vorbehandlungsphase abgearbeitet werden. Dazu ist weiterhin vorgeschrieben, dass mindestens zwei Maßnahmen zur Gesundung der Parodontien vorgenommen werden müssen, insbesondere sind Zahnreinigungen durchzuführen, die im Rahmen der „normalen“ Patientenbehandlung erbracht und abgerechnet werden (cave: Wirtschaftlichkeitsprüfung, Limitierung der Zahnsteinentfernung auf einmal pro Jahr). Dazu ist eine Mindestwartezeit von etwa 4 bis 6 Wochen dringend anzuraten.

Bei der Röntgenbefundung tut sich gleich eine Falle auf: da rutscht man schnell in die Wirtschaftlichkeitsprüfung (mehr Rö´s als der LD), und, es müssen alle Befunde dokumentiert werden, es genügt nicht nur als Begründung „PA“ anzugeben.

 

Es ist anzuraten, mit dem Patienten eine Privatvereinbarung zu treffen, damit man nicht letztendlich auf nicht erstatteten Leistungen sitzen bleibt.

 

Maßnahme

Abrechnung

Röntgenstatus/OPG

BEMA/Kasse

Zahnsteinentfernung/Zahnreinigung

Privat, ev. Kasse (1.Sitzung)

Füllungstherapie

Kasse (Amalgam), Komposit (privat)

Zahnersatz prüfen und ggflls entfernen und durch temporären Ersatz austauschen

Kasse, ev. privat

Vitalitätstest alle Zähne

Kasse

Endo-Therapie

Kasse, besser Privatvereinbarung

 

Zur Präzisierung: diese Vorbehandlungsmaßnahmen finden nach Feststellung einer PAR-Erkrankung, also nach Befundung und PSI-Erhebung, statt!

Die Vorbehandlungsschritte sollten in jedem Fall, auch bei einem PSI, der nicht zu einer PAR nach GKV-Kriterien führt, durchgeführt werden. Dabei ist darauf zu achten, dass keine formalen Fehler gemacht werden. Ohne QM, in dem die Systematik als verbindlich festgelegt wird, muss man sehr viel im Krankenblatt eintragen, mit QM kann man auf die geltende Systematik verweisen „das wird immer so gemacht“.

 

Röntgen

Der Röntgenbefund muss vollständig sein, im Prüfverfahren sind die Prüfer darauf spezialisiert, Unstimmigkeiten zu suchen und aufzudecken. Aus der Röntgendiagnostik ergibt sich die Planung der Vorbehandlung. So soll eine allfällige Endo-Therapie möglichst rasch eingeleitet werden, da es ebenfalls nach den Richtlinien einer Wartezeit von etwa 3 bis 6 Monaten bedarf, um die Endo-Behandlung als erfolgreich ansehen zu dürfen. Man darf jedoch erst nach Abschluss der Vorbehandlung – hier: der Endo-Therapie – überhaupt erst einen PAR-Plan erstellen!

Kariöse Zähne sind ebenfalls zu behandeln – Karies wird besonders gerne im Röntgenbefund vergessen bzw, der Zahnarzt plant, Karies im Rahmen der PAR-Behandlung mit zu therapieren („geht in einem Aufwasch“). Dies ist nicht zulässig!

Der Abgleich des Vitalitätstests aller Zähne mit dem Rötgenbefund zeigt die Anzahl der endodontisch zu behandelnden Zähne. Für die Prüfung bedeutsam ist, dass die Prüfstellen nur die Unterlagen (Kartei, Röntgenaufnahme) haben, was im Vitalitätstest gefunden wurde, erschließt sich nur indirekt. Übersieht man jedoch eine apikale Aufhellung, so wird dies als gravierend angesehen.

Füllungen werden danach beurteilt, ob es Schatten (Sekundärkaries?) oder überstehende Füllungsränder gibt. In den Prüfungen kommt es praktisch nie zu einer körperlichen Untersuchung der Patienten, es wird weitegehend nach Aktenlage entschieden.

Auch insuffizienter bzw. Zahnersatz, der insuffizient wirkt – auf dem Röntgenbild stellt sich manchmal etwas anders dar als in der klinischen Untersuchung – ist entweder zu entfernen oder, wie hier geschildert im zweiten Fall, klinisch zu untersuchen, wobei das Untersuchungsergebnis jedenfalls zu dokumentieren ist.

