Röntgendiagnostik – gestern und heute

Röntgendiagnostik –

Worauf ist zu achten?

Einleitung, gesetzliche Grundlagen

Der Diagnostik mittels sehr kurzwelliger Strahlung („Röntgenstrahlen“) sind gesetzliche Grenzen gesetzt. Insbesondere ist die Exposition lebender Gewebe gegen ionisierende Strahlung so weit als irgend möglich zu begrenzen:

§ 5 StrlSchV 2001 Dosisbegrenzung- Wer eine Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a bis d plant, ausübt oder ausüben lässt, ist verpflichtet dafür zu sorgen, dass die Dosisgrenzwerte der §§ 46, 47, 55, 56 und 58 nicht überschritten werden. Die Grenzwerte der effektiven Dosis im Kalenderjahr betragen nach § 46 Abs. 1 für den Schutz von Einzelpersonen der Bevölkerung 1 Millisievert und nach § 55 Abs. 1 Satz 1 für den Schutz beruflich strahlenexponierter Personen bei deren Berufsausübung 20 Millisievert.

In der Medizin wird ionisierende Strahlung zu verschiedenen Zwecken eingesetzt, in der Zahnheilkunde dient sie der Diagnostik:

BMU 2008 „Die medizinische Anwendung ionisierender Strahlung und radioaktiver Stoffe hat in Deutschland einen hohen diagnostischen und therapeutischen Standard erreicht. Sowohl hinsichtlich der Indikationsstellung als auch der Qualität der Durchführung werden hohe Anforderungen gestellt. Nach den Vorschriften der  Strahlenschutzverordnung, StrlSchV und der  Röntgenverordnung, RöV muss jede Anwendung im Einzelfall gerechtfertigt sein. Darüber hinaus ist die durch ärztliche Untersuchungen bedingte Strahlenexposition soweit zu reduzieren, wie dies mit den Erfordernissen der medizinischen Wissenschaft zu vereinbaren ist. Es ist in jedem Fall zu prüfen, ob durch diagnostische oder therapeutische Maßnahmen ohne Anwendung ionisierender Strahlung oder radioaktiver Stoffe der gewünschte medizinische Effekt nicht ebenso erzielt werden kann.

Die – rein rechnerische – effektive Dosis pro Kopf der Bevölkerung in Deutschland stieg kontinuierlich von ca. 1,6 mSv im Jahr 1996 auf ca. 1,8 mSv im Jahr 2002 – um ca. 11% über den Beobachtungszeitraum – an. Der festgestellte Dosisanstieg ist im Wesentlichen durch die Zunahme der CT-Untersuchungshäufigkeit bedingt. Eine strenge klinische Indikationsstellung vorausgesetzt, bietet aber gerade diese Technik einen großen diagnostischen und therapeutischen Nutzen für die Patienten“.

Die Verpflichtung zur Dosisbegrenzung ist § 2c „Verordnung über den Schutz vor Schäden durch Röntgenstrahlen“ zu entnehmen:

Vermeidung unnötiger Strahlenexposition und Dosisreduzierung

(1) Wer eine Tätigkeit nach dieser Verordnung plant, ausübt oder ausüben lässt, ist verpflichtet, jede unnötige Strahlenexposition von Mensch und Umwelt zu vermeiden.

(2) Wer eine Tätigkeit nach dieser Verordnung plant, ausübt oder ausüben lässt, ist verpflichtet, jede Strahlenexposition von Mensch und Umwelt unter Beachtung des Standes der Technik und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles auch unterhalb der Grenzwerte so gering wie möglich zu halten.

Daraus ist zu folgern: Es dürfen nur Röntgengeräte in Betrieb benommen bzw. betrieben werden, die „dem Stand der Technik entsprechend“ mit geringer Strahlendosis auskommen. Dies widerspricht im Grunde den Richtlinien der Kassen/KZVen, basierend auf dem SGB V, die die „Wirtschaftlichkeit“ in den Vordergrund stellen. Bei Abwägung der betroffenen Rechtsgüter ist dem Schutz der Patienten bzw. der Mitarbeiter Vorrang einzuräumen, ein anderer Schluss wäre kaum vorstellbar. Das bedeutet:

Einzelaufnahmen sind nur dann angezeigt, wenn tatsächlich nur ein kleiner Abschnitt des Zahn- oder Kieferbogens dargestellt werden muss (z.B. Endodontie). Ansonsten ist einem mit geringerer Strahlenbelastung arbeitenden Übersichtsgerät der Vorzug zu geben (z.B. OPG), wobei die neuerdings verfügbaren Geräte zur Volumentomografie bevorzugt werden sollten. Generell sind Filmaufnahmen mit höherer Strahlenbelastung verbunden als digitale Geräte, so dass der digitalen Röntgenologie der Vorzug einzuräumen ist.

