Kontrollen und deren Folgen

Was dem Zahnarzt droht:

Ganz reale Geschichten

Wir betreuen viele Kollegen, die Probleme haben: Probleme mit Kostenerstattern und Patienten. Da bekommt man recht viel mit von den richtigen Sorgen – darüber liest man eigentlich nie was. „Zahnärzte sind Großverdiener“, das steht fest in der öffentlichen Meinung, und die Standesführung scheint da mitzuspielen, anstatt mal korrigierend einzugreifen.

Beispiel 1: Da erkrankt ein Zahnarzt ernsthaft und fällt für ein ganzes Jahr aus. Was folgt? Die Tagegeldversicherung bezahlt nur den „Verdienstausfall“, nicht jedoch die Praxiskosten, die ja unvermindert weiterlaufen. Die Patienten bleiben weg – man kann einen Vertreter einsetzen – nur: der ist teuer, und die Kosten dafür ersetzt die Versicherung nun mal nicht. Überdies sind die Patienten heutzutage sehr personengebunden und zahnarzttreu, die lassen sich nicht gerne von einem völlig Fremden behandeln. Also gerät die Praxis heftig ins Minus. Dummerweise bricht dann auch noch das eingearbeitete Personal weg, denn weiterbeschäftigen ohne Arbeit ist Quatsch, und später wieder einstellen? Nein, die haben neue Arbeitgeber gefunden.

Nun gut wird man meinen, startet der Zahnarzt eben wieder neu. Aber hallo, da haben wir aber nicht mit der KZV gerechnet. Weil der Umsatz bzw. das Abrechnungsvolumen drastisch zurückgegangen ist fällt man gleich in die Prüfung: Wirtschaftlichkeitsprüfung, Auffälligkeitsprüfung, die ganze Palette an Folterinstrumenten. Ist ja auch klar: die Neupatienten muss man sich mühsam erarbeiten, da findet man erst mal nur welche, die auch große Schäden haben, da ist dann viel zu tun – nur, verglichen wird man mit Praxen, die schon ewig tätig sind und natürlich durchsanierte Patienten haben.

Wenn man sowieso schon klamm ist tut dann der Regress besonders weh – und die Bank spielt da nur begrenzte Zeit mit, die will ihr Geld sehen.

Da haben wir einen Kollegen, den haben sie regelmäßig jedes Quartal geprüft, dann hat die Bank den Hahn zugedreht. Privatkonkurs, Verlust des Elternhauses (!), Verwertung allen Vermögens, bis hin zu den Versorgungsansprüchen. Der gute Mann ist jetzt, nach 35 Jahren Berufstätigkeit, Hartzer!

Kann mir nicht passieren? Dann eben Beispiel 2: Da übernimmt ein junger Kollege eine bestehende Praxis. Wie üblich bezahlt er einen schönen Batzen Geld für den Patientenstamm. Und dann macht der abgebende Kollege kurz darauf eine neue Praxis in unmittelbarer Umgebung auf – ratsch, das haut in die Bilanzen! Eine gerichtliche Auseinandersetzung kostet richtig viel (Anwälte machen´s ja nun wirklich nicht für Gottes Lohn) und nutzt nichts, weil der BGH schon längst entschieden hat, dass Konkurrenzschutzklauseln unwirksam sind. Das hat der Anwalt natürlich nicht gleich gesagt…

Weil der junge Kollege nun auf der alten Abrechnungsnummer arbeiten, jedoch neue Patienten anwerben muss, ist er sofort in der Wirtschaftlichkeitsprüfung mit heftigen Regressandrohungen.

Beispiel 3: Ein Zahnarzt übernimmt die Praxis eines verstorbenen Kollegen. Weil er in eine bestehende Praxis einsteigt gelten sofort alle Regeln für „alteingesessene“. Er wird ab dem ersten eigenen Abrechnungsquartal geprüft – und er wird für Fehler des Vorgängers abgestraft durch Honorarabzug. Derzeit hält die Bank noch still, wer weiß wie lange.

Beispiel 4: Ein Kollege hat keine Lust mehr und meldet der KZV die Praxisaufgabe. Sofort kommt eine Prüfung der letzten 8 (!) Quartale. Man einigt sich mit unserer Hilfe auf einen Vergleich in Höhe von 25 000 €.