 

Zahnsteinentfernung

Es besteht kein Zweifel, dass eine PZR „professionelle Zahnreinigung“ einen ganz anderen Leistungsumfang hat als die Zahnsteinentfernung nach BEMA. Auch in ZMK-Kliniken wird deshalb die bloße Zahnsteinentfernung mittlerweile durch die auch dort kostenpflichtige PZR ersetzt. Die Leistungsziffer des BEMA reicht dafür nicht aus. Wenn immer möglich sollte deshalb im wohlverstandenen Eigeninteresse des Patienten eine Vereinbarung über eine PZR abgeschlossen werden. Nun stellt sich das Problem, dass dann, wenn ein Patient sich weigert, eine Vereinbarung zu treffen, die Vorbehandlung nicht korrekt sein kann. Hier ist eine besondere Aufklärungspflicht gegeben – und, der Zahnarzt muss jetzt abwägen. Wenn ein Patient eine PZR ablehnt, so ist im Allgemeinen auch anzunehmen, dass dann die notwenige Compliance, die für einen Erfolg einer PAR-Therapie erforderlich ist, nicht gegeben sein dürfte. Es ist hier zu überlegen, ob nicht eine pharmakologische (CHX o.ä.) Intervention statt einer systematischen PAR besser wäre. Auch dies ist in den RiLi´s nämlich festgelegt: wirtschaftlich im Sinne des SGB V ist nur, was mit einer ausreichend großen Wahrscheinlichkeit zum Erfolg führt. Dies gilt auch für PAR-Fälle. Es ist nur dann sinnhaft, eine PAR-Therapie zu planen, wenn die Compliance ausreicht, denn diese ist der wichtigste Parameter bei den Erfolgs-  bzw. Misserfolgskriterien. Und wenn ein Patient nicht einmal dazu motivierbar ist, eine vernünftige Zahnreinigung zu bezahlen (die ja auch im Recall bindend ist, jedoch von der GKV laut BEMA nur einmal jährlich in Form der Zahnsteinentfernung übernommen wird), muss man schon ernsthaft am guten Willen zur Mitarbeit zweifeln.

Die Zahnsteinentfernung betrifft alle harten supragingivalen bzw. „leicht erreichbaren“ subgingivalen Beläge. Ein gründliches Scaling ist davon ebenso wenig erfasst wie die Entfernung von Zahnverfärbungen oder gar weichen Belägen (Plaques).

Mittlerweile sind die Prüfer bereits dabei angelangt, gescheiterte PAR-Therapien dem Zahnarzt anzulasten – er hätte, so die Argumentation, sich vorab von der Compliance des jeweiligen Patienten überzeugen müssen.

 

Vitalitätstests

Um devitale Zähne zu identifizieren ist ein Vitalitätstest aller Zähne erforderlich. Devitale Zähne zeigen nicht zwingend eine röntgenologische Auffälligkeit. Als Testverfahren kommt der Kältetest oder auch ein elektrisches Testverfahren in Frage. Dabei darf nur ein Vitalitätstest pro Quartal durchgeführt werden, ansonsten kommt es zu Kürzungen.

 

Füllungstherapie

Zeigen sich insuffiziente Füllungen, so ist zu diagnostizieren und dokumentieren, um welche Art der Insuffizienz es sich handelt. Denkbar sind überstehende Füllungsränder (ein sehr häufiger Befund), die nicht nur durch Neuanfertigung, sondern auch durch Nachbearbeitung funktionsfähig gemacht werden könnten. Füllungen mit Randdefekten sollte man besser ganz erneuern, da man nicht sicher sein kann, ob es nicht zu neuen kariösen Prozessen in der Tiefe gekommen ist. Und, Füllungsreparaturen sind kaum abrechenbar, es gibt gar keine Leistungsziffer im BEMA dafür. Ohne eingetragene Begründung bzw. ausführliche Dokumentation werden Honorarkürzungen vorgenommen. Auch dies lässt sich via QM vereinfachen, z.B. indem man Diagnosen oder Befunde auslagert ins QM Handbuch und nur noch z.B. mittels Ziffern im Krankenblatt dokumentiert – ein QM ist stets als Teil der Dokumentation aufzufassen.

