Mundgeruch

Tabuthema Mundgeruch

Wer macht sein Gegenüber auf Mundgeruch aufmerksam? Ist ja schon etwas peinlich, das anzusprechen – und dies nicht nur im normalen zwischenmenschlichen Bereich, auch Zahnärzte scheuen sich, sich an das Tabu heranzuwagen – dabei ist das doch ihr originärer Job!

Als die ZM mal gefragt haben, gaben immerhin 7 Prozent an, dauerhaft unter Mundgeruch zu leiden, und 58 Prozent gaben an, einen Kollegen mit Mundgeruch zu kennen. Wenn man bedenkt, dass so etwas für einen Zahnarzt eigentlich ganz schlechte Reklame ist – wer geht schon zu einem Zahnarzt, der möglicherweise selber schlechte Zähne hat? -, kann man nur schließen, dass hier ein starkes Tabu vorliegt. Wenigstens dem Kollegen könnte man das doch sagen!

PD Dr. Rainer Seemann (Bern) hat in seiner Zeit in der Charité eine „Mundgeruchsprechstunde“ eingerichtet, und der Zuspruch, so Seemann, war enorm. Die Messung erfolgte objektiv mit einem Halithosis-Messgerät (das war die ursprüngliche Intention) und subjektiv. Dabei zeigte sich, dass das Problem Mundgeruch wohl relativ weit verbreitet ist und für die Menschen große Relevanz besitzt.

Wie Seemann auf einem Symposium in Dortmund (abgehalten Ende April) vortrug, ist differenzialdiagnostisch abzuklären, wo die Geruchsursache liegt. In etwa 85 bis 95 Prozent der Fälle ist jedenfalls die Mundhöhle Ursprung der unangenehmen Geruchssensation, Daneben können Ursachen im Bereich HNO oder auch internistischer Art gegeben sein. Der Geruch selbst wird durch flüchtige Schwefel-organische Verbindungen (vsc volatile sulfur components) bestimmt. Solche Verbindungen entstehen bevorzugt beim bakteriellen Abbauprozess von Einweißen.

Die Mundhöhle als Ursache – hier kommen z.B. auch kariöse Prozesse oder parodontale Probleme in Frage (Beispiel: akute Parodontitis) in Frage. Überwiegend jedoch handelt es sich um Abbauprodukte aus bakteriellen Plaques, die nebst Zähnen und Gingiva auch andere Bereiche der Mundhöhle, wie die Mukosa der Wangen oder bevorzugt auch die Zunge als fest haftender Biofilm besiedeln.

Mangelhafte Mundhygiene fördert die Ausbildung von Mundgeruch, ebenso jedoch auch Erkrankungen der Speichelsdrüsen, die sich als Oligosialie bzw. Xerostomie manifestieren.

Deshalb kann nur der Zahnarzt erste Ansprechstation für Patienten mit Mundgeruch sein – nur der Zahnarzt ist in der Lage konkret zu klären, ob sich hinter dem Mundgeruch nicht etwa eine Erkrankung verbirgt – oder wer sonst könnte z.B. die Salivationsrate korrekt bestimmen und beurteilen?

Deshalb ist die Zurückhaltung bzw. Tabuisierung des Themas in der Zahnarztpraxis zu korrigieren. Die Mundgeruchssprechstunde an der Charité hat auch gezeigt, dass man damit Patienten anlocken und gewinnen kann – die Erfolgsstory sollte zu denken geben.

Können andere Ursachen ausgeschlossen werden sind Maßnahmen gegen die geruchsbildenden Plaques zu ergreifen. Die „normale“ Mundhygiene mit Zahnbürste und Zahncreme erreicht maximal die Zähne und die Zahn-nahe Gingiva, wobei die Daten zeigen, dass nur etwa 10 bis höchsten 20 Prozent der Bevölkerung dazu in der Lage sind. Wir dürfen Ideal und Realität nicht idealistisch vermengen. Und eine Biofilm-Nische findet sich stets im Approximalbereich, und da helfen nur Zahnseide bzw. Zahnzwischenraumbürste. Nun darf man bei den Überlegungen auch nicht vergessen, dass es permanent zu einer Re-Besiedelung kommt: gibt es irgendwo in der Mundhöhle eine Nische, in der die Mundhygienemaßnahme nicht oder nicht effektiv genug gewirkt hat, so vermehrten sich diese Bakterien bei Substratzufuhr und besiedeln rasch alle mühsam von anhaftendem Biofilm gereinigten Oberflächen. Dies können wir heute mit unseren bakteriologischen Testverfahren gut in der Praxis nachvollziehen.

