Recht haben – und Recht bekommen?!

Die Reform der Anwaltsgebührenordnung hat eine dramatische Veränderung bewirkt: fuhren früher arbeitslose Juristen Taxi, so findet man heute Ärzte, die das Taxi steuern. Man muss sich einmal die protzigen Kanzleien anschauen – nur beste Lage in den Zentren, wo die Monatsmiete schon höher ist der Gesamtumsatz einer (Zahn)Arztpraxis. Entsprechend sind dann natürlich die Honorar Vorstellungen. Kaum ein Anwalt der nicht mindestens 250 € pro Stunde in Rechnung stellt. Da wird es schon schwierig sich zu wehren. Hat Jeder in den Medien nachvollziehen können. Da hat eine Regensburger Kanzlei, spezialisiert auf das lukrative Abmahngeschäft, Usern des Red-Tube Kanals Abmahnungen über etwa 250 € geschickt, Tenor sie hätten unrechtmäßig Internetinhalte angesehen. Abgesehen von der rechtlich fragwürdigen Methode mit fragwürdiger Argumentation und fragwürdiger Quelle der IP-Adressen, die Adressen der Nutzer über das LG Köln zu erfragen, haben diese Juristen sehr raffiniert gehandelt: die Beauftragung eines Anwalts, um die ungerechtfertigten Forderungen abzuwehren, hat, so konnte man lesen, „günstige“ 500 € gekostet. Fragt sich wer noch Geld drauflegen mag um Recht zu bekommen. Da zahlt man lieber, und so ist das Geschäftsmodell nach wie vor sehr attraktiv.

Das kann man beliebig auf andere Situationen anwenden: da wird einem Arzt die Bezahlung der Rechnung verweigert – wenn er es nicht selbst bewerkstelligen kann die Rechnung beizutreiben, kann er es auch gleich lassen. Denn, die Beauftragung eines Anwalts würde nicht selten das gleiche oder sogar mehr kosten als an Zahlung zu erwarten ist.

Hier scheint es unabdingbar sich ein paar Kenntnisse anzueignen zu den Verfahren, wie man an sein Honorar kommt. Analog gilt dies für alle Streitsachen – machen Sie einen großen Bogen um die Anwaltskanzlei, wenn Sie einigermaßen heil aus so einer Geschichte herauskommen wollen.

Rechnungsbeitreibung

Es gibt in der BRD das Online-Mahn-Verfahren, mit dessen Hilfe man zu Beträgen zwischen 20 und 100 € – abhängig von der Höhe der Forderung – einen „Mahnbescheid“ erwirken kann. Ein solcher wird als gerichtliche Zustellungsurkunde dem säumigen Schuldner zugestellt. Die Beantragung ist denkbar einfach und kann von jedem der des Lesens und Schreibens kundig ist eingereicht werden. Beim Anwalt kostet so etwas günstigstenfalls 200 € (wofür man ein zehntel zahlt wenn man online mahnt), mit nach oben offener Skala.

Diesem Mahnbescheid kann der Schuldner widersprechen: er/sie kann sich darauf berufen, es sei keine Rechnung eingegangen (dann muss der Gläubiger beweisen, dass die Rechnung zugegangen ist. Praktischerweise schickt man die Rechnungskopie mit der Mahnung mit, die jedenfalls per „Einwurfeinschreiben“ zuzustellen ist. Einschreiben mit Rückschein ist unpraktisch, weil ja der Schuldner „nicht da“ sein könnte und so das Einschreiben unzustellbar wäre). Weiterhin könnte sich der säumige Schuldner darauf berufen dass die Leistungen nicht oder nicht ordnungsgemäß erbracht worden seien (hierzu ist es notwendig eine perfekte Dokumentation vorzuhalten), wobei insbesondere Augenmerk auf eine beweisbare Beratung/Aufklärung zu richten ist. Und natürlich ist es zwingend alle anderen Kriterien des Heilkundegesetzes zu beachten, z.B. hinsichtlich der zulässigen Delegationsleistungen.

Hat man versäumt die Rechnung korrekt zuzustellen ist das auch kein Beinbrech, dies wäre dann im Zivilprozess bzw. in der Zwischenzeit nachholbar. Voraussetzung ist jedoch immer die korrekte Leistungsbringung, aufgrund derer die Rechnung erstellt wurde. Für die Ausstellung eines Mahnbescheids ist jedoch völlig belanglos, ob eine berechtigte Forderung besteht oder nicht, dies alles ohne irgendeine Rechtsfolge.

Legt der Schuldner Widerspruch ein und man ist sich sicher dass die Forderung gerechtfertigt ist wird Klage erhoben, lässt der Schuldner die vorgeschriebene Zeit von vier Wochen untätig verstreichen wird Vollstreckung beantragt. Dagegen kann der Schuldner nochmals Widerspruch einlegen, tut er das nicht, so wird ebenfalls Klage erhoben.