 

Kariöse Zähne müssen lege artis versorgt werden. Dabei sollen die modernen Möglichkeiten der minimal invasiven Techniken eingesetzt werden. Hier ergibt sich aus dem BEMA jedoch eine deutliche Limitierung: der BEMA kennt lediglich Amalgam als „Füllung“, Kunststofffüllungen sind nach BEMA lediglich im Fall einer Amalgamallergie (die es praktisch gar nicht gibt) oder der chronischen Niereninsuffízienz (muss vom Internisten bestätigt sein) nach den entsprechenden Leistungsziffern abrechenbar. Hier ist es zu empfehlen, die zulässige Kombination (GKV-Füllung mit Zuzahlung) zu wählen für den Fall, dass ein Patient eine Amalgamfüllung ablehnt. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die letzte Langzeitstudie zu eventuellen Amalgamnebenwirkungen wieder gezeigt hat, dass es keine Gesundheitsgefährdung durch Amalgam gibt – wie sich die Studienleiter äußerten „Amalgam ist freizusprechen wegen erwiesener Unschuld“.

 

Endotherapie

 

Eine „kombinierte Therapie“, in der geplant wird, dass man während der PAR andere Erkrankungen „mitbehandelt“ wird als nicht richtliniengemäß eingestuft, was zum Regress führt (im Prüfungsfall) mit Verlust des gesamten Honorars.

Alle Erkrankungen: hier werden insbesondere Karies, defekte bzw. insuffiziente Füllungen sowie insuffizienter Zahnersatz und letztendlich auch devitale Zähne mit oder ohne apikale Beteiligung als wesentlich angesehen. Die Prüfer achten penibel auf alle Indizien, die auf Versäumnisse hindeuten könnten, um durch Regresse die Kassen der GKV auffüllen zu können.

Es ist deshalb zwingend, alle Maßnahmen noch vor der Planung zu treffen bzw. – im Fall ZE – bereits in der Planung für die PAR die notwendigen späteren oder begleitenden Therapieschritte zu dokumentieren (QM ist auch da hilfreich, um Versäumnisse im Vorfeld abzuwenden).

Vorgesehene Implantationen sind ebenfalls planungspflichtig, dies sollte nicht vergessen werden, ebenso die Extraktionen nicht erhaltensfähiger oder –würdiger Zähne.

In dieser Vorbereitungsphase wird naturgemäß eine Diskussion mit dem Patienten stattfinden müssen

–         über die Art und

–         über die Kosten der Therapie

Nur im Einvernehmen mit dem Patienten kann dann die Vorbehandlung selbst geplant und durchgeführt werden. Dabei gilt stets, dass die Kriterien der „Aufklärungspflicht“, wie sie von der Rechtsprechung festgelegt wurden, beachtet werden. Eine alleinige Berufung auf die BEMA-Richtlinien genügt jedenfalls nicht. Die Anwendung eines Informationssystems kann hier zeit- und risikominimierend wirken.

Eine Endo-Therapie ist sehr zeit- und kostenintensiv. Hier wird abzuwägen sein, ob überhaupt eine endodontische Therapie – und ob innerhalb der BEMA-Richtlinien – in Frage kommt oder ob nicht gleich der defekte Zahn durch ein Implantat ersetzt werden soll. Hierbei gilt es jedoch zu bedenken:

Es gibt Implantate, und es gibt Prothesen. Nur, „eigene“ Zähne sind das nicht – immer noch nicht!

Also sollte höchste Aufmerksamkeit dem Erhalt der angeborenen, ureigenen Dentition geschenkt werden, kompromisslos und ultimativ.

Unter diesem Aspekt ist es schlicht unverständlich, dass in Deutschland immer noch jährlich etwa 10 Millionen Zähne (!) der Zange zum Opfer fallen. Die Zahnentfernung macht einen Menschen schlicht zum Krüppel, wobei man mit Prothesen eben wirklich nur Prothesen anbieten kann, egal wie technisch aufwändig sie auch sein mögen, bis hin zu Implantaten.

