„Körper und Zähne – ein sensibles System“

Anhand von Patientenbeispielen zeigte der Kieferorthopäde auf: Wenn der Biss nur wenige Sekunden manipuliert wird, verteilt sich das Gleichgewicht schon anders. Die veränderte Körperhaltung können Experten an den Fußsohlen messen und nachweisen. „Wenn Sie das Kiefergelenk gezielt therapieren und es gleichzeitig physiotherapeutisch und osteopathisch behandeln, können Sie die Wirbelsäule oft wieder zentrieren!“ Unklare Beschwerden im Rückenbereich würden so häufig nachlassen.
Beschwerden müssten ganzheitlich betrachtet werden und Therapeuten unterschiedlicher Fachrichtungen zusammenarbeiten. Dies erspare Patienten oft einen langen Leidensweg, resümierte Stefan Kopp. Er schloss seinen Vortrag mit einem Appell an alle Zahnmediziner: „Letztlich müssen wir uns immer vor Augen halten: An jedem Zahn hängt ein ganzer Mensch!“

„Kleider machen Leute, Zähne machen Menschen“

#Wolowski#Dass auch die Psyche beim Thema Zähne und Zahnersatz eine entscheidende Rolle spielt, verdeutlichte Privatdozentin Dr. med. dent. Anne Wolowski aus Münster. So würden viele Patienten nach der Restauration ihrer Zähne beginnen, selbstbewusster mit sich und der eigenen Gesundheit umzugehen. „Schöne Zähne symbolisieren Erfolg. Häufig folgt auf die Zahnbehandlung der Friseurbesuch oder der Eintritt ins Fitnessstudio als Zeichen eines neuen Selbstbewusstseins, nach dem Motto: Kleider machen Leute, Zähne machen Menschen“, so Dr. Wolowski. Diese Emotionalität könne allerdings auch in die andere Richtung umschlagen. Wer sich im Behandlungszeitraum in einer schwierigen Lebenssituation befände oder sich nicht ausreichend informiert oder beraten fühle, könne eine Versorgung mit diesem „unguten Gefühl“ in Verbindung bringen. Mögliche Folgen seien Beschwerden und mangelnde Akzeptanz des Zahnersatzes, auch wenn dieser nach „objektiven Kriterien“ und nach eingehender organischer Prüfung keine Probleme machen dürfe.

Einige Patienten würden den anhaltenden Schmerzreiz außerdem nutzen, um soziale Zuwendung von Freunden und Familie zu erlangen, und daher unterbewusst daran festhalten. „In diesem Fall ist es keine Lösung, die prothetische Versorgung wiederholt zu überarbeiten!“ Viel wichtiger sei es für den jeweiligen Zahnmediziner, „zwischen Befund und Befindlichkeit zu unterscheiden“, also den Ursachen auf den Grund zu gehen. Das bedeutet, organische Befunde auszuschließen, die zahnmedizinische Geschichte der Patienten zu rekonstruieren und bei der Lösung auch psychische und psycho-somatische Aspekte mit einzubeziehen.

„Sie lernten Organe und es kamen Menschen“ – mit dem Zitat des Schweizer Gesundheitsökonomen Gerhard Kocher wies Wolowski in ihrem Vortrag auch darauf hin, dass Studenten in der zahnmedizinischen Ausbildung noch intensiver über das Wechselspiel von Körper und Psyche informiert werden müssten. Darüber hinaus spiele die Aufklärung der Patienten eine entscheidende Rolle für den Erfolg einer zahnmedizinischen Therapie, so das Fazit von Dr. Wolowski.

Zahntechnische Arbeiten als eine Form der „Vorsorge“

#Finke#Wie wichtig es ist, dass beim Thema Zähne und Zahnersatz alle Beteiligten zusammenarbeiten, schilderte Zahntechnikermeister und cand. med. dent. Peter Finke aus Erlangen. Ob allergische Reaktionen auf Dentalmaterialien oder Beschwerden im Kiefer- und Kopfbereich, die zum Beispiel durch schlecht sitzenden Zahnersatz bedingt sein können: Optimale Resultate könnten letztlich nur erzielt werden, wenn sich Praxis und Dentallabor intensiv austauschten und den Patienten einbezögen.