Wird kein Widerspruch gegen den Vollstreckungsbescheid eingelegt hat man immer noch nicht sein Geld, man hat einen „Titel“, aufgrund dessen man den zuständigen Gerichtsvollzieher beim  Amtsgericht mit der Beitreibung der Forderung beauftragen kann.,

Klage ist vor dem zuständigen Gericht zu erheben, also bei Beträgen bis zu 5 000 € das Amtsgericht, das als Gerichtsstand vereinbart wurde, das ist im Allgemeinen in der Wohngemeinde das Schuldners. Vor dem Amtsgericht besteht keine Anwaltspflicht, hier darf der Zahnarzt seine Sache selber vertreten, bei Forderungen über 5000 € muss ein Anwalt beauftragt werden, zuständig ist dann das Landgericht.

Hier ist dann wieder zu prüfen: ist mein Schuldner solvent, d.h., ist die Forderung überhaupt eintreibbar? Für den Fall dass der säumige Schuldner „Privatinsolvenz“ angemeldet hat oder er/sie ansonsten zahlungsunfähig wäre (d.h., das verfügbare Einkommen liegt unterhalb der Selbstbehaltgrenze, die insbesondere im Fall einer Familie sehr hoch liegt) geht der Gläubiger auch im Fall des Obsiegens vor Gericht leer aus und bleibt auf allen Kosten sitzen. Aber auch dann wenn der Gläubiger vor Gericht siegt, bekommt er seinen Schaden nicht vollständig ersetzt. Der Schuldner kann nur bis maximal einem RVG-Honorar als Schadensersatz verurteilt werden, das weit unter den normalen Forderungen der Anwälte nach Honorarvertrag zu liegen kommt. In Fällen von Klagen vor Sozial- oder Mietgerichten ebenso wie in Fällen von Arztrechnungen ist dann nicht selten das Ergebnis eher dürftig: dem Schuldner wird Teilzahlung von Gerichts wegen zugestanden, der Anwalt will sein Geld sofort, und wie oben ausgeführt wird nur ein kleiner Teil der Anwaltsrechnung überhaupt vom Gegner erstattet. Dies alles ist von der aktuellen Gesetzgebung gedeckt. Damit gilt Deutschland als das schuldnerfreundlichste Land der OECD.

Verfolgt man seine Angelegenheiten selbst, so ist das Risiko überschaubar. Lässt man das einen Anwalt erledigen, muss stets bedacht werden, ob sich eine rechtliche Verfolgung überhaupt lohnt. „Man soll dem schlechten Geld keine gutes hinterherwerfen“ – dieser uralte Spruch hat nicht nur in der Vermögensanlage Geltung!

Nun hat der Normalbürger leider kein Auskunftsrecht bei der Schufa. Deshalb müssen die Vermögensverhältnisse anders geklärt werden. So könnte man regelmäßig nach dem „neuen“ Arbeitgeber fragen und dort dann z.B. anrufen, um einen Termin umzubestellen. Nicht selten erhält man die Auskunft dieser Mitarbeiter hätte das Unternehmen schon lange verlassen. Oder man vereinbart Teilzahlung nach Fortschritt der Arbeit. Sicherheitsleistungen zu Beginn der Arbeit sind dem Arzt nicht gestattet, das dürfen jedoch Anwälte verlangen. Die Praxis lebt also stets in der Unsicherheit, ob der Patient überhaupt die Rechnung bezahlen kann. Elegant ist es da wenn man auf Bezahlung mittels Kreditkarte besteht – für geringe Gebühr hat man da die Garantie dass das Geld eingeht. Natürlich kann ein Zahlungspflichtiger der Belastung widersprechen – jedoch ist bei der Kreditkarte die Bonität des Karteninhabers schon mal geprüft.

Zahlungsflussverfolgung

Ganz wesentlich erscheint dass die Praxis so organisiert ist dass unmittelbar nach Fälligkeit auch die Rechnung zugestellt wird, im Idealfall erhält der Patient diese schon beim Verlassen der Praxis und zahlt per Kreditkarte. Die spätere Zusendung hat den Nachteil dass der Beweis des Zugangs angetreten werden muss. Und, es könnte ja sein dass der Patient arbeitslos wird und die Rechnung zu einem späteren Zeitpunkt gar nicht mehr begleichen kann. Auch deshalb ist ein enges Controlling obligat: es müssen Automatismen gegeben sein, die eine Rechnungsverfolgung in engem zeitlichem Rahmen ermöglichen.

Grunderkenntnis muss jedoch stets sein: sobald man einen Anwalt beauftragt hat man schon erhebliche Gelder verloren – es muss die Erkenntnis ins Bewusstsein rücken, dass man im Rechtstreit eigentlich immer nur verlieren kann, sobald ein Anwalt involviert ist.

Und die ganz bittere Pille zuletzt: in Prüfverfahren wegen Unwirtschaftlichkeit haben wir ausnahmslos erlebt, dass Anwälte die Interessen der geprüften Zahnärzte extrem schlecht vertreten haben, ob aus Unfähigkeit oder Desinteresse kann hier nicht geklärt werde, Tatsache ist, dass die Zahnärzte die großen Verlierer waren.

Weshalb sollte das im Fall der Verfolgung von Forderungen so generell anders sein?!

Weitere Informationen über die Redaktion oder info@gh-praxismanager.de

 

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