Provisionen

Die Ökonomisierung des Gesundheitswesens

Oder:

Wer von Moral redet hat sowieso keine…

Aktuell haben sie wieder ein Thema: da stellt sich die Ulla Schmidt vor die Kameras und beklagt lautstark, dass (wie es derzeit aktuell diskutiert wird) Ärzte für Überweisungen von Patienten in bestimmte Krankenhäuse4r Geld erhalten. Das sei ungesetzlich, und überhaupt unanständig. Da schmeißt wer mit Steinen uns sitzt selber im Glashaus, Stichwort Dienstwagenaffaire. Da ist sie sich ja gar keiner Schuld bewusst, weil´s ja alle so machen. Da hat sie Recht, Politiker bedienen sich im Selbstbedienungsladen „Staat“ nach Belieben (die legen ja auch selber ihre Bezüge fest, nebst Altersgeld und anderer Privilegien. Und kommen sich dabei so richtig arm vor – weil, einer wie der Chef von dem Pleiteunternehmen Arcandor nimmt nach 6 Monaten Tätigkeit mal so eben 15 Millionen € Abfindung mit, zusätzlich zu der reichlich Asche, die in dem halben Jahr auch schon eingesteckt hat. Da kann kein Politiker mithalten, und andere Manager haben´s ja schon vorgemacht, Beispiel HRE: erst das Ding in den Sand setzen und dann noch rasch abzocken.

Und die Eignerin von Quelle (ist ja Teil von Arcandor)? Die hat ihre unternehmerische Verantwortung ernst genommen und hat fast ihr ganzes Privatvermögen zur Rettung des Versandhauses eingeracht, bloß, danken tut´s ihr niemand, die hat man sogar noch öffentlich lächerlich gemacht. Es glaubt halt keiner mehr an Moral in diesem Land – und warum? Weil man die abgeschafft hat!

Politiker haben ein „Ehrenamt“ inne, hat man vergessen, aber, so ist es. Die Apanage, die ihnen zufließt, sollte eher eine Aufwandsentschädigung sein als ein echter Lohn. So war´s zumindest ursprünglich. Dann hat das Verfassungsgericht schon mal geurteilt, das sei ja so eigentlich nicht haltbar, weil, wenn man Politiker nicht anständig bezahlt, dann machen sie auch keine anständige Arbeit. Stimmt. Nur: wenn man anfängt, die Politik zu ökonomisieren, will heißen, den Politiker umzustylen zu einem Homo ökonomicus, dann entläßt man ihn/sie folgerichtig aus der moralischen Verantwortung. Dann streben unsere Volksvertreter nach Geld, immer noch mehr Geld – können wir ja täglich beobachten, woebi Privilegien, wie kostenfreie Flüge, Dienstwagen, usw. ja auch als „Geld“ anzusehen sind.

Und jetzt kommen wir zu den Ärzten:Die hatten ursprünglich auch ein „Ehrenamt“, daher noch das „Honorar“, ein „Ehrensold“, also keine echte Bezahlung. Da konnte man mit Recht Moral verlangen. Und wie für Politiker muss auch für Ärzte gelten, dass der Ehrensold so bemessen sein muss, dass keine wirtschaftlichen Zwänge auftreten können. Ärzte sollten ebenso wie Politiker unabhängig von Gewinnstreben Entscheidungen treffen (können). Zumindest in der Theorie.

