Paro aktuell



Parodontologie

 

Welche Bedeutung kommt der PAR-Therapie nach dem GMG zu?

 

Inzwischen sollte es Jeder wissen: die Qualitätskontrolle im Gesundheitswesen ist noch stärker gesetzlich verankert worden als bisher schon. Das bedeutet, dass eine weiterführende Therapie, z. B. eine Versorgung mit Zahnersatz, ohne eine vorher abgeschlossene PAR-Therapie bzw. einem definitiven Ausschluss einer solchen noch gravierendere Folgen haben wird als bisher schon.

 

Um unangenehme Rechtsfolgen, wie Regresse und andere Schadensersatzforderungen, zu vermeiden muss deshalb unbedingt ein regelmäßiges Screening auf eventuell gegebene Parodontalerkrankungen stattfinden – daran führt überhaupt kein Weg vorbei. Immerhin ist mindestens jeder Dritte in Deutschland massiv parodontal erkrankt, und ein weiteres Drittel der Einwohner leidet an moderaten Formen. Parodontal gesund ist sowieso kaum Jemand hierzulande.

 

Der „Zahn“-Arzt ist nicht nur Zahnarzt, sondern „Mundarzt“!

 

Es ist einem „Oralmediziner“ nicht nur aus ethisch/moralischen, sondern auch aus rechtlichen Gründen vorgegeben – und es ist auch sinnvoll! -, alle Erkrankungen der Mundhöhle seiner Patienten zu erfassen (allgemeines Arztrecht). Die Diagnostik des Zahnsystems ist üblich und heute eine reine Routineangelegenheit.

Die Beurteilung der Weichgewebe hingegen – Schleimhaut an Wange und Gaumen, Zunge, Zungenboden und insbesondere der marginalen Gingiva – wird im Normalfall bei der Untersuchung etwas stiefmütterlich behandelt, was jedoch vor Gericht zu Problemen führen kann. Um bereits vorab den Vorwurf eines Kunstfehlers abzuwenden besteht deshalb die Notwendigkeit, regelmäßig auch einen Weichgewebsbefund zu erheben. Aber auch vom moralischen Standpunkt her wäre es unannehmbar, wenn z.B. eine Krebserkrankung im frühen Stadium einfach aus Nachlässigkeit übersehen würde.

 

Parodontitis – die Volksseuche Nummer 1

 

Eine Sonderstellung nimmt die Befundung der parodontalen Gewebe ein. Parodontale Erkrankungen stellen heute weltweit die Hauptursache für den Zahnverlust, sie sind insgesamt die häufigste Erkrankung des Menschen überhaupt (etwa 900 Mio Menschen weltweit leiden an moderater bis schwerer Parodontitis) und sie haben gravierende systemische Auswirkungen.

Abbildung: Risiken einer Parodontitis

 

 

Dies muss jeder Zahnarzt wissen und in sein Beratungs- und Untersuchungskonzept einbeziehen.

 

Neue Bema-Leistung: der „PSI“

 

Um die Beurteilung der Parodontien rasch und unkompliziert sowie sicher vorzunehmen genügt eine rein klinisch-visuelle Inspektion nicht. Eine extrem effektive Methode hingegen ist die Erhebung des „Parodontalen Screening Index“, kurz „PSI“. Diese nur wenige Minuten dauernde Untersuchung gibt einen sehr guten Überblick über den Gesundheitszustand der Zahnhaltegewebe und gehört zu jeder Routineuntersuchung.

 

Der PSI wird innerhalb der GKV mit 10 Punkten bewertet (Leistungsnummer A1b), innerhalb der GOZ sollte eine Analogposition angesetzt werden (Empfehlung: Analog Ä5).

 

Der PSI kann innerhalb der GKV nur alle zwei Jahre abgerechnet werden. Dies muss kein Nachteil sein: Bedenkt man, dass der überwiegende Teil parodontaler Erkrankungen (mehr als 90 Prozent) als AP (Adult Periodontitis), also als Folge der ganz normalen Schmutzgingivitis, auftritt, sind solch lange Zeiträume unproblematisch: eine Progression ist in kürzeren Zeiträumen gar nicht erkennbar. Anders wäre es bei den Sonderformen, wie RPP oder JP, die jedoch über Keimtests (natürlich privat zu liquidieren!) sehr gut erfassbar sind.

Stellt der Untersucher bei der Erhebung des PSI eine therapiepflichtige Erkrankung fest, so folgen genauere Befunde sowie eine therapeutische Intervention, die einen engen Recall beinhaltet. Therapiepflichtig ist im Sinne der GKV ein PSI Code 3 bzw. 4 und/oder eine Sondierungstiefe von min. 3,5 mm (bisher: 3mm!).

Dies sollte man jedoch nicht zum Anlass nehmen, die Augen davor zu verschließen, dass auch messbare Taschentiefen von 2 mm unbedingt therapiert werden müssen; hier bleibt eben nur der Weg einer reinen Privatabrechnung. Stellt man den Patienten vor die Wahl, entweder zu warten, bis die Erkrankung so weit fortgeschritten ist, dass eine Behandlung nach Bema möglich wird (und dann bereits massive irreversible Verluste an Kieferknochen hinzunehmen) oder lieber rechtzeitig wesentliche Teile des Zahnhalteapparates zu erhalten, indem eben eine Vereinbarung getroffen wird, die Kosten privat zu übernehmen, so wird nur ein dummer Mensch die erste Variante wählen.

 

Nur bei Sonderformen einer rasch progredienten PAR-Erkrankung könnte innerhalb der 2 Jahre, die nach Bema bis zur erneuten PSI-Bestimmung zu warten sind, ein solch rascher Fortgang der Erkrankung eintreten, dass dies von Nachteil für den betreffenden Patienten sein könnte.

 

Der PSI wird mit der WHO-Sonde mit einer kugelförmigen Funktionsspitze erhoben. Sie ist im Dentalhandel erhältlich. Es empfihlt sich die Anschaffung mehrerer solcher Sonden, um den PSI auch an allen Patienten mit sterilen Instrumenten erheben zu können.

 

Der PSI soll Erkrankungen der Parodontien zu einem möglichst frühen Zeitpunkt aufdecken; es ist jedoch auch sinnvoll, im Recall nach einer PAR-Therapie stets mittels PSI zu prüfen, ob es zu einem Rezidiv gekommen ist oder ob die parodontale Situation noch stabil ist.