Leserfragen
Guten Morgen Herr Kollege,
Ein Kollege im Nachbarort (um nochmals kurz auf den Gewinn einer Praxis einzugehen) meinte, er habe einen Bruttoverdienst (Bruttogewinn) von etwa 200 000€/Jahr. Kann das wirklich sein?
Haben Sie eine Einschätzung was die damalige 240 000 Tsd. DM in den 1980er Jahren auf die heutige Zeit in € wären?
Antwort
Nun, da nehmen wir doch einfach das KZBV Jahrbuch 2012 zu Hilfe. Hier finden wir für 2011 (neuere Zahlen haben wir noch nicht!) einen Einnahmenüberschuss von 129.746 € (arithmetischer Durchschnitt) – 57 % der Zahnärzte blieben allerdings darunter, der Median lag deshalb bei 115.840 €.
Dies ist der Einnahmenüberschuss, der zu interpretieren ist. Z.B. halten viele Kollegen einen „Geschäftswagen“ – dabei vergessen sie dass wegen der 1%-Regelung dadurch der Gewinn erhöht wird, ohne wirklich Geld zur Verfügung zu haben (1%-Regelung bedeutet dass 1 % des Listenpreises für den Neuwagen monatlich als „Privatnutzung“ dem betriebswirtschaftlichen Ergebnis hinzugerechnet wird). Andererseits muss z.B. im Zuge der Sonderausgaben eine Obergrenze -immer noch!- akzeptiert werden, die bei den 50 % der Beiträge liegt (ist auf Arbeitnehmer hin ausgerichtet, dass wir 100 % zahlen findet keine Entsprechung). Das heißt, die Angaben zum „Verdienst“ sind durchaus kritisch zu sehen.
Nun zur Frage ob es denn sein könne dass ein Zahnarzt 200.000 € jährlich als Gewinn verzeichnet. Nun, ich kenne ja die Gebührensätze sowohl der GKV als auch der GOZ – ich halte es für unwahrscheinlich dass man bei lege artis Arbeit und ohne „kreative“ Rechnung so viel als Überschuss erlösen kann. Um das „verdienen“ zu können müsste der Zahnarzt ohne Angestellte und ohne wesentliche Kosten 20 Stunden täglich tätig sein.
Das KZBV Jahrbuch gibt uns Einblick in die Kostenstruktur: da finden wir Einnahmen von 123.000 und Kosten von 102.000, also einen Gewinn von 20.800 jährlich bis hin zu 654.700 Umsatz und Ausgaben von 472.400 mit einem Gewinn von 222.300. Der Durchschnitt hätte Kosten von 298.300 und einen Umsatz von 425.700.
Ich meine, wenn wir mit dem lächerlich geringen Honorar (GOZ: keine Erhöhung seit 1960!) – in der GKV wurde mehrmals geringfügig angepasst, heute sind wir in etwa auf Gleichstand, privat oder Kasse macht keinen wesentlichen Unterschied mehr – ordentlich arbeiten, können wir gar nicht so hohe Stundenumsätze generieren. Das ist zwar durchaus bekannt, aber, keiner unternimmt etwas dagegen. Da muss man halt eine Kompositfüllung in Bulkhärtung mit riesigem Randspalt in zwei bis fünf Minuten schaffen, beispielsweise…
Die Beurteilung, was die damaligen 240 Tsd DM (betriebswirtschaftlicher Überschuss in 1984) heute wären ist das schwierigste. Da wäre wohl die allgemeine Einkommenssituation zu Rate zu ziehen. Ein gutes Maß dafür sollte die Beitragsbemessungsgrenze sein. Da ziehe ich mal die Angaben von Wikipedia zu Rate (siehe Tabelle unten):
1984 lag diese bei 62.400 DM, aktuell bei 69.600 EUR (wird ab 2014 nochmal erhöht). Das interpretiere ich so, dass heute ungefähr so viel in € verdient wird wie damals in DM – das bedeutet, die Durchschnittseinkommen der Zahnärzte haben sich in etwa halbiert (sonst müssten wir heute 240 000 € im Schnitt haben, wir haben aber nur 129.000).
