Hygiene in der Praxis

Einleitung

Die Ebola-Epidemie hat gezeigt, dass Hygiene nach wie vor unverzichtbar ist. Es scheint wohl unmöglich Pharmaka gegen alle nur denkbaren Krankheiten zu entwickeln und vorzuhalten, und eine Rückbesinnung an altbewährte Regeln zur Infektionskontrolle ist wohl unverzichtbar.

Die Hygieneregeln sind im Grunde schon recht alt und gehen primär auf Robert Koch zurück, der beobachtete, dass es zur Krankheitsentstehung (bei Infekten) Mikroorganismen bedarf. Wenn also die Übertragung dieser Krankheitserreger unterbunden wird kann auch die Krankheit nicht weitergegeben werden, so der logische Schluss.

Nun bedeutet solche Infektionskontrolle, wollte man sie im täglichen Leben umsetzen, eine radikale Veränderung sozialer Verhaltensweisen. Es müsste ja jeglicher ungeschützte Kontakt mit den Mitmenschen unterbunden werden, z.B. indem man grundsätzlich nur noch mit Handschuhen und Mundschutz durch die Welt geht – es gibt Gesellschaften, in denen dies ganz unproblematisch bereits heute üblich ist, z.B. Japan. Da finden wir praktisch niemanden der ohne Handschuhe U-Bahn fährt. Das „Händeschütteln“ findet auch nicht statt, man verbeugt sich. Allerdings ist es auch einfach in dem asiatischen Land solches Verhalten zu zeigen, weil man es dort schon seit Jahrhunderten so hält. In Europa wäre das ein Affront – man zieht sogar die Handschuhe aus (sofern an welche anhat) um dem Anderen die Hand geben zu können.

Ähnlich verhält es sich im Restaurant oder dem häuslichen essen. Undenkbar dass man sein eigenes Besteck mitbringt ins Lokal – In Japan ist es nicht unüblich die eigenen Essstäbchen mitzubringen, zumindest jedoch erhält jeder Gast original verpackte Chopsticks, die dann in mit serviertem kochend heißem Wasser vor Gebrauch nochmals gereinigt werden. Ebenfalls unüblich in Europa ist die asiatische Sitte, grundsätzlich die Hände vor dem essen zu reinigen, das öffentlich und ohne falsche Hintergedanken. Eine öffentliche Reinigungszeremonie finden wir ja nicht einmal bei Köchen, die im Fernsehen auftreten. Da wird auch gerne mit dem Verkosterlöffel wieder in das Essen hineingefasst – wir lieben es eben die Keime möglichst uneingeschränkt zu verbreiten.

So lässt sich dann auch erklären dass es immer wieder zu Masseninfektionen kommt, oftmals nachweislich von Restaurants ausgehend.

Nun darf man diese Verhaltensweisen nicht in den ärztlichen Bereich übernehmen, das verbietet das ärztliche Ethos. Als Arzt muss man um die Regeln der Infektionsverhütung wissen, das hat man im Studium gelernt. Nur hat man es eben bei uns schwerer das ins Unterbewusstsein einzuprogrammieren –es widerspricht dem normalen Sozialverhalten. Deshalb ist wohl notwendig, strenge Regeln aufzustellen und präzise einzuhalten, anders würde das wohl kaum funktionieren können.

Trotz immer ausgefeilterer Hygienepläne wird jedoch immer wieder über Fälle von Infektionen als Nebenprodukt ärztlichen Handelns berichtet. In Kliniken mussten ganze Hygieneabteilungen vorübergehend geschlossen werden, weil es da nicht funktionierte. Und die berühmt-berüchtigten „Hospitalkeime“ sind ja auch vermutlich durch Hygienemängel entstanden – bei Infektionen bei einer OP (sollte ja eigentlich gar nicht möglich sein!) werden Antibiotika gegeben, was letztlich diese Waffe im Kampf gegen Bakterien entwertet hat, es gibt die „Multiresistenten Keime“, gehäuft in Krankenhäusern zu finden sind.

Also ist die strenge Einhaltung von Hygieneregeln im ärztlichen Bereich unverzichtbar, getreu dem Motto „Nihil nocere“, für Nichtlateiner, der Arzt soll helfen und heilen, nicht jedoch zusätzlichen Schaden setzen.

Zur Wiederaufbereitung des Instrumentariums gibt es Literatur zuhauf, auch zur Flächendesinfektion. Jedoch hat der Zahnarzt –im Gegensatz zu seinen Kollegen aus der Allgemeinmedizin – spezielle Hygieneprobleme. Wie in der Knochenchirurgie setzt der Zahnarzt rotierende Instrumente ein, die  gekühlt werden müssen. Anders jedoch als die Kollegen kann er nicht prinzipiell mit sterilen Kühllösungen arbeiten, er muss „normales“ Wasser einsetzen. Und, die Instrumente werden wesentlich häufiger eingesetzt, noch dazu in einer Region, die von Keimen nur so wimmelt, nämlich der  Mundhöhle.

