Bürokratie



Warum QM wichtig ist

der konkrete Fall

 

Im Rahmen eines Beistandsfalls (ein Mitglied von Securdent hat sich um Beistand an den Autor gewandt) hat sich folgender Sachverhalt dargestellt:

Ein Kollege (Einzelpraxis) hat zu Beginn seiner Tätigkeit keine eigene Abrechnungskraft beschäftigt, sondern die Ehefrau hat die entsprechenden Positionen erarbeitet. Dabei wurden anfangs Positionen vergessen, die im Folgequartal nachgetragen wurden. Prinzipiell erlauben die Richtlinien des BEMA es, Leistungen nachzutragen, dies steht außer Zweifel. Nur, da kann man Probleme anderer Art bekommen, wie der Fall zeigt.

Als die Umsätze es erlaubten hierfür eine Fachkraft einzusetzen, wurden Leistungen zwar zeitnah erfasst, jedoch hat die als „Sitzenkraft“ sich darstellende Abrechnungshelferin wohl etliche abrechenbare Leistungen einfach unter den Tisch fallen lassen – ein nicht unerhablicher wirtschaftlicher Schaden. Allerdings wurden etliche Leistungen, die nicht abgerechnet worden waren, nachberechnet – und dies war der Stein des Anstosses. Aktuell hat die Ehefrau, nach gründlicher Einarbeitung in die Thematik, wieder die Abrechnung übernommen, um weiteren Schaden abzuwenden. Und: alle Daten werden spätestens am Abend vollständig erfasst.

Nun flatterte dem lieben Kollegen ein Prüfbescheid ins Haus: er sei zufällig für eine Prüfung ausgewählt worden, eine Abrechnungsauffälligkeit wurde erst mal nicht als Begründung angegeben.

Der Kollege hat brav die verlangten Unterlagen an die Prüfstelle eingereicht. Dann wurde er zu einem „Beratungsgespräch“ geladen. Auf Anraten des Autors folgte der Kollege der Einladung, hatte jedoch den dringenden Rat mitgenommen, keine Aussagen zu machen, sondern eine schriftliche Stellungnahme anzukündigen.

Dies ist ein Grundrecht in diesem Land, keine spontanen Aussagen zu machen, dies darf keinesfalls zum Nachteil eines Beschuldigten gereichen.

Der Prüfungsausschuss reagierte sehr ungehalten darauf (Rechtsstaatlichkeit hat sich anscheinend in der Kassenbürokratie noch nicht so wirklich durchgesetzt). Wesentlich ist jedoch, dass der Prüfungsausschuss dem Kollegen vorgeworfen hat, durch die nachträgliche Abrechnung von Leistungen im Folgequartal die Wirtschaftlichkeitsprüfung ausgehebelt zu haben. Denn, durch Ansatz von Leistungen im Folgequartal sei die Berechnung so ausgefallen, als habe es zwei Fälle statt einem gegeben (unerlaubte Falltrennung), und man hat das in Richtung Abrechnungsbetrug gerückt.

Die schriftliche Stellungnahme haben wir dann so abgefasst, dass sich der Kollege für die nachträgliche Abrechnung von Leistungen entschuldigt hat, dies mit der besonderen Personalsituation begründete, weiterhin anführte, dass die Personalsituation sich nunmehr geändert habe und solch gehäuften Fälle von Nachabrechnungen sicher nunmehr nicht mehr auftreten würden.

Das hat die Prüfungsstelle nicht wirklich zufriedengestellt. Man hat nun weitere Unterlagen angefordert, speziell wollte man Karteikarten bzw. schriftliche Aufzeichnungen sehen, wohl um einen Betrug nachweisen zu können.

Nun arbeitet die Praxis jedoch karteikartenlos, alle Daten lagen ausschließlich digital vor. Dies wurde so der Prüfungsstelle mitgeteilt.

Daraufhin wollte diese eine schriftliche (!) Bestätigung, dass keine Karteikarten geführt würden (dies ist durchaus zulässig, die papierlose Praxis ist längst Realität).

Auch dies hat die Prüfungsstelle nicht beruhigen können. Man forderte nun in einem Schriftsatz, der Kollege möge ganz genau angeben, wie er die Leistungserfassung organisiert und durchführt. Offensichtlich versucht man, immer noch etwas zu finden, was man dem Kollegen anhängen könnte.

Die letzte Stellungnahme wurdc wieder mit Assistenz des Autors abgefasst. Hierin wird angeführt, dass die RKI-Richtlinien (die ja für jede Praxis obligat sind) eine Aufzeichnung per Karteikarte aus Infektionsschutzgründen gar nicht möglich mache, und auch eine unmittelbare Eingabe in die EDV am Arbeitsplatz wohl mit Infektionskontrolle unvereinbar sei. Die Leistungen und medizinischen Daten (Befunde, Diagnosen, usw.) würden handschriftlich notiert, in die EDV übertragen und anschließend die kontaminierten Zettel entsorgt, wie dies im Infektionsschutzprotokoll der Praxis festgelegt sei. Dabei erfolge die Übertragung zeitnah, entweder unmittelbar oder spätestens am Ende des Arbeitstages.

Eigentlich sollte nun Klarheit geschaffen worden sein: es gibt keine „belastenden“ Schriftstücke.

 

Fakt ist, dass es durchaus üblich ist, während der Behandlung Notizen zu machen und dann später die korrekten Daten einzutragen bzw, die Erfassung der Abrechnungsdaten zu betreiben – direkt am Arbeitsplatz ist das kaum wirklich realistisch, da würde die Therapie darunter leiden. Es ist auch kaum vorstellbar, dass die Abrechnungsspezialistin direkt am Arbeitsplatz im Behandlungszimmer tätig wird – die macht ihren Job immer zentral.

 

Der konkrete Fall zeigt, dass die Bürokratie versucht, den Handlungsspielraum der Zahnärzte immer weiter einzuengen. Und hier sollte energisch Gegenwehr geleistet werden. Es kann nicht angehen, dass eine spezifische Berufsgruppe – die Zahnärzte – ihrer demokratischen Recht, die durch die Verfassung geschützt sind, beraubt werden!

 

Die Schikanen werden jedoch irgendwann jeden mürbe machen – wie also sollte man sich davor schützen?

 

Hier kann ein entsprechend aufgebautes QM-System helfen. Wenn der oben angeführte Fall des Kollegen mit QM-Protokollen dargelegt werden könnte, wäre die Sache rasch vom Tisch. Wenn in der Arbeitsanweisung bzw. der Prozessbeschreibung eindeutig festgelegt ist, wie die Leistungserfassung geregelt ist, kann man viel überzeugender nachweisen, dass alles seine Ordnung hat. Und intern hilft das auch weiter: wenn definitiv täglich alle Abrechnungsdaten erfasst werden, kommt es kaum noch zu quartalsüberschreitenden nachträglichen Abrechnungen, und es wird auch sicherlich weniger vergessen. Denn, man kann schätzen, das etwa bis zu 20 Prozent der möglichen Abrechnungspositionen in der Hektik des Arbeitstages untergehen – das käme den Kassen ja gerade Recht…

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