Innovationssysmposium 2010



GABA Innovations-Symposium

15. 16. April, Berlin

Mittlerweile gute Tradition, hat GABA auch dieses Mal hochrangige Referenten gewinnen können – zu einem leicht vernachlässigten Thema, der „Dentin-Hyper-Sensibilität“, kurz DHS. Es sind sehr viele Menschen davon betroffen, Lars G Petersson nannte die Zahl von etwa 8 – 30 Prozent der Erwachsenen, und in Schweden parodontologisch behandelte Patienten zeigen in bis zu 80 Prozent diese unangenehme und die Lebensqualität spürbar beeinträchtigende Symptomatik, wobei Frauen signifikant häufiger davon betroffen sind als Männer. Ab dem Lebensalter 40 + nimmt die Hypersensibilität laut Prof. Petersson, Chefarzt der ZMK-Klinik Halmstad in Schweden dann wieder ab. Aber: trotzdem sind über 50 % der Patienten in der Praxis davon betroffen, und bis zu 98 % der PAR-Klientel, so Priv.Doz. Dr. Habil Christian Gernhardt von der Uniklinik Halle. Dass Frauen stärker betroffen sind als Männer wird von Lars Petersson mit der prinzipiell besseren Mundhygiene der weiblichen Patienten begründet. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, dass bei einem guten Arzt/Patienten-Verhältnis sogar bei DHS Placeboeffekte zu beobachten sind, wobei da spekuliert wird, dass die Patienten um ihren Zahnarzt zu schonen einfach die Schmerzen nicht mehr melden. Ein weiteres Phänomen, das in den Praxen zu Konsequenzen führen sollte ist, dass Patienten mit 65+ in über 40 % freiliegende Wurzeloberflächen aufweisen. Und: nach Bleaching wird generell eine erhöhte Sensibilität verzeichnet – als Grund wird angegeben, dass Peroxid (wirksamer Bestandteil der Bleaching-Präparate) in chemosensitive Ionenkanäle eindringe.

Durch DHS wird der Putzeifer zumindest etwas gedämpft, was dann in Folge davon zum vermehrten Auftreten von Karies führt – Gernhardt bezeichnet dies als Kariespeak, analog der Karieshäufigkeit bei Kindern und Jugendlichen, während im Erwachsenenalter bei unserer Bevölkerung relativ wenig kariöse Erkrankungen diagnostiziert werden. Deshalb muss gelten: Prävention ist die beste The rapie! Die Folgen der Defekte mit DHS sind sonst doch zu problematisch – und vergessen wir nicht, bei einer Paro-Morbidität von gut zwei Drittel der Bevölkerung, davon die Hälfte (also insgesamt etwa ein Drittel) mit dringender Behandlungsbedürftigkeit und dann bis zu 98 Prozent DHS, das betrifft einen Großteil unserer Patienten. Können bzw. müssen wir DHS diagnostizieren, dann sollten wir uns an das Therapieschema der WHO von 1992 halten, das ein dreistufiges Vorgehen vorsieht. Wir unterscheiden dabei grundsätzlich ein non-invasives Vorgehen (OTC-Produkte für die häusliche Anwendung, wie Mundspülungen, spezielle Zahncremes, etc., sowie in-office bzw. Praxisprodukte, wie Dentinversiegler). Beispiel in-office Präparat Gluma: das Produkt hat eine nachgewiesen gute Wirksamkeit, wobei das Gemisch aus HEMA (zur besseren Diffusion in die Dentinkanälchen) und Glutaraldehyd (das koaguliert das im Dentinliquor vorhandene Eiweiß und verschließt so die Dentritenausgänge) – leider – öfters angewendet werden muss. Der DHS-Patient wird zum Dauerkunden in der Praxis. Andere Präparate, wie Seal & Protect, bilden einen Oberflächenfilm, wirken aber auch nur in bis zu 70 Prozent der Fälle. Am besten scheint der Laser – die Wirksamkeit wird in der Literatur als gut angegeben, und die Erfolgsrate ist immerhin 95 Prozent; ernüchternd ist dabei lediglich der hohe Preis, der einen kostendeckenden Einsatz auch in der Privatpraxis illusorisch erscheinen lässt. Neue Entwicklungen, auch im Labor von Gernhardt selbst, auf Basis ionischer Liquids (Strontium, Kalium, Aluminium etc.) sollen in 80 Prozent eine Verbesserung bewirken, auch in Kombination mit Fluoriden.