Qualitätssicherung /-management

Nicht zu vergessen ist in dieser grundlegenden Betrachtung, dass der Qualität von Röntgenaufnahmen höchste Aufmerksamkeit zu schenken ist: Bilder ungenügender Qualität, die zur Wiederholung zwingen, verdoppeln die Strahlenexposition  unnötig.

Um dies sicherzustellen ist es erforderlich ein strenges Qualitätssicherungsregime vorzuhalten und alle mit der Strahlendiagnostik befassten Mitarbeiter regelmäßig zu schulen (dies wird durch die von den Kammern geforderten Röntgenzeugnisse bzw. die regelmäßig zu wiederholenden Prüfungen gesichert) sowie alle Geräte ebenfalls regelmäßig auf ihre bestimmungsgemäße korrekte Funktion hin überprüfen zu lassen. Die Maßnahmen zur Qualitätssicherung der röntgenologischen Diagnostik sind in einem Röntgenkontrollbuch zu dokumentieren; insbesondere sind Nachweise der Funktionstüchtigkeit (z.B. regelmäßige Graukeilproben, Prüfzeugnisse) sowie über die nötige Fachkunde der mit dem Röntgen befassten Mitarbeiter zu archivieren. Auch der Zahnarzt selbst hat regelmäßig seine Fachkunde nachzuweisen.

Also: so wenig als möglich röntgen, Alternativen nutzen (z.B. Ultraschall), wenn röntgen dann mit geringstmöglicher Strahlenbelastung (vorzugsweise digital) und alle Befunde dokumentieren, um eventuell weitere Röntgendiagnostik zu vermeiden

Röntgenbilder (auch digitale) müssen den Vorschriften entsprechend mindestens 5 Jahre aufbewahrt werden, und es ist dafür Sorge zu tragen, dass nach menschlichem Ermessen weder Zerstörung noch Verlust stattfinden kann (bei digitalen Aufnahmen muss z.B. eine entsprechende Datensicherung sichergestellt werden).

Die Aufbewahrung von Filmen muss im feuerfesten Tresor, die digitalen Aufnahmen auf einem sicheren Datenträger (z.B. CD/DVD), besser in einem  zentralen Sicherheitslaufwerk mit Datenspiegelung stattfinden.

Die Pflicht, alle Befunde, die ein Röntgenbild hergibt, sorgfältig zu dokumentieren, hat der BGH bestätigt (VI ZR 284/09). Es genügt demnach nicht in den Eintragungen – sei es die Karteikarte, das „Krankenblatt“, sei es die elektronische Aufzeichnung – lediglich die aus der Abrechnungssystematik hergeleitet „Begründung“ in Form des üblichen Kürzels (die Abrechnungsziffer „Grund“) einzutragen. Es müssen, so durch den BGH festgestellt, alle erkennbaren Befunde niedergelegt sein. Ohne eine vollständige Röntgenbefundung hat man nicht nur damit zu rechnen, dass z. B. im Fall einer PAR-Therapie die ganze Therapie als unwirksam gestellt wird mit der Folge des Regresses (da kann man sich überhaupt nicht wehren, weil das so in den Richtlinien festgelegt ist), der Röntgenbefund ist auch vor Beantragung zu erheben, da muss das Datum stimmen!  – es können auch empfindliche Rechtsfolgen eintreten, wenn man etwas Ernsthaftes übersehen hat. Nehmen wir an, der Zahnarzt hat ein OPG anfertigen lassen – da muss er auch eine eventuelle Sinusitis, eine Kiefergelenkserkrankung, eine Auffälligkeit in den Kieferknochen, ja sogar Auffälligkeiten außerhalb seines Tätigkeitsfelds, erkennen und befunden.

