Prüfung zahnärztlicher Tätigkeit

Prüfungsresistente Therapie und Abrechnung

Die regelmäßige Prüfung der Zahnärzte wurde im SGB V festgelegt. Dazu heißt es, dass neben „Wirtschaftlichkeitsprüfungen“ auch „Auffälligkeitsprüfungen“ sowie „Stichprobenprüfungen“ vorgenommen werden müssen. Zur Durchführung der Prüfungen wurden eigene Prüfstellen eingerichtet, in denen fest angestellte Vertreter der Kassen sowie Zahnärzte tätig sind. Der Festanstellung wegen (dies gilt auch für die KZV-Führung) kann man die dort tätigen Zahnärzte immer weniger als „Kollegen“ ansehen, denn, sie entfernen sich aufgrund ihrer Tätigkeit immer mehr vom Alltag eines in der Praxis tätigen Zahnarztes. Sie werden zu Verwaltungsfachkräften, die die Dinge eher formal als medizinisch betrachten (lernen).

Es liegt in der Natur der Sache dass immer mehr Prüfanträge durch die Kassen gestellt werden, die Prüfstellen müssen sich dann damit auseinandersetzen. Die Kassen gehen überhaupt kein finanzielles Risiko ein, wenn sie einen prüfantrag stellen: die Bearbeitung muss stets aus dem Verwaltungskostenbeitrag der KZV finanziert werden, den die Zahnärzte in vollem Umfang selber zahlen müssen. Im Klartext: der Zahnarzt bezahlt dafür, dass ihm Prüfungen ins Haus flattern. Dies war und ist politisch gewollt.

Da die Kassen wirtschaftlich stets profitieren, haben sie offensichtlich bestimmte maschinell ausgeführte Programme entwickelt und zum Einsatz gebracht, die eine automatische Prüfungsroutine ermöglicht. Damit werden auch geringe Abweichungen vom Landesdurchschnitt bzw. dem „normalen“ Abrechnungsvolumen erfasst und unmittelbar in Form eines „Prüfantrags“ weitergeleitet. Die Prüfstelle muss dann daraus eine Prüfung entwickeln, d.h., die Arbeit liegt nicht bei den Kassen, sondern bei den von den Zahnärzten bezahlten KZVen.

Wird also ein Zahnarzt „auffällig“ folgt unmittelbar die Prüfung, die je nach Prüfvereinbarung von KZV-Bezirk zu KZV-Bezirk durchaus unterschiedlich sein kann. So wird z.B. in Bayern noch nach statistischen Prinzipien geprüft, im Bezirk Nordrhein bzw. Westfalen-Lippe hingegen ist die Einzelfallprüfung die Regel. Die beiden stärksten Bezirke wurden hier genannt, wie es im eigenen Zuständigkeitsbereich ist, muss Jeder selbst klären. Die Prüfvereinbarung ist Bestandteil der KZV-Unterlagen bzw. der Zulassung zum Kassenzahnarzt.

Neben diesen Auffälligkeitsprüfungen müssen, so will es das Gesetz, zusätzlich Stichprobenprüfungen vorgenommen werden. Ergeben sich Auffälligkeiten mündet das Verfahren ebenso wie bei den vorgenannten vor dem Prüfungsteam.

Die Prüfungsdichte nimmt – dies ist zu beobachten – stets und unaufhaltsam zu.

Derzeit werden insbesondere Abrechnungen im Gebiet KCH und PAR zur Prüfung vorgenommen.

Dabei sollte man bedenken: für die GKV ist es ein einträgliches Geschäftsmodell, die Zahl der Prüfungen weiter auszudehnen. Sie tragen ja dafür keinerlei Risiko und können nur profitieren, da alle herausgearbeiteten Regresse unmittelbar den Kassen zufließen und nicht etwa der Kollegenschaft zugutekämen. Mit der Vorgabe, dass alle Abrechnungen maschinenlesbar (also digital) Praxisbezogen eingereicht werden müssen, sind die Mittel zur Prüfung vorhanden und sehr einfach einzusetzen. Das vorgeschriebene QM (Qualitätsmanagement) gibt eine gute Rechtsgrundlage um Ausreden abzuwehren. So wird eine richtliniengemäße Therapie im QM nachweisbar bzw. ein Abweichen davon rasch erkannt und entsprechend geahndet (durch eine Absetzung der Gebührenpositionen bzw. Regresse).

Welche Prüfungen gibt es?

  1. Wirtschaftlichkeitsprüfungen

– Prüfungen nach statistischen Durchschnittswerten

– Einzelfallprüfungen

  1. Stichprobenprüfungen
  2. Auffälligkeitsprüfungen

Bei Praxisauf- oder abgabe wird aktuell stets eine Stichprobenprüfung vorgenommen, wenn die Prüfer fündig werden (was praktisch immer geschieht) werden die letzten 5 Jahre (alle Quartale) geprüft. Bei „normaler“ Tätigkeit und einer Auffälligkeit werden derzeit mindestens weitere 4 Quartale geprüft. Auch Abweichungen im Behandlungsumfang (also z.B. eine Zunahme des Abrechnungsvolumens um mehr als 10 Prozent) führt zwangsläufig zur Prüfung.