Anderswo wird das anders gehandhabt: in USA z.B. ist der „Endodontist“ der bestbezahlte unter den Zahnmedizinspezialisten, der verdient mehr als doppelt so viel als ein Prothetiker. Das zeigt, wie hoch die „eigenen“ Zähne im Kurs stehen, lässt man die Patienten selbst entscheiden – für endodontische Therapien werden in einem freien Land mehr Gelder aufgewendet als für Prothesen. Schließlich entscheidet in den USA – wie in praktisch allen Ländern weltweit außer in Deutschland – der Bürger/Patient selbst, wofür er/sie das sauer verdiente Geld ausgibt.

Für „Kassenpatienten“ gilt, wie für jeden Anderen auch, dass sie selbst entscheiden dürfen (müssen), was sie wollen. Da kann man nicht einfach ex cathedra anordnen „der Zahn muss raus“, nur weil man mit dem angebotenen Honorar nicht auskommt.

Es besteht selbstverständlich die Möglichkeit per Vertrag eine Endo-Therapie außerhalb des BEMA anzusiedeln, und dies ist dann sicher auch die anständige Lösung.

Dabei lässt sich die Regelung des BEMA trefflich dafür einsetzen, per Abdingung Endodontie privat zu erbringen und abzurechnen – seit 1.1.2004 gilt ja das Wirtschaftlichkeitsgebot in verschärfter Form, und es wurden die meisten schwierigeren Indikationen für eine Endo aus dem Leistungskatalog ausgeschlossen.

Der wurzelkanalbehandelte Zahnsollte muss endgültig stabil restauriert werden, sonst droht schon wieder die Kürzung. Hier gilt es, prinzipielle Überlegungen anzustellen. War es in der Vergangenheit eher so, dass man einer prothetischen Lösung zugeneigt war (gegossener Stiftaufbau), so hat die Adhäsivtechnik vollkommen neue Perspektiven eröffnet. Ein endodontisch versorgter Zahn wird durch eine adhäsiv verankerte Füllung sicherlich besser stabilisiert als durch eine konventionelle prothetische Lösung (z.B. Krone, eingesetzt mit Phosphatzement). Deshalb bleibt der Gestaltung und auch der Einbeziehung wirtschaftlicher Aspekte ein großer Spielraum, der nicht durch Vorurteile eingeengt werden sollte.

Wichtig ist auch, dass stets mittels Röntgenbild der Erfolg (Wurzelfüllung) dokumentiert wird, und wenn die Wurzelfüllung nicht bis zum Apex reicht (was Gründe haben kann), so ist im Krankenblatt zu dokumentieren, weshalb der Apex nicht erreicht wurde.

Zahnersatz

Insuffizienter Zahnersatz ist zu identifizieren und zu entfernen – dies ist ein wesentlicher Teil der vorgeschriebenen Vorbehandlung. Das Problem der Kosten bzw. eventueller Gewährleistungsansprüche gegenüber einem Vorbehandler sind durchaus bekannt, die RiLi´s schreiben dies jedoch bindend vor. Für den Fall, dass ein Gutachterverfahren wegen möglicher Gewährleistungsansprüche eingeleitet werden muss, so ist dies jedenfalls vor Planerstellung abzuwickeln. Kommt es zu unterschiedlichen Auffassungen, so ist dies mit der Kasse zu diskutieren – nur mit Genehmigung durch die Kasse darf über für insuffizient gehaltenen Zahnersatz hinweggesehen werden. Dies alles ist dann auch ausführlich zu dokumentieren.

Temporäre Versorgungen müssen parodontalfreundlich gestaltet sein; eine Neuanfertigung von Zahnersatz vor Abschluss der notwendigen PAR-Therapie kommt nicht in Frage, dies verbieten die RiLi´s ebenso wie die ständige Rechtsprechung – es liegen dazu sogar BGH-Urteile vor.

