Caries profunda Therapie – Antibakterielle Intervention nützt!
Tiefe kariöse Läsionen sind immer problematisch zu behandeln. Versucht man, alles kariöse Material zu excavieren, eröffnet man meist die Pulpa – und das endet fast immer mit einer endodontischen Therapie. Grund dafür ist die Verschleppung von Keimen aus dem erweichten Dentin in die vitale Pulpa, deren Infektion die unausweichliche Folge ist.
Man kann auch die klassische Variante der Caries profunda Therapie anwenden: nach weitgehender Entfernung infizierten Materials wird Kalziumhydroxid aufgebracht und provisorisch verschlossen. Nach einer Wartezeit (etwa 6 Monate) wird erneut excaviert – durch das inzwischen angelagerte Reizdentin ist das Pulpakavum besser geschützt – idealer weise mit einem Kariesdetektor und der Defekt definitiv versorgt.
In vielen Fällen kann man damit die Vitalität des betreffenden Zahnes dauerhaft erhalten.
Eine Alternative dazu findet sich in einer neuen Veröffentlichung von Noack et al*, Köln. In einer vergleichenden Studie wurde hier im in vivo Versuch mit Chlorhexidin-Lack sowie Ledermix Paste behandelt. Ziel der Untersuchung war es, die therapeutische Potenz dieser Substanzen bei der Behandlung der profunden Karies näher zu untersuchen. Gelänge es, die bakterielle Flora dadurch zu eliminieren, so wäre damit eine Möglichkeit eröffnet, weniger exzessiv zu excavieren und so die Pulpa zu schonen.
Das CHX Präparat enthielt 1 Prozent Chlorhexidin-di-gluconat sowie 1 Prozent Thymol, Ledermix Paste besteht aus Demeclocyclin und Triamcinolonacetonid.
Die medikamentösen Einlagen über der vitalen Pulpa wurden mit Guttapercha abgedeckt und anschließend die Kavität mit Dyract AP provisorisch verschlossen.
Das Ergebnis ist aufschlussreich: während die Zähne, die Ledermix als Einlage erhalten hatten, nach 6 Wochen eine signifikante Reduktion der Bakterienzahl zeigten, blieb die Bakterienbesiedelung sowohl in der Kontrollgruppe als auch in der CHX-Gruppe mengenmäßig konstant. Differenziert nach einzelnen Spezies fanden die Forscher bei CHX und Ledermix eine Abnahme der Laktobazillen (im Vergleich gegenüber der unbehandelten Kontrollgruppe).
Eine vollständige Eliminierung der anaeroben Keime wurde im Beobachtungszeitraum von 6 Wochen allerdings in keinem Fall beobachtet.
Interessant ist, dass CHX zwar auch eine Reduktion der Laktobazillen, insbesondere des untersuchten L. rhamnosus, bewirkte, die antibiotika-haltige Ledermix Paste jedoch eine bakterienreduzierende Wirkung über das ganze Keimspektrum entfaltete.
Daraus schloss die Forschergruppe, dass der Einsatz von Antibiotika eine sinnvolle Alternative bei der Therapie der tiefen Karies sein könnte – allerdings, so der Schluss, sollten Studien mit einem längeren Beobachtungszeitraum als nur 6 Wochen absolviert werden.
Mit dieser Untersuchung bestätigen die Kölner Forscher die schon seit Jahrzehnten ausgesprochene Empfehlung, bei tiefer Karies Ledermix als effektives Mittel einzusetzen. Neben der antibakteriellen Wirkung, die hier erneut gezeigt werden konnte, kann das enthaltene Corticoid nämlich auch ganz rasch dem typischen Schmerz der eine Caries profunda praktisch immer begleitenden Pulpitis entgegenwirken.
Die häufig geäußerten Bedenken, das Corticoid behindere die Regeneration der Pulpa und könne so zum Untergang der vitalen Pulpa führen, konnten in der vorliegenden Studie nicht bestätigt werden. Es finden sich in der Publikation keinerlei Bemerkungen dahingehend, dass ein Zahn nach den 6 Wochen Beobachtungszeitraum devital geworden sei. Dies deckt sich im Übrigen auch mit den Beobachtungen der Praktiker, die Ledermix bei der Caries profunda Therapie einsetzen. Nach einer ebenfalls relativ neuen Veröffentlichung von Briseno et al**, Mainz (eine Auswertung einer Befragung in Praxen, die Ledermix einsetzen), stellen die befragten Praktiker auch nach einem Jahr Beobachtung keine auffällig hohen Raten an devitalen Zähnen fest – es ist eher das Gegenteil der Fall, der Einsatz von Ledermix an Zähnen mit akuter Pulpitis dürfte, so kann man die Zahlen interpretieren, häufig die Vitalität der behandelten Zähne erhalten haben, die ansonsten wohl einer endodontischen Therapie hätten zugeführt werden müssen.
Damit bestätigen auch neuere Arbeiten, dass Andre Schroeder, der Entwickler dieses Präparates, schon vor mehr als 30 Jahren den richtigen Weg gegangen ist …
*Wicht, Noack et al., „Suppression of Caries-Related Microorganisms in Dentine Lesions after Short-Term Chlorhexidine or Antibiotic Treatment”. Caries Res. 249, 2004
**Briseno et al., „Ledermix. Ergebnisse einer Praxisumfrage, ZWR
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