Reiches Deutschland

Erinnern Sie sich noch an die „Finanzkrise“? Als in 2008 die Bank Lehman Brothers zusammenbrach?

Was war passiert: nach der „Dotcom“ Krise in 2000, als der „Neue Markt“ zusammenbrach und z.B. der Dax bis auf 2000 Punkte abstürzte, haben die Regierungen die Finanzmärkte mit billigem Geld (was man damals als „Niedrigzinsen“ angesehen hat..) geflutet, und es wurden die Kreditvergaberichtlinien massiv gelockert. So versuchten die Staatenlenker eine Wiederholung der großen Depression in der Zwischenkriegszeit mit Massenarbeitslosigkeit zu vermeiden. Mit Erfolg! Die stotternde Wirtschaft expandierte wieder, jedoch um den Preis deutlich angewachsener Staatsverschuldung. Doch, anstatt, als das Gröbste überstanden war, Staatschulden abzubauen, wurden die Staatsausgaben nicht etwa reduziert, sondern einfach weiter aufgebläht.

Weil das Geld billig war, wurde der Konsum auf Kredit nicht nur am Laufen gehalten, sondern noch ausgeweitet. Da wurden nicht nur neue Autos gekauft, ohne das Geld dafür zu haben, sondern auch Häuser (in USA hat praktisch jeder ein Eigenheim). Das hat die Immobilienpreise nach oben getrieben, es hat die Leute aber nicht gestört, Hypotheken waren billig und leicht zu bekommen. Die Häuslebauer haben sich damals massiv verschuldet, und ein Autokauf lief so ab, dass das Auto ohne „Money down“, also ohne jegliche Anzahlung, gekauft werden konnte, es gab sogar noch ein „Cash back“ oben drauf. Cash back, das heißt, der Käufer, der das Auto ohne Einsatz von Eigenmitteln gekauft hat, hat noch Geld aus der Kasse bekommen, z.B. um Steuer und Versicherung und Benzin kaufen zu können, was den Kredit zusätzlich verteuerte.

Die Prüfung der Kreditwürdigkeit fand praktisch nicht statt. So konnten sich Leute so verschulden, dass es aussichtslos schien, dass sie die Kredite jemals würden zurückzahlen können.

Als dann in 2007 die Zinsen anzogen, konnten immer mehr Leute ihre Schulden nicht mehr tragen: die Zinsen überstiegen das Einkommen. Die logische  Folge: Die Kredite wurden „notleidend“ gestellt, Häuser und Autos und was sonst so auf Pump gekauft war, gingen in den Besitz der Gläubigerbanken über, die dann versuchten, den ganzen Krempel zu versteigern. Weil jedoch sehr viele Leute pleite waren, war das Angebot riesig, die Preise, die erzielt werden konnten, purzelten in den Keller. Die Banken mussten die Immobilien, die sie als Sicherheit für die Kredite eingebucht hatten, „abschreiben“, damit stürzten auch die Bilanzen ab. Plötzlich waren die Banken weniger wert als die Einlagen – es begann ein Run auf die Kundengelder. Das brachte dann ganz rasch Lehmann zur Zahlungsunfähigkeit, es zeichnete sich schon wieder ein Szenario ab, wie in den 20er Jahren. Die an sich notwendige Bereinigung blieb jedoch aus, weil die Staatenlenker nach der Lehman–Pleite die „systemrelevanten“ Banken entdeckt hatten. Und die mussten jetzt mit Steuergeldern gerettet werden, koste es was es wolle. Alleine in Deutschland wurden an die 500 Mrd. € für die Bankenrettung bereitgestellt und ausgegeben.

Die Politiker wurden dafür bejubelt, hatten sie es doch geschafft, eine Weltwirtschaftskrise nochmals abzuwenden. Der Preis dafür war jedoch hoch, wie ich meine, zu hoch. Weltweiter Schuldenstand 2008: 25 Billionen; 2018: 45 Billionen. In etwa 10 Jahren hat sich also der Schuldenberg ungefähr verdoppelt.

Die an sich richtigen Maßnahmen, ein gegensteuern durch den Staat, sind dadurch entwertet, dass in den Folgejahren nichts geschehen ist, um den Schuldenberg abzutragen.