Die „normale“ Stichprobenprüfungen wird im Rahmen des SGB V zunehmend in vollem Umfang genutzt (siehe SGB V sowie Prüfvereinbarungen der lokalen KZVB)

Die Prüfung nach statistischen Werten wird je nach Prüfvereinbarung in einigen KZV-Bezirken vorgenommen. Dabei werden statistische Auffälligkeiten automatisch verfolgt

Die Einzelfallprüfung auf Wirtschaftlichkeit vergleicht herausgesuchte Patientenfälle der Praxis mit der Abrechnungssystematik anderer Praxen (ist also eine verkappte statistische Prüfung). Die Anzahl der geprüften Fälle variiert zwischen 20 und 100 Fällen.

Stichprobenprüfungen betreffen Jeden.

Dabei wird dann z.B. geprüft – auch bei ansonsten absolut durchschnittlichem Abrechnungsvolumen! – ob die Abrechnungssystematik eventuell Abweichungen aufweist oder ob die Therapie im Rahmen der Richtlinien erfolgt ist (z.B. ob die korrekte Reihenfolge in der Therapie eingehalten wurde, oder ob Therapien erfolgreich beendet wurden, ob die Dokumentation in Ordnung ist, usw.). Dabei werden auch Wirtschaftlichkeitskriterien geprüft, z.B. ob Endo-Behandlungen im Rahmen der Richtlinien auch wirtschaftlich waren (z.B. werden Endo-Behandlungen an Molaren prinzipiell als unwirtschaftlich angenommen, außer, man hat eine richtliniengemäße Begründung angegeben).

Auffälligkeitsprüfung

Wird bei irgendeiner der vorgestellten Prüfungen eine für die Kassen rentable Auffälligkeit entdeckt folgen regelmäßige weitere Prüfungen, die jetzt als „Auffälligkeitsprüfungen“ angesehen werden müssen: da ist eine Praxis aufgefallen, da wird weiter geprüft. Als Auffälligkeitsprüfung muss auch die Prüfung bei Praxisverkauf oder – aufgabe angesehen werden.

Mitwirkungspflicht

Mit dem Antrag auf Zulassung als Kassenzahnarzt hat sich der Zahnarzt den Regeln des „Sicherstellungsauftrags“ sowie aller weiteren Vorgaben der sozialen Zahnheilkunde unterworfen und diesen mit der Zulassung zugestimmt. Eine nachträgliche Diskussion bestimmter Regeln ist damit nicht möglich.

Zu den Regeln denen sich der zugelassene Zahnarzt unterworfen hat gehört die „Mitwirkungspflicht“, d.h., der Zahnarzt muss den Krankenkassen sowie dem Prüfungsteam alle angeforderten Unterlagen vollständig und für die Prüfer kostenfrei aushändigen. Dazu gehören auch Röntgenbilder oder Modelle. Es ist dringend empfohlen nur Kopien auszuhändigen, da bei dem gewaltigen Umfang, den die Prüfungen bereits angenommen haben, nicht ausgeschlossen werden kann, dass Unterlagen verloren gehen können. Dies ist insbesondere bei Röntgenbildern problematisch, da nur der Zahnarzt, nicht jedoch die Prüfstelle eine Aufbewahrungspflicht hat. Bei Verlust haftet so nur der Zahnarzt, was rechtliche Folgen (Verstoß gegen Strahlenschutz, Verletzung der Aufbewahrungspflicht) bis hin zum Regress (fehlender Nachweis einer Röntgenbefundung führt unmittelbar zum Abzug der Abrechnungsposition).

Die Kosten für eine Kopie werden nicht erstattet.

Wie wird geprüft?

Ein Prüfteam aus Kassenvertretern und Zahnärzten (festangestellt in der lokalen zuständigen Prüfstelle!) wird mit der Prüfung beauftragt. Das Prüfteam fordert nach Bedarf von der Praxis weitere Unterlagen an: Karteikarten (alternativ alle Ausdrucke der Computerdateien), Röntgenbilder, Modelle, usw. Die Praxis hat die gesetzliche Pflicht zur „Mitwirkung“ , d.h., alle angeforderten Unterlagen müssen vollständig an das Prüfteam ausgehändigt werden.

Im Allgemeinen wird der Zahnarzt eingeladen zu einem „Prüfungsgespräch“, zu dem er/sie einen Kollegen oder einen Rechtsanwalt mitbringen darf. Er/Sie darf auch schriftlich Stellung beziehen.