Und dann haben sie angefangen, die Gesundheitsversorgung zu ökonomisieren: steht sogar im Gesetz, dass Mediziner nach ökonomischen Prinzipien handeln sollen. Viele Kollegen verweigern dieser Aufforderung den Gehorsam, die wollen nur den Menschen, den Patienten, helfen, und der bürokratische und ökonomische Aufwand ist ihnen ein Gräuel. Die kommen der Politik gerade Recht, sind sie doch willige Opfer einer moralisierenden Gesellschaft, die für sich selber keine Moralprinzipien gelten lässt (da betrügt Jeder Jeden, so gut es nur geht). Nur, von anderen wird verlangt, dass die „Moral“ gelten soll – ist wie beim Sex: wer besonders häufig ins Bordell geht regt sich besonders über die Nutten in der Nachbarschaft auf. Bigotte Verhaltensweisen sind nicht neu, die gab´s schon immer. Und wenn jetzt Ärzte den ökonomischen Auftrag ernst nehmen und zusehen, das maximale herauszuschlagen, dann ist das Geschrei groß. Vielleicht mag man halt eine letzte Bastion der Moral erhalten, nämlich selbstlos handelnden Arzt. Den Politiker glaubt man die Selbstlosigkeit schon lange nicht mehr. Schöne Idee – nur, wie soll´s funktionieren? Wenn Ärzte ökonomisch unter Deruck kommen – und das ist ja keine Seltenheit mehr heutzutage -, dann handeln sie eben ökonomisch, und wenn´s sein soll, indem sie gefakte Rezepte zusammen mit dem Apotheker zu Lasten der Kassen ausstellen, oder eben Provisionszahlungen der Krankenhäuser annehmen. Zu solchen Geschäften gehören ja immer mindestes zwei, hier sind die Krankenhausmanager (die müssen ja auch ökonomisch handeln, und die sind meist keine Ärzte!) die großen Versucher. Die wollen (es gibt ja das „Komplexhonorar“ für Krankenhausleistungen, natürlich möglichst Patienten, die wenig kosten aber viel einbringen (das sollen sie kraft Gesetz ja auch, sonst hätte man sich das Komplexhonorar, das ausdrücklich der ökonomischen Verbesserung dienen soll, ja sparen können), und über Provisionszahlungen an einweisende Ärzte lässt sich das treffsicher steuern. Da braucht sich niemand darüber aufzuregen: wer solche Instrumente schafft, wie wir sie in der GKV zuhauf vorfinden, muss doch damit rechnen, dass das solche Folgen hat! Die Ökonomisierung des Gesundheitswesens hat Nebenwirkungen, hätte man bedenken sollen, als man´s angefangen hat…

Wie heißt es doch? Wer ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein? Kann man so interpretieren: wer nach Moral schriet, der soll erst mal selber welche vorzeigen – und da wird man sich schon hart tun in diesem Land, um da einen echten „Heiligen“ zu finden!

 

Und nun was ganz ernstes: auch wenn´s den Moralisten nicht schmecken mag – das mit den Provisionszahlungen ist sogar noch wirtschaftlich sehr vernünftig! Warum? Ganz einfach. Das Krankenhaus bekommt eine Pauschale für eine bestimmte Krankheit („Komplexhonorar“) und muss zusehen wie es damit zu Recht kommt. Der Kassenarzt bekommt ebenfalls eine Pauschale (pro Patient pro Quartal). Nun ist der Arzt ja viel billiger als das Krankenhaus – was liegt da näher (um Kosten einzusparen) asl ein Deal zwischen Krankehaus und Arzt dergestalt, dass Patienten möglichst nur kurz im Krankenhaus verweilen (das spart enorm!) und ein Großteil der Nachsorge findet dann beim Arzt statt, Und weil der eigentlich viel zu wenig von der Kasse kriegt und deshalb normale4rweise gar kein Interesse daran hat, einen Patienten so früh wieder aufzunehmen, zahlt die Klinik eben was extra. Damit ist doch allen gedient: der Arzt kommt besser zu Recht, das Krankenhaus auch, und letztlich ist auch der Steuerzahler gut bedeint, weil die Klinik jetzt weniger Defizit macht und weniger aus dem Staatsäckel zugeschossen werden muss. Und den Patienten kann´s schon gar egal sein, weil, die kriegen ja ihre Behandlung!

 

Kann man weiter folgern: die Moralapostel haben nicht nur selber keine Moral, sie können auch nciht rechnen!

 

gh