Anhand von Fallbeispielen wie Implantaten mit Aufbau, Brückenkonstruktionen, herausnehmbaren oder implantatgetragenen Totalprothesen zeigte Finke unterschiedliche Materialien und Versorgungsformen und schilderte eindrucksvoll den Facettenreichtum und die Präzision der meisterlichen Handwerkskunst Zahntechnik. „Eine regelmäßige Prophylaxe trägt wesentlich dazu bei, die eigenen Zähne zu erhalten. Wichtig ist es außerdem, bei Zahnverlust den fehlenden Zahn sehr zügig zu ersetzen“, so Peter Finke. So ließe sich verhindern, dass sich Zähne verschöben oder Knochen im Kiefer abgebaut werde.

Zahnverlust und Aussprache: Der Körper kompensiert

#Dr_Weber#Wie wirkt sich der Verlust der Seitenzähne auf die Aussprache aus? In seiner Dissertationsarbeit „Zum Einfluss des Verlustes von Seitenzähnen auf die Sprachlautbildung“ war der Marburger Dr. med. dent. Daniel Weber dieser Frage nachgegangen. Er wurde dafür im Rahmen der Pressekonferenz vom Kuratorium perfekter Zahnersatz mit dem Dissertationspreis 2009 ausgezeichnet.

#Dissertationspreis#Weber hatte verschiedene Bezahnungsvarianten mit modifizierten Totalprothesen an zahnlosen Probanden untersucht. Die Ergebnisse zeigten, dass sich die Sprachlautbildung zumindest in der ersten Zeit nach dem Einsetzen der Testprothesen nur wenig relevant und reproduzierbar verändere, so Weber. Diese Resultate bewiesen die – zumindest vorübergehende – Kompensationsfähigkeit der menschlichen Artikulation. Da Zahnlücken jedoch immer zu Verschiebungen im sensiblen System von Zähnen, Zunge, Kiefer und Gaumen führen könnten, vermutet Dr. Weber, dass diese Kompensationsfähigkeit im Laufe der Zeit immer weiter abnehmen wird. Wie lange die Ausgleichsmechanismen funktionieren, wird daher Thema weiterführender Studien sein.

Prof. Lehmann zum Ehrenmitglied ernannt!

#Prof_Lehmann#Überrascht und sichtlich gerührt lauschte Prof. Dr. Klaus M. Lehmann den Worten von Zahntechnikermeister Hans-J. Borchard. Stellvertretend für den kurzfristig erkrankten Leiter des Wissenschaftlichen Beirates, Prof. Dr. Hans-Christoph Lauer, überreichte das Beiratsmitglied Prof. Dr. Lehmann die Ehrenurkunde. Im Namen des Kuratoriums perfekter Zahnersatz lobte Borchard den unermüdlichen Einsatz Prof. Lehmanns, der dem Beirat 20 Jahre als wissenschaftlicher Leiter vorgestanden und im Januar sein Amt an Prof. Lauer weitergegeben hatte. Als aktives Beiratsmitglied wird Prof. Lehmann dem KpZ treu bleiben.

„Gute Resonanz!“

Prof. Lehmann, der die Konferenz in bewährter souveräner Art leitete, zeigte sich mit dem Interesse an der Veranstaltung zufrieden und betonte, wie wichtig es sei, den ganzheitlichen Aspekt der Zahn- und Mundgesundheit in die Öffentlichkeit zu tragen: „Wir möchten Patienten wie Zahn- und Allgemeinärzte dafür sensibilisieren, bei Beschwerden auch mal um die Ecke zu denken und Ursachen in Betracht zu ziehen, die nicht unmittelbar auf der Hand liegen“, sagte Prof. Lehmann. Die Aufgaben würden immer komplexer; somit komme der Teamarbeit von (Zahn)-Medizinern und Dentallaboren vor Ort eine besondere Bedeutung zu.
SDL