Insbesondere soll bei ZE geachtet werden auf

–         Okklusion (Front-/Eckzahnführung, keine Hyperbalancen)

–         Randschluss

–         wenn immer möglich supragingivale Ränder

–         bei herausnehmbarem ZE stabile Verankerung (z.B. Doppelkronen, keine einfachen Klammern)

–         keine Verblockungen (nur temporäre Schienung in Sonderfällen)

 

Die PAR-Schienen sollen parodontalfreundlich gestaltet sein (Abstand zur Gingiva) und dienen lediglich dem Zweck der vorübergehenden okklusalen Stabilisierung und sind deshalb generell als temporär aufzufassen. Eine Schienung wegen Lockerung (Lockerungsgrade werden im PAR-Plan erfasst, hier können die Prüfprogramme Unstimmigkeiten aufdecken!) sollte dokumentiert werden, wie auch der Zweck, z.B. Okklusionsausgleich. Wird eine permanente Schiene geplant, so ist jedenfalls zu dokumentieren, welche Indikation dafür ursächlich ist.

 

Mit dem PAR-Plan muss dann bereits der definitive Zahnersatz geplant werden, wobei es dringend geboten ist, einen Zeitplan beizufügen, wann der ZE angefertigt werden soll. Die Prüfer bestehen auf einer Gesamtplanung,, d.h., es muss bereits nach Abschluss der Vorbehandlung das geplante Endergebnis erkennbar sein.

Das bedeutet: Der ZE-Plan muss zu extrahierende Zähne ebenso einbeziehen wie möglicherweise geplante Implantate. Sollte sich während der PAR-Therapie eine Änderung ergeben, so muss dies unmittelbar der Kasse mitgeteilt werden. Denkbare Änderungen sind z.B. die Devitalisierung (es ist durchaus nicht selten, dass tiefe Taschen und deren Behandlung auch zu einem Absterben eines Zahnes führt) einzelner Zähne und dadurch notwendige zwischengeschaltete Endo-Behandlung oder gar der Verlust eines Zahnes oder auch ein Sinneswandel des Patienten (plötzlich ist ein Patient nicht mehr mit einer Zahnextraktion einverstanden) umgehend der Kasse mitzuteilen; die Fortführung der Therapie bedarf dann einer erneuten Genehmigung, wobei es dringend empfohlen wird, sich dies schriftlich bestätigen zu lassen. Die damit verbundene Notwendigkeit einer erneuten ZE-Planung muss dabei bedacht werden, man darf es nicht vergessen.

Abweichungen vom PAR-Plan (auch ZE) werden unter keinen Umständen von den Prüfern toleriert.

 

Planung

Ist die Vorbehandlung richtliniengemäß abgeschlossen, wird – bei längerer Dauer, z.B. wegen Endobehandlung, erneut ein Röntgenbefund erforderlich, da nur der aktuelle Stand der Erkrankung als Basis der Planung zulässig ist. Auch hier ist das Gebot der Wirtschaftlichkeit möglicherweise ein Widerspruch, den es per Begründung auszuräumen gilt.

Daneben ist nun erforderlich, Planungsmodelle nach PAR-Kriterien zu erstellen, nach Bisslage zu fixieren und zu trimmen (es genügt ein Quetschbiss). Die Modelle müssen zusammen mit der Bissfixierung getrimmt sein.

Die Prüfer achten darauf, dass das Datum der Modellherstellung vor der Planerstellung liegt. Nachvollziehen kann man das mittels Datum, der Laborrechnung – liegt die Laborrechnung mit späterem Datum als der Plan vor, wird daraus geschlossen, dass es keine richtlinienkonforme Planung gegeben hat, was zum Honorarverlust führt.

Dann ist noch eine exakte Befundung laut Formular (PA-Plan) erforderlich, wobei hier besonderes Augenmerk auf die Taschentiefen gelegt wird; Rezessionen sieht man auf den Röntgenbild nicht, das können die Prüfer nicht kontrollieren. Auch der Furkationsbefall ist sicher zu erfassen.

Sind die Voraussetzungen einer PAR-Therapie auch nach Abschluss der Vorbehandlung gegeben (Taschentiefen >3 mm), – eine systematische PAR-Therapie muss nicht bei allen Parodontien erfolgen, die Planung erfasst lediglich Zähne mit Taschen > 3mm als nach GKV-Kriterien abrechenbar, Zähne mit geringeren Taschentiefen sollten allerdings auch therapiert werden, da auch bei 2 mm Taschentiefe eine Infektion gegeben ist, die dann zu einer Reinfektion therapierter Parodontien führen kann. Diese sind im Plan jedenfalls zu erfassen (es müssen ja alle gemessenen Taschentiefen erfasst werden), die Therapie sollte privat vereinbart werden, wobei dies jedenfalls dokumentiert werden muss.