Nun sind die Amerikaner ja an Schulden gewöhnt, sie verdanken ihre Staatsgründung (die Boston Tea Party) den Schulden: die Kolonisten waren dem Mutterland England gegenüber hoch verschuldet und hatten einfach keine Lust mehr, das geliehene Geld samt Zinsen zurückzuzahlen und sagten sich kurzerhand von England los. Damit waren sie die Schulden erstmal los und konnten neue machen. Das ist wie bei einem Süchtigen, der kann sein Verhalten ja auch kaum ändern. Seitdem häufen die USA Schulden auf Schulden, nur jeweils kurzzeitig ist es gelungen, Schulden abzubauen.

In Deutschland ist die Geschichte anders gelaufen. Hier hat es nach den beiden großen Kriegen jeweils einen radikalen Schnitt gegeben – alle Sparer wurden kurzerhand enteignet („Währungsreform“). Damit waren die Staatsschulden erst mal bei null. Nun hat es Deutschland aber geschafft, in der kurzen Zeit fast mit den USA gleichzuziehen: die Schulden sind explodiert. Nur fällt jetzt die historisch so praktische Maßnahme einer Währungsreform nach einem Krieg als Möglichkeit weg, ebenso die in den Zwischen-Kriegsjahren angewandte Methode, größere „reiche“ Bevölkerungsgruppen (Juden) einfach zu enteignen. Das muss als Problem gesehen werden – die arbeitende Bevölkerung muss mit den Schulden leben lernen. Auch für die Staatslenker ist die Situation ohne historisches Vorbild – man weiß eigentlich nicht, wie man das handeln soll.

Alle Schulden weltweit, also nicht nur der OECD-Staaten, sowie die Verbindlichkeiten von Banken, Unternehmen und privaten Haushalten, summieren sich auf 233 Billionen Dollar. Das sind 233 000 Mrd. US$, eine unvorstellbar große Zahl.

Im Euroraum wurde die Schuldenkrise Griechenlands durch große Opfer, insbesondere Deutschlands, gerade noch abgebogen: die Privatgläubiger wurden gezwungen, auf den Großteil ihrer Forderungen zu verzichten (150 Mrd. €) und Deutschland sowie die anderen €-Länder haben ungedeckte Bürgschaften von insgesamt fast 500 Mrd. € übernommen – die sind niemals zurückzahlbar, da ist der IWF ehrlich. Diese „schwebenden“ Schulden werden Deutschland irgendwann auch auf die Füße fallen.

Nun ist die Verschuldung in den anderen €-Ländern auch krass hoch: z.B. in Italien liegt die Verschuldung bei 130% des Sozialprodukts (Deutschland: ca 70 %). Die Verschuldung Italiens hätte längst zum Staatsbankrott führen müssen, wenn nicht Bilanztricks das verhindern würden – sog. „Target-Verbindlichkeiten“ bewirken, dass die italienische Zentralbank mit 440 Milliarden Euro inzwischen der größte Schuldner im Zahlungssystem der EZB sein kann, und die Target-Verbindlichkeiten gelten offiziell nicht als Schulden. Hauptgläubiger ist mit Forderungen von 906 Milliarden Euro die Deutsche Bundesbank, also wieder Staatschulden, die offiziell gar nicht als solche ausgewiesen werden. Denn, Italien wird das nie zurückzahlen können…

Heute darf man sagen, der €  war aus deutscher Sicht eine Fehlentscheidung. Die niedrige Inflation in Deutschland sowie die Lohndisziplin haben dafür gesorgt, dass deutsche Exporte von einem Rekord zum nächsten eilen – jedoch um welchen Preis? Es findet eine rasante Enteignung der deutschen Sparer statt, die Deutschen arbeiten fleißig, zu vergleichsweise sehr niedrigen Löhnen, und die Südeuropäer genießen das Bad in der Sonne. Vollbeschäftigung nützt doch nichts, wenn Arbeitslose anderswo mehr bekommen als Arbeitende hier. Da macht man sich zum Sklaven. Und die gelieferten Waren werden nicht wirklich bezahlt, da laufen Target-Verbindlichkeiten auf – Prof. Sinn, ehemaliger Chef des IFO-Instituts, hat das so erklärt: Die Lieferanten bekommen das Geld zwar bezahlt, jedoch wird dieses Geld als „Target“ im Währungssystem gebucht, d.h., das Geld kommt nun nicht von der jeweiligen Zentralbank (Beispiel: Italien), sondern vom Konto der Bundesbank. Verstanden? Nein? Macht nichts, versteht außer Volkswirten eh niemand. Vereinfacht: die Lieferanten und ihre Arbeiter in Deutschland werden trickreich von der Bundesbank und damit aus Steuermitteln bezahlt und nicht vom Kunden – da dazu die laufenden Steuern nicht ausreichen, werden weitere Staatschulden erzeugt. Sollten diese Schulden jemals zurückgefordert werden, wird die Schlussrechnung so aussehen, dass die deutschen Arbeiter ihre Leistung ohne irgendeine Bezahlung erbracht haben. Und diese besonderen Schulden (Target) scheinen nirgends als „Staatsverschuldung“ auf, recht praktisch, um die Misere zu verschleiern.