Beispiel  4: Ein Zahnarzt versucht ein Kind zu behandeln, das einen sehr schlechten Mundgesundheitsstatus zeigt. Das Kind wehrt sich vehement, die Mutter unterstützt es dabei noch anstatt beruhigend einzuwirken. Der Zahnarzt verliert die Lust und weist seine Helferin an, die Prophylaxe zu machen und an einem Zahn, der excaviert wurde, eine provisorische Füllung zu legen, im Übrigen soll eine Fissurenversiegelung gemacht werden. Die Mutter war darüber so verärgert dass man den Sprössling nicht auf Händen getragen hat dass sie sich bei der AOK (wo sonst?!) beschwert hat. Daraufhin hat der Zahnarzt ein Disziplinarverfahren bei der zuständigen KZV bekommen, das wir nach mehrfachem Briefwechsel abwenden konnten. Aktuell hängt jetzt die Kammer dem Zahnarzt ebenfalls ein Disziplinarverfahren an. Begründung: Vornahme (zahn)ärztlicher Leistungen durch eine Helferin.

A propos Disziplinarverfahren: Der Zahnarzt aus Beispiel 1 hat ein solches gehabt, da ist er vor dem Disziplinarausschuss angetreten und musste sich „Falschabrechnung“ etc. vorhalten lassen. Der Grund: ungenaue bzw. unvollständige Dokumentation. Dem haben sie das Disziplinarverfahren gegen die Auflage die Zulassung zurückzugeben eingestellt. Der Zahnarzt aus Beispiel 3 hat noch kein verfahren, es wurde ihm aber schon angedroht, das ist nur noch eine Frage der Zeit. Auch hier „Falschabrechnung“ und „nicht Richtliniengerechte Behandlung“ als Vorwurf, basierend, wie nicht anders zu erwarten, auf unvollständiger Dokumentation.

Wer jetzt meint man könne ja dann, wenn ein Verfahren (Stichprobenprüfung, z.B.) angekündigt wird noch nacharbeiten (z.B. indem fehlende oder unvollständige Röntgenbefunde nachgetragen oder Datumsangaben korrigiert werden), der rennt gleich ganz ins Unglück. Das wäre dann eine strafbare Urkundenfälschung, die dann auf die Falschabrechnung draufgesattelt wird. Glücklich der, dem „nur“ Honorarkürzungen geschehen – geht so etwas zur Staatsanwaltschaft (damit wird gerne gedroht, um eine Zustimmung z.B. zu einem „Vergleich“ zu erhalten), und dann steht darauf eine Freiheitsstrafe, so sieht es das Gesetz vor, eine Geldstrafe kommt nicht mehr in Frage.

Auch die gerne geübte Methode, einem privat- oder Kassenpatienten den Eigenanteil zu erlassen und nur das als Zahlung anzunehmen, was die Kasse bzw. Versicherung zahlt, ist illegal. Hier käme eine Strafanzeige wegen „gewerbsmäßigem Betrug zu Lasten der Krankenkasse“ in Betracht. Aktuell ist so ein Strafverfahren gegen etliche Fitnessstudios bei uns in der Umgebung im Gange – deren Vergehen: die Krankenkassen zahlen einen Zuschuss für Versicherte, wenn die sich sportlich betätigen (soll ja gesund sein). Wenn dann das Studio einen Preisnachlass auf die regulären Gebühren gewährt, dann ist das „gewerbsmäßiger Betrug“, und auch die Versicherten, die einen solchen Vorteil angenommen haben, erhalten ein Strafverfahren. Wer nicht vorbestraft ist (Versicherter) kann gegen eine Zahlung einer Geldbuße eine Einstellung bekommen, wer schon was hatte, der kriegt das Verfahren. Dem „gewerbsmäßigen Betrüger“ steht diese Chance nicht offen.

Um auch hier abgesichert zu sein sollte präzise dokumentiert werden, auch z.B. die Einnahme der Praxisgebühr, denn auch hier ist eine Schenkung rechtswidrig. Auch die Entnahme von Goldkronen oder Inlays ist so zu dokumentieren, dass eindeutig nachgewiesen werden kann, wo das Gold geblieben ist. Sonst hat man auch noch die Steuerfahndung am Hals.

Fazit: nur eine vollständige Dokumentation schützt einen Zahnarzt einigermaßen vor unangenehmen Folgen!

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