Nicht erhaltungsfähige bzw. -würdige Zähne (nach GKV-Kriterien!) sind ebenfalls im Plan einzutragen und als zu extrahieren zu definieren. Die Extraktion ist bindend vorgeschrieben. Unterlässt der Zahnarzt diese auch welchen Gründen auch immer, wird die PAR-Therapie als nicht RiLi-Konform angesehen, der Honoraranspruch entfällt.

Hier ist eine Menge an Beratungs- und Aufklärungsbedarf zu sehen, der sinnvollerweise im Rahmen eines QM systematisch abgearbeitet wird. Sinnvoll sind Vordrucke, auf denen die Items zusammen mit dem Patienten abgehakt werden und jeweils durch Unterschrift des Patienten zum Beweismittel werden.

 Auch wenn dies nicht im Plan explizit abgefragt wird, sind folgende spezielle Fragen von elementarer Bedeutung:

Die Frage nach „Raucher“ ist sehr wichtig, gibt dies doch einen Anhaltspunkt für die Prognose (Raucher haben eine sehr schlechte Prognose)

Diabetes ist ebenfalls eine relative Kontraindikation, wie das Rauchen, und bedarf besonderer Aufklärung, so wie Rauchen auch.

 

Zusätzlich hat der Zahnarzt bei der Planung eine Abschätzung der Compliance abzugeben, die am besten durch Erhebung des API (approximaler Plaque Index) mittels Vordruck dokumentiert wird, Bei schlechter Compliance, ausgedrückt durch ungenügende Mitarbeit (Mundhygiene), ist die Planung so lange zu stoppen, bis die Compliance stimmt. Ansonsten wäre auch hierin ein Verstoß gegen die Richtlinien zu sehen mit der Folge einer Honorarkürzung.

Bei der Planung müssen auch geplante Recallsitzungen ebenso angegeben werden wie z.B. Schienen oder folgende ZE-Maßnahmen oder Einschleifsitzungen zum Okklusionsausgleich. Es ist jedoch daran zu denken, dass der Plan erst nach Abschluss der letzten beantragten Recallsitzung abgerechnet werden kann. Es ist deshalb davon abzuraten, zu viele Recallsitzungen zu beantragen bzw. den Zeitraum der letzten Recallsitzung zu weit in die Zukunft zu legen. Nicht nur, dass man dann sehr lange auf das Honorar warten muss, es ist auch ein Problem, bei der heutigen Mobilität der Menschen sicherzustellen, dass alle Recallsitzungen dann auch wirklich erbracht werden können. Wenn ein Patient nicht mehr zur Nachbehandlung erscheint, hat die Praxis das Problem gegenüber der Kasse beweisen zu müssen, dass hier korrekt gehandelt wurde. Was keinesfalls geht, ist, die Recallsitzungen einfach abzurechnen, ohne dass der Patient diese auch in Anspruch genommen hat. Dies kann mit der heutigen Computertechnik relativ leicht aufgedeckt werden.

Problematisch ist, wenn kurz nach dem letzten beantragten Recalltermin erneut eine Zahnreinigung abgerechnet wird – das führt automatisch zur Kürzung, es muss ein zeitlicher Mindestabstand gewährleistet sein.

 

Die PAR-Behandlung darf dann auch erst nach Eingang des genehmigten Plans begonnen werden, auch dies wird bei den Prüfungen gecheckt. Ein vorzeitiger Therapiebeginn führt regelmäßig dazu, dass alle Honoraransprüche aus dem Fall als ungerechtfertigt angesehen und zurückgefordert werden.

 

Weiterführende Informationen:

„Aktueller Stand der Parodontologie“, Hrsg. G. Hetz, Spitta-Verlag, Balingen

QM (enthält auch alle Richtlinien, Gesetze und Verordnungen) und Infosystem unter www.gh-praxismanager.de,

Hilfen zur Einführung eines QM unter www.dentalkolleg.de

Hilfe in Regressfällen unter www.securdent.de

 

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