Die Staatsverschuldung relativ zum Sozialprodukt zu messen und als Grad einer tragfähigen Verschuldung zu betrachten, ist problematisch: in der Krise sinkt das Sozialprodukt, was bei unverändertem Schuldenstand automatisch die Relation verschlechtert. Nun kriselt es in den südeuropäischen Ländern seit langem: Arbeitslosenraten von weit über 10 Prozent, teilweise sogar (Jugendarbeitslosigkeit) 25 Prozent und mehr. Da diese Personen im erwerbsfähigen Alter nicht zum Sozialprodukt beitragen, bewirken sie, dass die Relation Schulden/Sozialprodukt ungünstiger ausfällt. Hinzu kommt, dass gerade in den Südländern eine recht umfangreiche Schattenwirtschaft gegeben ist – auch das verzerrt die Relationen, denn das „schwarz“ erwirtschaftete Geld wird ja nicht in die Rechnung einbezogen.

Die vollmundige Angeberei „Deutschland ist ein reiches Land“ ist ein Vorbeischauen an der Realität. Auch die Jubelmeldungen, wie viel an Privatvermögen die Deutschen aufgehäuft hätten, sind irreführend. Auch wenn Linke das anders sehen: das Geld der deutschen Sparer ist nicht frei verfügbar, es ist entweder in Aktien oder bei Banken und Versicherungen angelegt. Damit ist das „Investivkapital“, d.h., es ist in Form von Maschinen o.ä. vorhanden. Damit sind die deutschen „Vermögenden“ alle Kapitalisten, und dieses Kapital genau das, was „Arbeitsplätze“ geschaffen hat und finanziert. Würde es abgezogen – z.B. in Form einer Vermögenssteuer bzw. noch höherer Erbschaftssteuern -, wäre die logische Folge, dass nicht nur Investitionen ausblieben (das würde die junge Generation belasten, weil die Wirtschaft im Vergleich zu anderen Ländern abstürzte), sondern dass auch Investivkapital abgezogen werden müsste, was den Ausverkauf der Industrie bedeuten würde.  Das würde dann alle treffen.

Der Idee, den Privaten Vermögen wegzunehmen um dies dann durch den Staat zu substituieren, sind schon viele falsche Propheten gefolgt. Da werden selbst richtig reiche Länder (Beispiel Venezuela) nachhaltig ruiniert. Weshalb das so ist: Da schaue man bitte nach Berlin, dort wird der „BER“ Flughafen wohl nie fertiggestellt, hat jedoch dann mehr als 10 Mrd. € Steuergeld verschlungen. Noch nie und nirgends hat der Sozialismus richtig wirtschaften gelernt.

Es würde auch den Armen im Lande nichts nützen. In einer Umverteilaktion würde das gesamte Vermögen ausgegeben, konsumiert und wäre dann verloren. Selbst in der Sowjetunion hat man das lernen müssen – Stalin hat dann (Kosten: mindestens 20 Millionen Tote!) eine Kapitalakkumulation bewerkstelligen müssen, denn die Wirtschaft muss ja irgendwie finanziert werden, auch eine verstaatlichte. Das China Mao Tse Dongs hatte Kosten von mindestens 50 Millionen Toten. Und das – siehe Sowjetunion – ohne wirklichen Erfolg. Nach Freigabe der Wirtschaft (China) katapultierte sich das Land wirtschaftlich an die Spitze. Also.

Das mit dem „reichen Deutschland“ ist auch so ein Propagandamärchen. Die Tafeln, bei denen man Lebensmittel geschenkt bekommt, haben Wartelisten und sind übervoll, gewiss kein Zeichen überbordenden Reichtums. Kinder sind ein Luxusgut, wenn nicht beide Eltern einer bezahlten Tätigkeit nachgehen, reicht es kaum zum Leben. Und immer mehr Senioren in Deutschland sind auch als Rentner noch erwerbstätig. Nach aktuellen Zahlen aus dem Bundesarbeitsministerium gingen im Jahr 2016 rund 1,417 Millionen Rentner einer Beschäftigung nach (dpa). In 2000 hatte ihre Zahl noch bei 539 000 gelegen, dies nach einer Anfrage der Grünen im Bundestag von der Regierung offiziell herausgegeben. Die Gesamtzahl der Rentner in Deutschland beträgt inzwischen etwa 21 Millionen.