Welches Ausmaß die DHS bei uns angenommen hat belegen die Zahlen – aber, was das für die Betroffenen bedeutet, darauf hat PD Dr. Christian Hirsch, Leipzig, eindringlich hingewiesen. Patienten haben ja – anders als der Zahnarzt – eine durchaus subjektive Sicht der Dinge. Und dabei kommt ein Parameter, der bisher kaum Beachtung gefunden hat, zum Tragen, ein Meßkriterium der „OHRQOL“ – oral health related quality of life – oder wie Hirsch es eingedeutscht hat, die mundbezogene Lebensqualität, kurz MLQ. Eine eingeschränkte Lebensqualität, trotz möglicherweise „objektiv“ nicht therapiebedürftiger Befunde, hat für die Betroffenen Auswirkungen in psychischer und sozialer Hinsicht. Die WHO hat seit Jahren in vielen Ländern solche Untersuchungen hinsichtlich gesundheitsbezogener Lebensqualität durchgeführt und es wurden normierte Testformulere dafür entwickelt und bereitgestellt. Dabei wird allgemein Lebensqualität abgefragt, dann etwas spezieller die gesundheitsbezogene und schließlich die mundgesundheitsbezogene Qualität, wobei man hier ganz gezielt abfragt, wie weit die empfundene Einschränkung sich auf die täglichen Verrichtungen und die Befindlichkeit auswirkt. Die OHIP-G wurde von John 2002 als deutschsprachige Version eingeführt. Bei den ersten größeren Studien hat sich als eines der größten Probleme die DHS herausgestellt. Neben der Halithosis, also dem Mundgeruch, wird dies als besonders belastend empfunden.

Kann man mit den nicht-invasiven Methoden dauerhaft keine Besserung bewirken muss man Stufe drei des WHO Schemas anwenden – dies als ultima ratio. Denn, das invasive Vorgehen ist immer gleichbedeutend auch mit Zerstörung: als Methoden sind die Füllung (wegen der delikaten Anatomie muss präpariert werden), die PAR-Therapie (die dann noch mehr Sensibilität nach sich zieht!), und letztlich wohl fast unvermeidbar die endodontische Therapie genannt.

GABA hat nun einen neuen Weg der Therapie der DHS beschritten. Dipl.-Biochem. Bärbel keine, Director Scientific Affairs GABA International, hat in Berlin erstmals das neue System vorgestellt: hier wird Arginin, eine natürlich vorkommende Aminosäure, kombiniert mit Kalzium-Ionen. Das Präparat ist FDA-approved, also in USA zugelassen (hier merkt man, dass GABA inzwischen unter den Fittichen von Colgate agiert) und soll, so die ersten Studienergebnisse, mindestens für 28 Tage die Sensibilität spürbar verringern. Die Wirkstoffkombination aus der natürlichen, im Speichel vorkommenden, Aminosäure Arginin sowie Kalziumkarbonat dringt bereits bei einmaliger Anwendung in die Dentintubuli ein und verschließt diese, was mit einer sofortigen und deutlichen Linderung der Symptome einhergeht. Eine klinische Studie von Schiff et al. in San Francisco belegt, dass das Produkt im Vergleich zu einer herkömmlichen Polierpaste eine statistisch signifikante Verbesserung der DHS-Symptomatik zur Folge hat. Der Vorteil: das Produkt wird in der Praxis zum Abschluss der PZR eingesetzt – eine Politur ist ja stets erforderlich – und wirkt dabei deutlich besser als die bisher üblichen Polierpasten auf Fluoridierungsbasis. Gernhardt stellte dazu erste Studienergebnisse vor. In 100 Prozent der Fälle bei Anwendung der neuen Polierpaste post PZR wurde keine DHS mehr festgestellt. Interessant für die Praxis dürfte sein, dass eine Anwendung ohne PZR oder vor Beginn der Zahnreinigung nur zu etwa 50 Prozent von Erfolg gekrönt ist. Und anders als mit Fluoriden wird die Adhäsionsfähigkeit des Zahnhartmaterials nicht negativ beeinflusst.

Dem steht, das darf man nicht verschweigen, der relativ hohe Preis von cá 1 € pro Anwendung sowie die nur kurze Wirkdauer (28 Tage sind nun mal nicht viel) als Nachteil entgegen. Hie r ist noch etwas Forschungsarbeit nötig – z.B. ist die Frage zu klären, ob ein nachträglicher Auftrag von Fluorid nicht eventuell die Langzeitwirkung verbessern könnte. Wenn Kalzium-Präzipitat, das sich in die Dentinkanälchen einlagert, durch Umwandlung in Fluorid besser fixierbar wäre, würde dies sicherlich länger den Komfort für die Patienten verbessern können.