Die Rechtsprechung ist da weiter als die zahnärztlichen Vorgaben. Gerichte halten sich zunehmend an die ärztlichen Richtlinien, die da schon stärker entwickelt sind. Deshalb sollte man sich nicht ausschließlich auf die relativ alten Zahnärztekammerleitlinien verlassen (Richtlinie Fachkunde und Kenntnisse im Strahlenschutz bei dem Betrieb von Röntgeneinrichtungen in der Heilkunde oder Zahnheilkunde vom 22. Dezember 2005):

Die Anwendung der Vorschriften der Röntgenverordnung (RöV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. April 2003 (BGBl. I S. 604) hat den Schutz Einzelner und der Allgemeinheit vor  Röntgenstrahlung zum Ziel. Art und Umfang des Schutzes werden im medizinischen Bereich insbesondere durch die Grundsätze der §§ 2a bis 2c, 15 bis 17a, 23 bis 28g und 31 bis 32 RöV bestimmt. Danach wird gefordert:

–          die Rechtfertigung der Anwendung,

–          die Vermeidung unnötiger Strahlenexposition und die Dosisreduzierung,

–          die Berücksichtigung der diagnostischen Referenzwerte,

–          die Einhaltung der Vorschriften über die Dosisgrenzwerte.

Um dieses Ziel zu erreichen, ist es notwendig, dass insbesondere die Personen, die Röntgenstrahlung am Menschen zur Untersuchung oder Behandlung anwenden oder die Anwendung technisch durchführen, über die erforderliche Fachkunde oder Kenntnisse im Strahlenschutz verfügen (§ 3 Abs. 2 Nr. 3 und 4 und §§ 23 und 24 RöV). § 18a RöV legt die Voraussetzungen für Erwerb und Erhalt der erforderlichen Fachkunde und Kenntnisse im Strahlenschutz fest.

Das deckt sich mit den Aussagen zur ärztlichen Leitlinie, auf die oben abgestellt wurde, allerdings werden die Vorgaben enger ausgelegt.

Die erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz (§ 18a RöV) müssen besitzen:

– Strahlenschutzverantwortliche, soweit kein Strahlenschutzbeauftragter bestellt ist,

– Strahlenschutzbeauftragte (§ 3 Abs. 2 Nr. 3 RöV), z.B. Ärzte, Zahnärzte, Medizinphysikexperten, 

– Ärzte und Zahnärzte, die eigenverantwortlich Röntgenstrahlung zur Untersuchung oder Behandlung am Menschen anwenden (§ 24 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 RöV),

– Ärzte und Zahnärzte, die die rechtfertigende Indikation stellen (§ 23 Abs. 1 RöV),

– Ärzte, die in der Teleradiologie die Verantwortung für die Anwendung der Röntgenstrahlung haben (§ 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 RöV),

– Ärzte und Zahnärzte, die die Anwendung von  Röntgenstrahlung nach § 24 Abs. 1

Nr. 3 RöV und die technische Durchführung nach § 24 Abs. 2 Nr. 3 und 4 RöV beaufsichtigen und verantworten,

– Ärzte und Zahnärzte, die die Anwendung von Röntgenstrahlung am Menschen in der medizinischen Forschung leiten (§ 28b Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a), 

– Medizinphysik-Experten (§ 3 Abs. 3 Nr. 2 Buchstaben c und d, § 27 Abs. 1 Satz 1und Abs. 2 Nr. 1 sowie § 28b Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b RöV, jeweils in Verbindung mit der Begriffsbestimmung § 2 Nr. 11 RöV) und

– Personen, die ohne ständige Aufsicht Untersuchungen oder Behandlungen mit Röntgenstrahlung technisch durchführen (§ 24 Abs. 2 Nr. 1 und 2).

Der Erwerb der Fachkunde im Strahlenschutz wird von der zuständigen Stelle geprüft und bescheinigt (§ 18a Abs. 1 Satz 1 und 3 RöV).

Teilgebiete des geprüften Fachwissens:

Intraorale Röntgendiagnostik mit dentalen Tubusgeräten, Panoramaschichtaufnahmen, Fernröntgenaufnahmen des Schädels, 100 dokumentierte Untersuchungen, mindestens  6  Monate Ausbildungszeit

Schädelübersichtsaufnahmen und Spezialprojektionen, 50 Untersuchungen, mindestens 3 Monate

Handaufnahmen zur Skelettwachstumsbestimmung, 25 Untersuchungen entsprechend  3 Monate

Weitergehende Techniken (z.B. digitale Volumentomographie), 25 Untersuchungen und  3 Monate