Hier haben wir ein Problemfeld, das –leider – trotz aller Bemühungen nach wie vor besteht. Die Übertragungsinstrumente müssten gemäß Hygieneplan nach jedem Patientenwechsel einem Sterilisationsvorgang unterworfen werden – dies wird jedoch in kaum einer Praxis wirklich befolgt. Dafür gibt es Gründe, primär wirtschaftlicher Art. Der Zahnarzt geht jedoch das Risiko ein, Krankheitserreger von einem Patienten auf den anderen zu übertragen. Da es bei der Tätigkeit häufig zu Verletzungen der Weichgewebe kommt (Beispiel Gingiva) können Keime auch unmittelbar in den Blutkreislauf geraten. Schon eine simple Zahnreinigung geht mit einer messbaren Bakteriämie einher.

Hier besteht noch deutlicher Verbesserungsbedarf.

Es genügt nicht, Übertragungsinstrumente mit Rückschlagventil (da wird verhindert, dass keimbeladene Kühlflüssigkeit zurückgesaugt werden kann) einzusetzen und damit Keimfreiheit anzunehmen. Es genügt auch nicht, die Absaugsysteme nach automatischer Desinfektion von Maschinenseite für Keimfrei zu halten. Es muss auch in regelmäßigen, im QM-Handbuch festgelegten, Zeiträumen eine Überprüfung stattfinden.

Jedoch bleibt bei dieser Betrachtung bislang unberücksichtigt, eine wesentliche Keimquelle näher in Augenschein zu nehmen, nämlich das Wasser, das unverzichtbar für die Kühlung ist, dies auch für die Ultraschallinstrumente bei der Prophylaxe.

Problemfeld Wasser

Der Zahnarzt als Betreiber einer öffentlichen Gesundheitseinrichtung ist strikten Regeln unterworfen; als Organ der öffentlichen Gesundheitsversorgung hat er sich laufend fortzubilden und alle relevanten neuen Erkenntnisse in seinen Arbeitsablauf zu integrieren. Insbesondere ist er verpflichtet alle Gesetze und Verordnungen zu beachten, die sein Tätigkeitsfeld betreffen. Dazu gehört seit 2012 auch die Trinkwasserverordnung, die die Wasserqualität des Trinkwassers allgemein und insbesondere hinsichtlich möglicherweise enthaltener Keime regelt:

Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch(Trinkwasserverordnung -TrinkwV 2001), Ausfertigungsdatum: 21.05.2001 „Trinkwasserverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. August 2013 (BGBl. I S. 2977), die durch Artikel 4 Absatz 22 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) geändert worden ist“, neugefasst durch Bek. v. 2.8.2013 I 2977, geändert durch Art. 4 Abs. 22 G v. 7.8.2013 I 3154. Diese Verordnung dient der Umsetzung der Richtlinie 98/83/EG des Rates über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch vom 3. November 1998 (ABl. EG Nr. L 330 S. 32).

Diese Verordnung enthält auch Vorgaben für die regelmäßige Kontrolle der Wasserqualität, Grenzwerte, Angaben dazu, wer verpflichtet ist, die Kontrollen zu veranlassen, usw.

Jedenfalls genügt es nicht, den irgendwann einmal verbauten Wasser Filter dann auszuwechseln, wenn kein Wasser mehr fließt,  und es genügt ebenso nicht, sich darauf als einzigem Schutzwall zu verlassen.

So ein Filter dient zur Zurückhaltung relativ grober Verunreinigungen, bildet jedoch selbst eine Quelle möglicher Kontamination. Die großen Oberflächen innerhalb eines Filters deinen Bakterien und anderen Mikroorganismen als willkommene Basis zur Ausbildung von Biofilmen. Insbesondere nach längeren Pausen (z.B. Urlaub) könnte daraus eine erhöhte Keimbelastung resultieren.

Auch wenn in Deutschland die Trinkwasserqualität einen im internationalen Vergleich extrem hohen Standard aufweist sind Keime im zugeführten Trinkwasser unvermeidlich – wie schon im antiken Rom wird die Keimzahl durch permanenten Durchfluss limitiert. Eine Vermehrung der Keime ist jedoch überall dort möglich und wahrscheinlich, wo es „stehendes Gewässer“ gibt, also in Blindrohren, in unbewohnten Wohnungen und Häusern, usw.

