Studie zur kindlichen Gesundheit in Bayern

Wieder ein Beweis: die Schicht macht´s!

Nach den ersten Veröffentlichungen zur „Schieflage“ der Zahngesundheit aus den 90er (!) Jahren (Autor z.B. Pieper, damals Marburg) gab es zahlreiche Studien zum Thema, die bislang umfangreichste kam aus Greifswald (Kocher, Splieth et al), und alle haben es bestätigt: Zahngesundheit ist abhängig von der sozialen Schicht. Weitere Untersuchungen haben gezeigt, dass auch Migranten zu der besonders gesundheitsgefährdeten Schicht gehören.  Parallel dazu gab es deutliche Hinweise, dass es einen Zusammenhang zwischen sozialer Schicht und Bildung und Einkommen sowie Gesundheit gibt, salopp ausgedrückt, geringe Bildung = arm und krank. Daran kann es aktuell überhaupt keine Zweifel mehr geben, die Beweise sind überwältigend. Konnte man jedoch so bis vor gar nicht langer Zeit so nicht sagen, da wurde man gleich in die braune Ecke gestellt.

Aber, nicht nur die Zähne leiden unter der Schichtzugehörigkeit, es ist auch die allgemeine Gesundheit. Das hat erstmals der Gesundheitssurvey der BRD, durchgeführt vom RKI, klargestellt. Und die Greifswalder haben eine gute Korrelation zeigen können, so dass das zum Resümee geführt hat, bei der schulzahnärztlichen Eingangsuntersuchung könne man bereits ziemlich präzise prognostizieren, welches Kind das Gymnasium besuchen werde und welches in der Hauptschule bliebe. Auch das eine Sache, die „political correctness“ vermissen lässt, denn, so etwas darf man halt nicht sagen, auch wenn es stimmt.

Nun hat es diverse Autoren gegeben, die meinten, das Ganze sei eine Folge der Armut und deshalb müsse man mehr Geld an Bedürftige verteilen, dann sei die Schule möglicherweise ungerecht, weshalb man die Gesamtschule bevorzugen müsse. Solche Zusammenhänge sind durchaus denkbar, dafür fehlt es jedoch bislang an irgendwelchen Beweisen. Eher das Gegenteil wurde bewirkt – die Kluft zwischen den sozialen Schichten vertieft sich immer mehr, kaum noch Kinder aus der Unterschicht avancieren zu einem Universitätsstudium.

Das bayerische Gesundheitsministerium hat aktuell eine landesweite Studie vorgelegt zur Gesundheit der Kinder im Freistaat. Das wichtigste Ergebnis: Kinder und Jugendliche aus armen Verhältnissen und solche mit Migrationshintergrund haben in Bayern ein höheres Krankheitsrisiko. Und dies nach Angaben der zuständigen Ministerin  „eindeutig“.

Ein allgemeiner Trend konnte auch in Bayern bestätigt werden: die Kinder werden immer fetter, wobei es auffällige Unterschiede in den Regierungsbezirken gibt.

Aufschlussreich ist auch das Ergebnis zur Säuglingssterblichkeit: die liegt in Bayern bei 2,7 Sterbefällen bei je 1000 Lebendgeborenen, wobei auch hier krasse Auffälligkeiten zu finden sind – bei Migranten ist die Säuglingssterblichkeit doppelt so hoch. Als möglichen Grund nennt die Ministerin eine geringere Inanspruchnahme medizinischer Früherkennungs- und Vorsorgeangebote der Subpopulation. Bezüglich Zahngesundheit verkündete das Ministerium die frohe Botschaft, dass cá jedes zweite Kind bei der Einschulung ohne unversorgte Defekte auftritt, wobei auch in Bayern wie bundesweit ein deutlicher Unterschied der Mundgesundheit je nach Sozialstatus festgestellt werden muss. Kinder aus sozial schwachen und/oder bildungsfernen Schichten haben schlechtere Zähne.

Ein hoher DMFT ist in Bayern eher ein Problem von Hauptschülern.

Auch das ist bereits seit langem bekannt (Daten der LAGZ), wobei  alle bisherigen Maßnahmen offensichtlich ohne irgendeinen messbaren Effekt geblieben sind. Dies wird mir Irritation aufgenommen, da ein (nachgewiesener) starker Einfluss der sozialen Stellung auf die Mundgesundheit erwarten ließe, dass Bayerns Kinder und Jugendliche insgesamt bessere Zähne haben müssten als die von Kindern im restlichen Bundesgebiet, da der Freistaat ja wirtschaftlich deutlich besser dasteht. Das ist jedoch überhaupt nicht der Fall, ganz im Gegenteil. Bayerns Kinder und Jugendliche haben „etwas schlechtere Zähne als im Bundesdurchschnitt“. Könnte man schon auf die Idee kommen dass es nicht nur an wirtschaftlichen Verhältnissen liegen kann, wenn es weniger Gesundheit in bestimmten Schichten gibt. Bezieht man die Aussage zur Gesundheit von Gymnasiasten im Vergleich zu Hauptschülern mit ein, so scheint die Korrelation „Bildung“ zu „Gesundheit“ der bestimmende Parameter, was insgesamt auch logisch scheint. Dann müsste aber etwas am Bildungssystem geändert werden und nicht am Geldfluss – das darf eine CSU-Ministerin aber nicht sagen, hat doch ausgerechnet die CSU durchgesetzt, dass Eltern, die ihre Kinder aus den frühkindlichen Bildungseinrichtungen fernhalten, belohnt werden („Herdprämie“).

Und zuletzt wurde auch noch gefunden, dass Kinder und Jugendliche „aus der Gruppe mit niedrigem Sozialstatus“ häufiger betroffen sind bezüglich Entwicklungsstörungen und psychischen Auffälligkeiten.  Bei immerhin mehr als 385 000 Kindern unter 15 Jahren in Bayern wurde 2013 diagnostiziert: „psychische und Verhaltensstörungen“. Das entspricht 27,5 Prozent aller Kinder, die Arztkontakt hatten. Fast 6000 unter 15-Jährige mussten sogar stationär behandelt werden, weil sie unter so massiven psychischen Störungen litten.

Die Adipositasraten (Fettleibigkeit) seien „tendenziell“ zurückgegangen – nicht jedoch bei Migrantenkindern. Auch frustrierend.

Die geäußerte Kritik von Seiten der Arbeiterwohlfahrt in Bayern verwundert jedoch sehr. Thomas Beyer, Landesvorsitzender: „So lange Kinder im Freistaat noch in Armut leben, bleibt es schlecht bestellt um die Kindergesundheit hierzulande.“ Hat der die Analysen eigentlich nicht gelesen oder eventuell nicht verstanden? Nach allem was wir bislang wissen ist doch  Armut nicht die Ursache sondern die Folge mangelnder Bildung, hier müssen Investitionen getätigt werden: frühkindliche Betreuung, bessere Bildungsangebote, insbesondere auch bezüglich „Gesundheit“, Fächer wie Gesundheit,  Ernährung, etc . gehören nicht nur ganz allgemein auf den Lehrplan, sondern auch eine speziell für Problemgruppen konzipierte Sonderförderung, u.U.  auch in Fremdsprachen, mit einem höheren Stundenkontingent (spezieller Förderunterricht), sonst lä0t sich die Kluft doch nie schließen!

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