Röntgentechniken

Insbesondere die 3-d-Volumentomografie sollte beachtet werden. Zunehmend verlangen die Gerichte dass präoperative Diagnostik mit dieser Technik vorgenommen wird. Die Vorteile solcher Geräte sind für Juristen offensichtlich: die Strahlenbelastung beträgt nur einen Bruchteil der Belastung bei einem konventionellen CT, und bei 2-dimensionalen Aufnahmen genügt im Allgemeinen die Darstellung nur einer Ebene nicht den gestiegenen Anforderungen. Wer chirurgisch tätig sein oder bleiben will (denken wir an Implantate) wird um diese Technik nicht herumkommen (denken wir an die eingangs zitierten gesetzlichen Vorgaben) – Schutz der Menschen geht vor „Wirtschaftlichkeit“, d.h., sparen darf man nicht an der Gesundheit. Natürlich ist das absurd: ein Gesetz (SGB V) verweigert über die Kostenbremse den medizinischen Fortschritt, gleichzeitig verlangt ein anderes Gesetz jedoch die Anwendung der modernsten Technik zur Reduktion von Nebenwirkungen. Hier hat die Standesführung versagt: man hätte den Politikern sehr wohl eine andere Sicht der Dinge beibringen können, so entscheiden nun Gerichte, und die werden kaum gegen den Patientenschutz urteilen, sie sind den Grundrechten zu sehr verpflichtet.

Die Schutzvorsc hriften resultieren aus dem allgemeinen Grundrecht auf Unversehrtheit eines jeden Individuums, sowohl in geistiger als auch körperlicher Hinsicht: das bedeutet, jeder (zahn)ärztliche Eingriff – auch die Diagnostik – ist einer strengen Kontrolle unterworfen und ist per se als strafbare Körperverletzung zu betrachten, es sei denn, der Nutzen einer Maßnahme würde überwiegen und die Nachteile träten dagegen in den Hintergrund. Um dies sicherzustellen darf auch eine Therapie oder Diagnostik, die schädliche Nebenwirkungen aufweist bzw. aufweisen kann, ausschließlich von dafür qualifizierten Spezialisten, also Ärzten und Zahnärzten mit Approbation, vorgenommen werden. Ausnahmen regeln Einzelvorschriften, z.. darf die Röntgendiagnostik an Mitarbeiter mit entsprechender Qualifikation (Röntgenfachkundezeugnis) unter Aufsicht und nach Anweisung  delegiert werden. Die Verantwortung liegt jedoch stets beim approbierten (Zahn)Arzt.

Sobald weniger belastende Diagnosemöglichkeiten verfügbar sind (z.B. Ultraschall) müssen diese auch Anwendung finden, dann wären Röntgengeräte obsolet. Vor allem ist die Indikationsstellung für Röntgenaufnahmen sehr eng auszulegen – dies deckt sich (zufällig) auch mit den Wirtschaftlichkeitsregeln. In Prüfungen (egal, ob Auffälligkeits-  oder Stichprobenprüfung) wird, so zeigt die Erfahrung, besonders gerne die Röntgendiagnostik moniert, was im Ergebnis zu nicht unerheblichen Kürzungen führt, es sei denn, der geprüfte Zahnarzt könnte in seinem Rechtfertigungsvortrag in jedem Einzelfall eine überzeugende Begründung anführen, weshalb diese Aufnahmen zwingend gewesen seien.

In der Praxis muss man also besondere Vorkehrungen treffen, um den Anforderungen gerecht zu werden. Insbesondere muss die Vorgehensweise ein System erkennen lassen: … dass die angeordneten Untersuchungen einer logisch aufgebauten Vorgehensweise entsprechen… (P. Rugani und N. Jakse:  Der aktuelle Stand der Röntgendiagnostik in der Zahnmedizin, ZMK, 2010). Dazu heißt es weiter: … Für die jeweilige diagnostische oder strategische Indikation ist die Untersuchungsmethode zu wählen, die einerseits die größtmögliche Aussagekraft, andererseits die geringste Strahlenbelastung für den Patienten mit sich bringt. Diesem Vorgehen liegt das ALARA-Prinzip (as low as reasonably achievable) zugrunde, das beschreibt, dass die medizinische Strahlenexposition einen hinreichenden Nutzen erbringen und hinsichtlich der Schädigung sowie möglicher alternativer Verfahren bewertet werden muss, wie es auch in den Euratom Richtlinien festgelegt ist…