Die Gewinner waren die Anwälte – war der Zahnarzt 1984 verschrien als „der am besten verdienende Freiberufler“, so ist heute unzweifelhaft der Anwalt der Spitzenverdiener, mit Stundenhonoraren von 250 € aufwärts (ohne wirklich Kosten zu haben!).
Aber, was soll Jammern: es hat stets ein Auf und Ab gegeben, und die Ärzte und Zahnärzte stehen halt auf der Verliererseite. Muss ja niemand studieren das Fach, kann ja jeder Anwalt werden (Juristerei ist ein Studium mit etwa 5 bis 6 Semestern, also recht kurz und anspruchslos, weiß ich genau, meine Tochter hat das gemacht und hat ein Prädikatsexamen hingelegt nach 7 Semestern, weil sie nicht unbedingt fleißig gewesen ist).
Die Gesellschaft wird schon sehen was sie davon hat – der Ärztemangel ist mittlerweile schon so ausgeprägt dass man kaum noch Ärzte auf dem Land findet, und immer mehr Ärzte sprechen unsere Sprache nicht. Wie man da eine Anamnese machen will ist mir rätselhaft…
Zahnarztpraxen sind mittlerweile auch häufig unverkäuflich. Da fängt es jetzt auch schon an. Und die Praxiserwerber kriegen schon im ersten Abrechnungsquartal die Wirtschaftlichkeitsprüfung mit hohen Regressen. Da hilft nur eines: abhauen! Hab ich etliche Kollegen in der Betreuung gehabt die sich in die Schweiz abgesetzt haben – dort wird es jetzt allerdings auch schon eng, weil die Schweizer es nicht lustig finden dass nur noch Deutsche in den Praxen zu finden sind…
Ehrlich – was wir brauchen würden, wäre eine starke Gewerkschaft der Sozial- und Gesundheitsberufe, die massiv die Verstaatlichung fordert. Weil, der fest angestellte oder verbeamtete Arzt/Zahnarzt verdient inzwischen mehr als der Freiberufler, ohne irgendein wirtschaftliches Risiko!
Jahr |
Gesetzliche Rentenversicherung |
Knappschaftliche Rentenversicherung |
||||||
monatlich |
jährlich |
monatlich |
jährlich |
|||||
West |
Ost |
West |
Ost |
West |
Ost |
West |
Ost |
|
1962 |
950 DM |
11.400 DM |
||||||
1963 |
1.000 DM |
12.000 DM |
||||||
1964 |
1.100 DM |
13.200 DM |
||||||
1965 |
1.200 DM |
14.400 DM |
||||||
1966 |
1.300 DM |
16.000 DM |
||||||
1967 |
1.400 DM |
16.800 DM |
||||||
1968 |
1.600 DM |
19.200 DM |
||||||
1969 |
1.700 DM |
20.400 DM |
||||||
1970 |
1.800 DM |
21.600 DM |
||||||
1971 |
1.900 DM |
22.800 DM |
||||||
1972 |
2.100 DM |
25.200 DM |
||||||
1973 |
2.300 DM |
27.600 DM |
||||||
1974 |
2.500 DM |
30.000 DM |
||||||
1975 |
2.800 DM |
33.600 DM |
||||||
1976 |
3.100 DM |
37.200 DM |
||||||
1977 |
3.400 DM |
40.800 DM |
||||||
1978 |
3.700 DM |
44.400 DM |
||||||