Als besonderes Plaquereservoir konnte die Zunge identifiziert werden. Auf der rauen Zungenoberfläche siedeln Plaquebakterien in großer Anzahl, abhängig vom Rauigkeitsgrad der zungenoberfläche.

Hier ist schon seit längerem die Zungenhygiene mit speziellen Bürsten im Gespräch. Die unterschiedlichsten Formen sind am Markt zu finden – bedenken muss man jedoch, dass die Geruchsquelle meist ganz hinten am Zungenrücken zu finden ist – dot findet sich die meiste Zungenplaque. Da ist es notwendig, spezielle Bürsten einzusetzen, um den Würgereiz zu vermeiden, der sonst alle Anstrengung konterkarieren würde.

Am hinteren Teil der Zunge dürfte es trotzdem nicht einfach sein, rein mechanisch jedweden Biofilm zu entfernen. Hier kann, ebenso wie auch schon bei der Reinigung der Zahn- und Mukosaflächen, äußerst wirkungsvoll „Chemie“ eingesetzt werden. Chemie – wir nutzen die schon lange in der Prophylaxe: wir haben spezielle Zahncremes (z.B. lassen wir seit Jahrzehnten Fluorid seine nützliche Wirkung entfalten), wir haben Intensiv-Lacke oder -Gele, wir haben antibakteriell wirkende Produkte, wie Mundspüllösungen (exemplarisch sei hier Chlorhexidin-di-Gluconat, kurz CHX, genannt), kurt, die Erfolge der Zahnprohylaxe sidn zu einem großen Teil nicht auf die besonders effektive Mundhygiene, sondern auf den Einsatz chemischer Hilfsmittel zurückzuführen.

Und nun hat GABA auf dem Symposium ein neues, speziell auf die Bekämpfung der Halithosis hin konzipiertes Mittel vorgestellt.

Wie von der wissenschaftlichen Leiterin der GABA, Frau Bärbel keine, vorgetragen wurde, kann meridol Halithosis Mundspüllösung recht wirkungsvoll die Ursachen des Mundgeruchs bekämpfen (also nicht nur parfümieren, sondern tatsächlich die Produktion der VSC reduzieren!). In einer Studie (Wigger-Albert et al, in Europerio No. 6, Juni 2009) mit 174 Teilnehmern wurden verschiedene Gruppen gebildet und getestet, wie weit die neue Mundspüllösung wirkungsvoll wäre. Schon nach der ersten Anwendung und dann weiter bis zu Tag 21 (Ende der Studie) wurde eine Reduktion gegenüber der Kontrollgruppe um mehr als 50 Prozent bewirkt. Verantwortlich dafür sind die Inhaltsstoffe Aminfluorid, Zinnfluorid und Zinklaktat – Aminfluorid und Zinnfluorid wirken bakterienhemmend, Zinklaktat bindet Schwefelverbindungen. So werden nicht nur die geruchsbildenden Bakterien reduziert, sondern die aus den Zersetzungsprozessen herrührenden übel riechenden flüchtigen Stoffe werden bereits am Entstehungsort gebunden und damit unwirksam gemacht.

Mit einer solchen Spüllösung kann man – anders als mit CHX, dem „Goldstandard“ – auch dauerhaft praktisch nebenwirkungsfrei die Halithosis abstellen – für die betroffenen Patienten ein wahrer Segen, ist doch Mundgeruch ein besonders schlimmer Störfaktor in zwischenmenschlichen Beziehungen.

 

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