Das OPG

Die Befundung sollte systematisch erfolgen, um zu gewährleisten, dass das Bild vollständig beurteilt wird. Das kann man sich erleichtern indem man in diagnostische Regionen einteilt, z. B. in vier Zonen: dentoalveolär, maxillär, mandibulär und die Region der Kiefergelenke. Möglicherweise sind anschließend noch Einzelaufnahmen nötig (z.B. um die Apexregion besser darzustellen), das können intraorale Zahnaufnahmen wie Zahnfilme, Bissflügel- oder Aufbissaufnahmen sein. Zusätzliche Einzelaufnahmen sind jedoch nur dann gestattet, wenn alle diagnostischen Möglichkeiten des OPG ausgereizt sind, schlechte Aufnahmequalität des OPG genügt nicht, um eine Intraoralaufnahme zu rechtfertigen. Es empfiehlt sich deshalb stets eine schlüssige Begründung für weitergehende Röntgendiagnostik im Krankenblatt einzutragen. Und ganz wichtig ist es alle erkennbaren Befunde zu dokumentieren – die Konzentration auf nur eine Sache ist zwar verständlich, man begibt sich dabei jedoch in eine rechtlich fragwürdige Situation.

Deshalb:stets vollständig befunden und dokumentieren!

Die Anforderungen an die präoperative Diagnostik sind über die Jahre deutlich gestiegen. So ist es immer mehr erforderlich, dreidimensionale Abbildungen zu erstellen bzw. dreidimensionales Wissen über die OP-Region zu besitzen. Dabei stößt man rasch an Grenzen bei der 2-D-Darstellung. Das Informationsdefizit für Diagnostik und Therapieplanung  betrifft beispielsweise die Lagebeziehungen verschiedener Strukturen zueinander, die exakte Anatomie, wie z. B. die genaue Ausdehnung der Kieferhöhle oder die Lage des Mandibularkanals über seinen ganzen Verlauf hinweg, und die Ausdehnung von Pathologien und ihren Bezug zu benachbarten Strukturen.

Die geforderte Diagnostik und Therapieplanung vor allem aber in der Oralchirurgie und Implantologie hat sich massiv verändert. Weil es möglich ist mit modernen Geräten eine übersichtliche, detailgetreue, eindeutige und vollständige Darstellung in allen drei Ebenen zu erhalten, greift die gesetzliche Vorgabe, dies auch anzuwenden. Insbesondere kann man heute die Bilddaten mit digitalen Planungsprogrammen kombinieren. Damit ist es möglich, die Invasivität eines Eingriffs gering zu halten und das Komplikationsrisiko zu reduzieren, dies unter der Prämisse einer minimal invasiven Heilkunde, wie vom Gesetzgeber gefordert.

Digitale Volumentomographie

Bei Implantologen wurde schon frühzeitig das CT (Computertomografie) als Diagnosemittel eingesetzt, wobei die Strahlenbelastung relativ hoch ist. Deshalb ist man davon abgekommen – die Nutzen/Schaden-Relation war zu ungünstig. Als Alternative zur CT bietet sich die oben bereits erwähnte digitale Volumentomographie (DVT) an. Die DVT oder CBCT (cone beam computed tomography) kann die Computertomographie im zahnärztlichen Indikationsspektrum weitgehend ersetzen, das ist die Message.

Der erste DVT-Scanner wurde 1982 in der Mayo Clinic entwickelt. Seit nunmehr etwa 10 Jahren findet die Technologie Einzug in die Kopf-Hals-Diagnostik. Das Prinzip:  Ein kegelförmiges Strahlenbündel (cone beam) wird in kontinuierlicher Bewegung um den Kopf des Patienten herumgeführt und erfasst dabei die gesamte „region of interest“ in einem Umlauf.

Dabei wird eine Serie von Bildern, die seitlichen Schädelaufnahmen entsprechen, erzeugt, von einem digitalen Sensor registriert und anschließend in einen 3D-Datensatz umgerechnet. Das Verfahren ist energieeffizient, produziert wenig Abwärme und benötigt so kein Kühlsystem. Der Patient wird je nach Gerät stehend, sitzend oder liegend positioniert, wobei der Patiententisch im Gegensatz zum CT-Gerät unbeweglich ist.

In der Sensortechnik kann man unterscheiden zwischen Bildverstärker-Sensoren und Flachbilddetektoren. Geräte auf Basis der Bildverstärker-Technologie können auch größere Volumina abbilden, haben jedoch den Nachteil, dass geometrische Verzerrungen, die durch die Technik der Detektion entstehen, rechnerisch reduziert werden müssen und Artefakte im Randbereich des abgebildeten Volumens entstehen können.