1979 |
4.000 DM |
48.000 DM |
||||||
1980 |
4.200 DM |
50.400 DM |
||||||
1981 |
4.400 DM |
52.800 DM |
||||||
1982 |
4.700 DM |
56.400 DM |
||||||
1983 |
5.000 DM |
60.000 DM |
||||||
1984 |
5.200 DM |
62.400 DM |
||||||
1985 |
5.400 DM |
64.800 DM |
||||||
1986 |
5.600 DM |
67.200 DM |
||||||
1987 |
5.700 DM |
68.400 DM |
||||||
1988 |
6.000 DM |
72.000 DM |
||||||
1989 |
6.100 DM |
73.200 DM |
||||||
1990 1.Hj. |
6.300 DM |
75.600 DM |
||||||
1990 2.Hj. |
32.400 DM |
|||||||
1991 1.Hj. |
6.500 DM |
78.000 DM |
36.000 DM |
|||||
1991 2.Hj. |
40.800 DM |
|||||||
1992 |
6.800 DM |
81.600 DM |
57.600 DM |
|||||
1993 |
7.200 DM |
86.400 DM |
63.600 DM |
|||||
1994 |
7.600 DM |
91.200 DM |
70.800 DM |
|||||
1995 |
7.800 DM |
93.600 DM |
76.800 DM |
|||||
1996 |
8.000 DM |
96.000 DM |
81.600 DM |
|||||
1997 |
8.200 DM |
98.400 DM |
85.200 DM |
|||||
1998 |
8.400 DM |
100.800 DM |
84.000 DM |
|||||
1999 |
8.500 DM |
102.000 DM |
86.400 DM |
|||||
2000 |
8.600 DM |
7.100 DM |
103.200 DM |
85.200 DM |
||||
2001 |
8.700 DM |
7.300 DM |
104.400 DM |
87.600 DM |
10.700 DM |
9.000 DM |
128.400 DM |
108.000 DM |
2002 |
4.500 EUR |
3.750 EUR |
54.000 EUR |
45.000 EUR |
5.550 EUR |
4.650 EUR |
66.600 EUR |
55.800 EUR |
2003 |
5.100 EUR |
4.250 EUR |
61.200 EUR |
51.000 EUR |
6.250 EUR |
5.250 EUR |
75.000 EUR |
63.000 EUR |
2004 |
5.150 EUR |
4.350 EUR |
61.800 EUR |
52.200 EUR |
6.350 EUR |
5.350 EUR |
76.200 EUR |
64.200 EUR |
2005 |
5.200 EUR |
4.400 EUR |
62.400 EUR |
52.800 EUR |
6.400 EUR |
5.400 EUR |
76.800 EUR |
64.800 EUR |
2006 |
5.250 EUR |
63.000 EUR |
6.450 EUR |
77.400 EUR |
||||
2007 |
4.550 EUR |
54.600 EUR |
5.550 EUR |
66.600 EUR |
||||
2008 |
5.300 EUR |
4.500 EUR |
63.600 EUR |
54.000 EUR |
6.550 EUR |
78.600 EUR |
||
2009 |
5.400 EUR |
4.550 EUR |
64.800 EUR |
54.600 EUR |
6.650 EUR |
5.600 EUR |
79.800 EUR |
67.200 EUR |
2010 |
5.500 EUR |
4.650 EUR |
66.000 EUR |
55.800 EUR |
6.800 EUR |
5.700 EUR |
81.600 EUR |
68.400 EUR |
2011 |
4.800 EUR |
57.600 EUR |
6.750 EUR |
5.900 EUR |
81.000 EUR |
70.800 EUR |
||
2012 |
5.600 EUR |
67.200 EUR |
6.900 EUR |
82.800 EUR |
||||
2013 |
5.800 EUR |
4.900 EUR |
69.600 EUR |
58.800 EUR |
7.100 EUR |
6.050 EUR |
85.200 EUR |
72.600 EUR |
2014[1] |
5.950 EUR |
5.000 EUR |
71.400 EUR |
60.000 EUR |
7.300 EUR |
6.150 EUR |
87.600 EUR |
73.800 EUR |
Jahr |
West |
Ost |
West |
Ost |
West |
Ost |
West |
Ost |
monatlich |
jährlich |
monatlich |
jährlich |
|||||
Gesetzliche Rentenversicherung |
Knappschaftliche Rentenversicherung |