Editorial Zahnarztsituation 02.03.2009

Zahnarzt gestern, heute… und Morgen?

Bis 1988 war die Welt der Zahnärzte weitgehend noch in Ordnung – wer viel gearbeitet hat, hat auch viel verdient, wir hatten zwar wirklich reichlich zu tun, aber, der Job hat auch Spaß gemacht. Und dann (Stichwort GOZ ´88) haben die „Reformen“ angefangen, und was hat die Standesvertretung gemacht? Erst mal nichts. Bleiben wir bei der GOZ. Da wurden Zahnärzte massiv schlechter gestellt als Ärzte (die GOÄ stellt Ärzte deutlich besser, sowohl in Bezug auf die Gebührenhöhe als auch auf die Abrechenbarkeit der Materialkosten). Mit dem Urteil des BGH vom Mai 2004 wurde die Gewohnheit, die Materialkosten analog der GOÄ doch in Rechnung zu stellen, untersagt, Ausnahmen ausgenommen. Wer das Urteil liest, findet rasch eine verräterische Nebenbemerkung: Der BGH hat Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der GOZ, weil hier Zahnärzte eben ohne ersichtlichen Grund schlechter gestellt sind als Ärzte. Warum hat die Standesvertretung nicht fristgerecht Verfassungsbeschwerde gegen die GOZ eingelegt? Heute geht aus formalen Gründen da nichts mehr. Und dann die weiteren „Reformen“: Da wird in der GKV die Gebühr für den HKP abgeschafft, einfach so. Weshalb hat es da keinen Widerstand gegeben? Die Folge ist, dass heute ein Kollege einen HKP aufstellt (die Planungsleistung ist dabei das wesentliche!) und der dann im Internet zur Versteigerung angeboten wird – die Praxis, die am wenigsten verlangt, bekommt den Zuschlag. Da hat die KZVB ein Urteil erstritten (warum nur die KZVB, weshalb nicht die Bundes-KZV?), das ist aber noch nicht rechtskräftig, deshalb gibt es die „Zweite Meinung“ immer noch. Da können Kassen ohne Gegenwehr den Versicherten empfehlen, ZE im Ausland anfertigen zu lassen, ohne darüber aufzuklären, dass Nacharbeiten vom deutschen Zahnarzt ohne Bezahlung geleistet werden müssten. Also würde im Zweifel die ganze Arbeit noch mal gemacht – zulasten der GKV. Tolle Sparmaßnahmen. Und stets bleibt die Standesvertretung stumm – keine adäquate Aufklärung der Öffentlichkeit. Der medienwirksame Kollege (mehrfacher Olympiasieger im Eisschnelllauf, wer kennt noch den Namen Erhard Keller?) mit besten Verbindungen ins Fernsehen – so hat er mir selber gesagt – hat seine Hilfe angeboten, die wurde von den Oberen schroff zurückgewiesen. Dabei geht ohne effektive professionelle Medienarbeit gar nichts. Wer die Medien nicht für sich gewinnen kann oder gar gegen sich hat, wird politisch wenig ausrichten.

Und nun was ganz merkwürdiges: eine bezahlte (!) Anzeige in KZV Transparent für Hilfeleistungen an die Kollegen zur Bewältigung der bürokratischen Aufgaben wird nicht zugelassen, weil dies „… den Interessen der KZV widerspricht“. Ja, wie jetzt? Die KZV mag es nicht, wenn man ganz legal den Kollegen hilft? Irgendwie zumindest eigenartig.

Jetzt haben wir 2009, und eine neue GOZ droht. Die wurde nur deshalb bisher nicht (schreckliche) Realität, weil die CSU in Bayern die letzte Wahl sehr eindeutig verloren hat und jetzt auf das alte Erfolgsrezept zurückgreift, gegen alles zu sein, was aus Berlin (früher Bonn, ist ja egal) kommt. Gegnerschaft als Prinzip, sozusagen. Der Einspruch der Verbände? Der wäre sinnlos, da hört doch keiner drauf, die sind auch nur Papiertiger. Warum? Naja, hören Sie sich doch mal den Herrn Professor Lauterbach an, da ist jeder Kommentar überflüssig. Der Kollege Prof. Noack hat im privaten Gespräch kein gutes Haar an seinem Professorenkollegen gelassen, der wäre gegen jedes vernünftige Argument immun.
Gut, die neue GOZ kriegen wir also erst nach der Wahl. Frühestens. Hoffen wir, dass die Situation danach weiter unklar bleibt, dann wird man sich wieder nicht trauen bzw. hat andere Sorgen als die Honorare weiter abzusenken. Vergessen wir nicht: Unsere derzeitige GOZ `88 gesteht uns Honorare auf der Höhe der alten BUGO-Z aus den 60er Jahren zu, das wurde bisher noch nie irgendeiner Berufsgruppe zugemutet. Und die sollen noch mal abgesenkt werden …