 Geräte mit Flachbilddetektoren können nur Volumina abbilden, deren Größe die Größe des Sensors nicht übersteigt. Zur Beurteilung der Bilddaten stehen eigene Softwareprogramme zur Verfügung, in denen Schnittbilder in allen Ebenen, inklusive Panoramaschicht, paraxialer Schichtung und 3D-Rekonstruktion, individuell angezeigt werden können.

Für die Zahnarzt-Praxis sind besonders All-in-one-Geräte attraktiv, die auch für Panoramaröntgenaufnahmen geeignet sind. Dazu ist meist nur ein Wechsel des Sensors notwendig, wie z.B. bei Planmeca Promax 3D®, E-Woo Picasso trio®, Morita Veraviewpocs 3D®, Sirona Galileos®, Soredex Scanora 3D®. Die Indikationen für die DVT entsprechen im zahnärztlichen Bereich im Prinzip den Indikationen für die Computertomographie:  Untersuchung der Knochen des Gesichtschädels in Hinsicht auf

–          Infektionen,

–          Zysten,

–          Tumoren,

–          Traumata, sowie

–          – angeborene oder erworbene Deformitäten.

Die ideale Indikation ist die quantitative und qualitative Beurteilung des Implantatlagers.  Weiterhin ist die DVT bei der Lokalisierung bzw. Identifi zierung von anatomischen Strukturen wie dem Canalis alveolaris inf. und den Kieferhöhlen vor chirurgischen Eingriffen nützlich. Auch Pathologien in der Kieferhöhle können abgebildet werden und müssen diagnostiziert werden – erinnern wir uns an das BGH-Urteil betreffend Kieferhöhlendiagnostik als „Nebenbefund“ auf dem OPG.

Die DVT, insbesondere als Kombigerät (DVT + OPG), ermöglicht die Anwendung der 3D-Röntgendiagnostik in der Praxis, ohne den Patienten an ein spezialisiertes CT-Institut überweisen zu müssen. Dies resultiert in einem vereinfachten Praxismanagement, zu der Erweiterung des diagnostischen Spektrums in der Praxis und zur Verbesserung des Patientenkomforts, nebst der gesetzlich geforderten Reduktion der Strahlenbelastung sowie der Möglichkeit eines minimal invasiven Therapiekonzepts.

Die Bedienung ist ähnlich der Bedienung eines OPG und erfordert kaum zusätzliche technische Kenntnisse. Die Qualität der knöchernen Darstellung entspricht dem CT, einige Autoren sehen es sogar dem CT überlegen an. Die geringe Strahlenbelastung bedingt, dass es zum Betrieb in der zahnärztlichen Praxis zugelassen ist, ohne dass zusätzliche Strahlenschutzmaßnahmen getroffen werden müssten. Die tatsächliche Strahlendosis ist von der Bauart des Gerätes, von technischen Parametern (u. a. Röhrenspannung, -stromstärke) und in erster Linie vom gewählten Field of view (FOV) abhängt. Ludlow et al. geben ein Verhältnis zwischen OPG:DVT:CT von 1:10:100, 2008 gibt Ludlow die effektive Strahlendosis beim DVT  1,5- bis 12,3-fach geringer als beim CT an. Auch andere Publikationen beziffern Werte von ca. der Hälfte bis zu einem Fünftel und weniger der effektiven Strahlendosis des Computertomogramms. Schwachstelle ist die ungenaue Darstellung durch Artefakte rund um metallische Restaurationen, wie metallische Stiftaufbauten und Implantate, und durch Bildrauschen, vor allem wenn ein kleines „Field of View“ gewählt wird

 Im Bereich der Zahnhartsubstanz ist das DVT, ähnlich wie das OPG, dem konventionellen Kleinbildröntgen eher unterlegen, auch eine Weichteildiagnostik ist nicht möglich. Hier sind konventionelle zweidimensionale Aufnahmen, die Computertomographie oder auch die Magnetresonanztomographie überlegen.

Fazit:

Bei Neuinvestitionen sollte man sich in Richtung eines Kombigerätes DVT/OPG orientieren, wobei immer noch die Intraoraltechnik, je nach fachlicher Ausrichtung der Praxis, unersetzlich bleibt. Und natürlich sollte heute nur noch digitale Technik zum Einsatz kommen. 

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