Feiern in Bayern die 5. Jahreszeit
Jetzt beginnt sie wieder, die 5. Jahreszeit in Bayern. Wie? 5. Jahreszeit? Jawohl die gibt es. Nach dem Winter und dem nach altem Brauchtum zelebrierten Winterende – Fastnacht, Karneval, etc. – hat ja die Fastenzeit begonnen. Und weil das Fasten in netter Gesellschaft am schönsten ist, hat man in Bayern die Fastenzeit katholisch barock umfunktioniert. Nach dem Aschermittwoch mit den großen Politikerauftritten („politischer Aschermittwoch“) zu deren Selbstdarstellung, wo das Parteivolk aller Couleur den Führern zujubeln darf, sollte ja eigentlich eine Zeit der Besinnung, eben die Fastenzeit, beginnen. So weit so gut. Nun war im tief katholischen Bayern Fasten wirklich Pflicht – nur, man war auch findig. So war es ja von der Kirche nicht verboten, während des Fastens Flüssigkeit zu sich zu nehmen, lediglich feste Nahrung sollte gemieden werden. Nun haben findige Mönche (!) diese Regelung so ausgelegt, dass ja egal sei, welche Art von Flüssigkeit man trinke, und sie erfanden das Starkbier. Starkbier unterscheidet sich von „normalem“ Bier dadurch, dass es einen deutlich höheren gehalt an Stammwürze enthält. Stammwürze, das ist sozusagen die Ursuppe, aus der durch #nockherberg2#Zugabe von Wasser das Bier entsteht. Exportbier, die am meisten getrunkene Biersorte, enthält ebenso wie Pils etwa 14 % Stammwürze, will heißen, der Stammwürze (also dem Konzentrat aus Malz, Hefe und Hopfen, werden 86 % Wasser zugegeben. Das Starkbier hingegen enthält 25 bis 28 % Stammwürze – in nordischen Ländern heißt das „Bockbier“, im Süden der Republik ehrlicher „Starkbier“, weil es eben „stark“ ist, mit einem entsprechend höheren Alkoholgehalt (zur Starkbierzeit verlieren reichlich viele Fastengäste den Führerschein).
Kaum eine Woche nach Ende des Fasching öffnen bereits die Bierburgen Münchens ihre Tore und laden zum Starkbier ein. Und der Höhepunkt ist dann immer der Beginn der Strakbiersaison am „Nockherberg“, der Gaststätte der Paulanerbrauerei, mit dem berühmt-berüchtigten „Politikersderblecken“, frei übersetzt etwa „Politikerveralberung“. Der „Bruder Barnabass“, ein in langer Auslese gesuchter Vortragender, das kann ebenso ein Schauspieler wie ein Kabarettist sein, Vorurteile hat man nicht, so hat auch schon „Django Azül“, ein bayerischer Türke, diese Rolle inne gehabt, Hauptsache, „die da oben“ kriegen ordentlich ihr Fett weg. Dieses Mal wird’s wohl besonders heftig, hat doch die erfolgsverwöhnte CSU in der letzten Wahl eine katastrophale Niederlage einstecken müssen. Das hat dazu geführt, dass derzeit zu allen Gesetzesvorlagen des Bundes ein heftiges „Nein“ aus Bayern kommt, weil man so wieder an Boden gewinnen zu können meint.
Und nach dieser geschlossenen Veranstaltung (da sind die Bonzen unter sich) darf auch das gemeine Volk die Hallen stürmen und feiern, mit Strakbier aus echten Steinzeugkrügen (sog. Keferlohern), mit Musik und deftigen Speisen (in der Fastenzeit nimmt man gewöhnlich einige Pfunde zu), auch das in bester mönchischer Tradition, haben die doch, nachdem z.B. der Verzehr von Fleisch am Freitag verboten war, der von Fisch jedoch erlaubt, in besonderer Logik die Gans zum Wassertier erklärt und zum verspeisen auch am Freitag freigegeben.
Also, wen es interessiert: auf zur 5. Jahreszeit (www.nockherberg.de)
g.h.