Dafür haben wir jetzt andere Misslichkeiten am Bein. Beispiel Fortbildungspflicht. Bis 30. Juni müssen Sie Ihre Punkte gemeldet haben, und dann fängt ab 1. Juli die nächste 5-Jahresperiode an. Fortbildung, klar, wir brauchen die – nur, wie sollen wir die finanzieren? Eine Präsenzfortbildung kostet ein Vermögen (nicht weil die Kursgebühren hoch wären, sondern weil die Praxis dafür zu bleibt!). Und industriegesponsorte Fortbildung geht ja schon gar nicht, da kriegt man Probleme bei der Anerkennung. Das Problem: Wenn Sie Ihre Fortbildungspunkte jetzt melden, wird das erst später kontrolliert, ob alles seine Richtigkeit hat. Und wenn dann etwas nicht stimmt, wird rückwirkend (!) das Honorar gekürzt. Sagt Ihnen die Standesvertretung nicht? Ist aber so! Ebenso die anderen Prüfungen (Wirtschaftlichkeit usw.) – das SGB V gibt vor, dass Sie da rückwirkend für 5 Jahre bluten müssen, wenn´s dumm läuft. Und dann noch das QM – das kostet auch nicht grade wenig, rechnen wir nicht nur die Anschaffungskosten, sondern das, was an zusätzlicher Bürokratie anfällt. Alles nicht sehr lustig …

Und wie wird es weitergehen? Ulla Schmidt hat sich da kaum missverständlich geäußert. Sie findet (das hat sie zumindest im Internet so verbreiten lassen), dass die Polikliniken in der DDR doch gut gewesen wären, das könne man als Modell für die Bundesrepublik übernehmen. Da kann man sich ausrechnen, was auf uns zukommt: Die Einzelpraxis wird es immer schwerer haben (ist ja politisch so gewollt, Praxisnetzwerke usw. werden ja gefordert und gefördert), ist abzusehen. Und die Standesvertreter? Nun, die hat man „gekauft“. Analog der Situation bei den Gewerkschaften hat man die gewählten Führer finanziell sehr gut gestellt, wenn Sie den Funktionärsposten übernehmen. Ein KZV-Vorsitzender ist jetzt hauptamtlich angestellt, mit Pensionsansprüchen. Wenn es da keine demokratische Kontrolle mehr gibt – wer soll glauben, dass dem Vorsitzenden nicht das Hemd näher sitzt als der Rock? Und dass KZV oder Kammer die Interessen der Zahnärzte gar nicht wirklich vertreten dürfen, das steht im Gesetz (stammt, wie so vieles „Gutes“, aus den 30er Jahren…), will aber keiner sagen. Erinnern Sie sich? Als der Kollege Schirbort (Niedersachsen) als KZV-Vorsitzender versucht hat, was für die Kollegen zu tun, wurde gleich der Staatskommissar eingesetzt.

Was also tun? Ich meine: Zahnärzte müssen von anderen Berufen lernen, dann können wir die Zukunft auch zu unseren Gunsten gestalten. Wir brauchen eine freie Organisation, die wie eine Gewerkschaft funktioniert, damit die Kassen endlich mal ein Gegenüber haben, das tatsächlich verhandelt und nicht nur Befehle entgegen nimmt. So wie das mittlerweile bei den Ärzten ist – die Kollegen dort haben sich anders organisiert: da gibt’s den Hausärzteverband, den Fachärzteverband, usw. die sind nicht so stark in die KV eingebunden, und wenn die noch lernen, sich besser intern abzustimmen und nicht gegeneinander zu kämpfen, dann könnte das ein Vorbild für uns werden …
Und noch was zum Schluss: Wir Zahnärzte haben ein schweres und anspruchsvolles Studium hingelegt, wir sind „NC“ Abiturienten, also eine Elite im Land. Auch unsere Kollegen in anderen Ländern sind so, und die finden großen Respekt in der Gesellschaft – weshalb lassen wir uns also so mies behandeln, als seien wir irgendwelche Ungelernten? Wir dürfen (mit Recht!) verlangen, dass man uns den gebührenden Respekt entgegenbringt! Wer uns und unsere Arbeit nicht „würdigt“ nimmt uns die „Würde“ …

Dr. Gerhard Hetz, Zahnarzt und Publizist, München 

 

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