Hat das Prüfteam Beanstandungen, dann wird darüber (natürlich auch bei fehlerloser Abrechnung!) ein „Prüfbericht“ angefertigt und der Praxis zugestellt. Neben den Beanstandungen werden im Prüfbericht auch die finanziellen Folgen gelistet – der geforderte Regress. Vermutlich wird jede Prüfung mit einem Regress enden, nur so lässt sich erklären, weshalb es zu einer solchen Lawine an Prüfungen gekommen ist.

Nimmt der Zahnarzt am Prüfungsgespräch teil, so wird regelmäßig ein „Vergleich“ vorgeschlagen mit der Argumentation, man können sich und dem Prüfteam unnötige Arbeit und damit Zeit ersparen.

Stimmt der Zahnarzt einem solchen Vergleich zu, muss man davon ausgehen, dass die nächste Prüfung zeitnah folgt. Wo einmal etwas zu holen war gibt es mehr, so die Folgerung.

Die Regressforderung wird unmittelbar ohne Aufschub fällig, auch wenn dagegen Beschwerde eingelegt wird.

Folgen der Prüfung

Zuerst ist der wirtschaftliche Schaden als typische Folge anzusehen. Die Regressforderungen können rasch vierstellige Größenordnungen annehmen.

Daneben wird, sobald mehrere Regresse ausgesprochen wurden, regelmäßig ein „Disziplinarverfahren“ eingeleitet, das mit einer hohen Strafandrohung belegt ist. Dies geschieht auch dann, wenn sich der Zahnarzt auf der scheinbar sicheren Schiene eines oder mehrerer Vergleiche bewegt hat (was nicht selten auch so seitens der Prüfstelle geäußert wird: „stimmen Sie einem Vergleich zu, dann haben Sie sofort Ruhe“).

Regelmäßig wird dem Disziplinarverfahren eine „Beratung“ vorgeschaltet, in der entweder schriftlich oder vor Ort (Prüfstelle/KZV) dem Zahnarzt Folgen seiner regelmäßigen regelwidrigen Abrechnung und Behandlungsweise vorgestellt werden.

Widerspruchsmöglichkeit – Rechtsmittel

Gegen Kürzungen kann der Zahnarzt Widerspruch bei der „Beschwerdestelle“ einlegen. Von der Beschwerdemöglichkeit unbenommen erfolgt unmittelbar nach Prüfbescheidzustellung die Belastung des Kontos mit dem ausgesprochenen Regress. Der Zahnarzt darf einen Antrag auf Teilzahlung bzw. Stundung der Regressforderung stellen. Diesem muss nichts stattgegeben werden. Im Fall der Praxisveräußerung oder –aufgabe wird eine Stundung jedenfalls abgelehnt werden mit dem Argument, dass wegen der zukünftig nicht mehr zu erwartenden Abrechnung der Regress sonst nicht mehr umgesetzt werden könnte.

Wird der Widerspruch abgewiesen bleibt dem Zahnarzt die Möglichkeit der Klage vor dem zuständigen Sozialgericht.

Prüfungsprophylaxe

Abgeleitet von dem, was von den Prüfteams als „Fehler“ eingestuft und aufgedeckt wird, kann man Vorsichtsmaßnahmen im Vorfeld treffen.

Hier ist insbesondere die punktgenaue Ausrichtung der Therapie nach den Richtlinien sowie eine umfassende und vollständige Dokumentation zu nennen. Beides kann sinnvollerweise nur in einem entsprechend aufgebauten QM-System umgesetzt werden, das sonst zu viele Fehler passieren können, an denen sich die Prüfer festmachen.

Ein funktionierendes QM muss mindestens enthalten

– Alle gesetzlichen Vorschriften, wie Arbeitsschutzgesetz, Jugendschutzgesetzt, Strahlenschutzgesetz, Abwasserschutzgesetz, usw.

– Die zutreffenden Verordnungen, wie Abwasserverordnung, Röntgenverordnung, Medizingeräteverordnung, usw.

– Die medizinisch wichtigen Vorgaben, wie Richtlinien (gemeinsam durch Kassen und Zahnärzte festgelegt), Therapieleitlinien, Röntgenbuch, Hygieneprotokolle, Abrechnungsvorschriften, usw.

Dazu ist es unbedingt sinnvoll, Daten zu dem Patientenstamm zu erfassen (z.B. wie viele Migranten, sozial Schwache, chronisch Kranke, Behinderte, Drogenabhängige, etc.), da solche Angaben für eine fundierte fachliche Stellungnahme sehr wichtig sein können.

Interessierten zahnärztlichen Kollegen bzw. deren Mitarbeiterinnen kann in einem Intensivseminar vertiefendes Wissen angeboten werden.

Im Seminar werden solche Items anhand von Beispielen ausführlich diskutiert (RiLi-konforme Therapieprotokolle, was muss dokumentiert werden, usw.). Sie erhalten dazu Tipps für die Implementierung in Ihr bestehendes QM-System oder wie ein funktionales QM überhaupt aussehen sollte (ein System, das Sie vor möglichen Regressen schützt!).

 

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