Da „Rentnertätigkeiten“ im Normalfall (außer man wäre Politiker) nicht im „alten“ Beruf ausgeübt werden können, sondern meist schlecht bezahlte Arbeiten sind, kann man kaum ernsthaft annehmen die Senioren täten das aus Freude am Arbeiten. Es ist die Not, die sie treibt, weil die Rente einfach nicht reicht. Nach der Aussage der Regierung arbeitete der Großteil der erwerbstätigen Rentner (47,5 Prozent) 2016 in einem Minijob, selbstständig waren 24,8 Prozent tätig, ähnlich hoch war der Anteil der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Rentner.

 

Wer nicht mehr arbeiten kann, muss seine angestammte Wohnung, in der man Jahrzehnte gelebt hat, verlassen und irgendwo aufs Land ziehen, um sich wenigstens noch das Dach über dem Kopf leisten zu können. In den Ballungszentren sieht man – sofern man Augen hat um zu sehen – ältere Herrschaften, die sich verschämt umsehend in Abfallsammlern Pfandflaschen herausangeln. Und bei den Discountern sieht man dann diese Flaschen im Automaten verschwinden – da kann man dann kleinere Einkäufe tätigen. Auch kein Indiz für großen Reichtum.

Wenn jetzt argumentiert wird, das wäre die soziale Ungleichheit und man müsse nur den Reichen nehmen um den Armen zu geben, dann ist die Lektüre der wirtschaftlichen Beweisführung weiter oben zu empfehlen: das geht ja gar nicht!

Noch ein Beweis für die Propagandalügen: wer sehenden Auges durchs Land reist, kann sehen, dass die Infrastruktur zunehmend zerfällt. Beispiel Straßen – da passiert es, dass – wie kürzlich berichtet – ganze Autobahnabschnitte absacken und unbefahrbar werden, da bieten Kommunen Schlaglöcher Privatpersonen an, die nach privat finanzierter Ausbesserung dann mit ihrem Namen werben dürfen, da werden kommunale Wohngesellschaften an Privatinvestoren verhökert, da bieten öffentliche Gebäude zunehmend einen Anblick wie man ihn bestenfalls aus Kuba gewöhnt ist. Da fahren Regionalzüge mit Zuggarnituren die vielleicht mal vor 50 Jahren aktuell waren – Beispiel „ALEX“: bei einer Fahrt ins Allgäu (eigene Erfahrung vom letzten Wochenende) funktionierte erst mal (Hinfahrt) die Heizung gar nicht (am frühen Morgen ein herber Schlag, denn gleichzeitig waren die Türen nicht dicht, es war richtig zugig), dann öffnete sich am Zielbahnhof die Tür nicht (Glück, dass gerade die nette Schaffnerin da war und nach mehreren (!) Anläufen endlich die Tür aufbekam), und am Rückweg (da schien die Sonne am Nachmittag) war es schier unerträglich heiß im Abteil, weil die Heizung nicht regulierbar war und auf „Volldampf“ lief. Die Toiletten hatten keinen Abwassersammler, da verrichtet man sein Geschäft direkt über den Schienen. Nett für die Anwohner nächst der Strecke.

Die Hauptstadt, Berlin, hat höchstens einen morbiden Charme des Zerfalls und der Ärmlichkeit. Wer sich traut mit der S-Bahn zu fahren erlebt eine Zeitreise. Laut, rüttelnd und quietschend quält sich der Uraltzug durch die Röhre, Durchsagen gibt es keine, so schlimm erlebt man das in keinem anderen europäischen Land. Daneben stehen dann moderne Bausünden: der Alexanderplatz ist ohne Plan gedankenlos einer Großmannssucht geopfert worden, von Platz kann man gar nicht mehr reden. Dem Konzept von früher hat man einfach grässliche Betonklötze entgegengestellt.

Und bei all dem Investitionsstau reden die Politclowns von einem „reichen Deutschland“. Die Kabarettistin Monika Gruber hat das sehr schön auszudrücken verstanden: sollen doch die Politikergrößen ihren veganen Arsch mal aus der gepanzerten Dienstlimousine heben und sich auf die Straße unters Volk mischen. Denen würden die Augen übergehen…

 

 

 

 

 

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