Da bekanntlich die Temperatur bei der Keimvermehrung eine wesentliche Rolle spielt findet sich in Warmwasserleitungen regelmäßig eine höhere Belastung als in Kaltwasserleitungen.

Dies ist wichtig für die Risikoabschätzung bei Dentaleinheiten. Durch meist notwendige Temperierung des zugeführten Wassers im Behandlungsgerät sowie längere Stagnationszeiten können sich Erreger-Konzentrationen von > 100.000/ml zu einem stabilen Biofilm entwickeln, der alle inneren Oberflächen bedeckt. Besonders riskant sind dabei die Keime Pseudomonas aeruginosa und Legionellen. Abhängig von Standzeit und Temperatur nimmt die Vermehrungsgeschwindigkeit  dieser Keime massiv zu. Die deutsche Trinkwasserverordnung  verpflichtet Praxis- beziehungsweise Klinikbetreiber, mikrobiologische Untersuchungen zumindest ein Malpro Jahr zu veranlassen und ggflls. chemische oder chemothermische Dekontaminationsmaßnahmen ausführen zu lassen.

Weitere gesetzliche Regelungen die die Zahnarztpraxis diesbezüglich betreffen:

– Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am Robert Koch-Institut: Infektionsprävention in der Zahnheilkunde. Anforderungen an die Zahnarztpraxis. Bundesgesundheitsbl 2006;49:375-394 www.RKI.de

– Bundesrepublik Deutschland: Medizinproduktegesetz (MPG) zuletzt geändert am 24. Juli 2010. Bundesgesetzbl 2010 I:983

– Bundesrepublik Deutschland: Verordnung über Medizinprodukte (MPV), Bundesgesetzbl 1010 I:555-

– Bundesrepublik Deutschland: Verordnung über das Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten (MPBetreibV). Bundesgesundheitsbl 2009 I:2338

– Bundesrepublik Deutschland: Verordnung über die Erfassung; Bewertung und Abwehr von Risiken bei Medizinprodukten (MPSV). Bundesgesetzbl 2010 I: 560

– Deutsches Institut für Normung: DIN EN ISO 14971:2010 Risikomanagement bei Medizinprodukten

– Deutscher Arbeitskreis für die Hygiene in der Zahnmedizin: DAHZ-Hygieneleitfaden.

– BZÄK/DAHZ: Hygiene-Rahmenplan. www.bzaek.de

– Bundesrepublik Deutschland: Infektionsschutzgesetz (IfSchG) vom  August 2011

– Deutsches Institut für Normung: DIN EN ISO 7494-2:2001 Zahnärztliche Behandlungsgeräte. Luft- und Wasserversorgungssysteme

– Deutsches Institut für Normung; DIN EN ISO 7494-1:2005 Zahnärztliche Behandlungsgeräte. Allgemeine Anforderungen und Prüfverfahren

Kühlwasser bei OPs

In einer 2008 publizierten Multicenterstudie zur Durchführung ausgewählter Hygienemaßnahmen in 331 Zahnarztpraxen in Berlin, Greifswald und Magdeburg wurde festgestellt, dass in 272 dieser Praxen das Kühlwasser auch bei operativen Maßnahmen aus dem Leitungsnetz entnommen wurde (Kimmel, 2012). Im Studienbericht wurde dies wegen des Kontaminationsrisikos nicht für vertretbar gehalten und die Anwendung von sterilem Kühlwasser gefordert.

Die Risikoabschätzung bei ambulanten Operationen darf die Qualität der Kühlflüssigkeit nicht vergessen. Sicher wäre der Einsatz steriler Lösungen, u.U., sterile Kochsalzlösung, was auch noch einen positiven Einfluss auf die spätere Wundheilung hätte.

Fazit:

Zu den zu beachtenden Infektionsrisiken ausgehend von Patienten darf das Risiko Kühlwasser nicht unbeachtet bleiben. Die regelmäßige Kontrolle ist obligat, insbesondere nach das Risiko vergrößernden Ereignissen (Urlaub etc.), wobei bei Praxen, die nicht im Einzelhaus gelegen sind, auch z.B. nach Wasserabschaltungen (bei Tätigkeit von Installateuren, Wasserversorger, usw,) treten erhöhte Risiken auf, denen entsprechend zu begegnen ist.

Eine Minimierung der Risiken kann dadurch erreicht werden, dass außer einem normalen Filter auch eine Anlage zur Keimreduktion verbaut wird (z.B. Ozinisierung, metallische Ionisierung, chemische Behandlung). Und, in Gebieten mit hoher Kalklast im Wasser sollte auch an eine Anlage zur Mineralienreduktion gedacht werden (z.B. Umkehrosmose)

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