Prüfungs“prophylaxe“

In die Dokumentation muss viel mehr rein als üblich!

Wer als Zahnarzt seine Aufgabe aus dem Sicherstellungsauftrag ernst nimmt kommt fast zwangsläufig in die Situation dass die Praxis einer Wirtschaftlichkeitsprüfung unterzogen wird. Diese ist eigentlich nur dann vermeidbar, wenn die Praxis nur „gute Risiken“ als Patienten hat. Da kommt dann zweierlei zum Tragen: die Patienten sind insgesamt gesünder (daher „gute Risiken“), und sie können relativ leicht davon überzeugt werden außer-vertragliche Leistungen in Anspruch zu nehmen. Deutliches Indiz dafür ist die immer weiter sinkende abgerechnete Punktzahl je Fall, der „Landesdurchschnitt“. Innerhalb der letzten Jahre hat sich dieser Durchschnittswert glatt halbiert. Gleichzeitig steigt seit Jahren der Anteil der Praxiseinnahmen, die nicht über die KZV vereinnahmt werden. kann Jeder im KZBV Jahrbuch nachlesen.

So. Nur, was macht der Zahnarzt, der seine Praxis in einem sozialen Brennpunkt lokalisiert hat? Alle wissenschaftlichen Arbeiten zum Thema weisen einen weit überdurchschnittlichen Therapiebedarf bei sozial Schwachen sowie Migranten aus. Wenn eine solche Praxis mit den Maßstäben einer Durchschnittspraxis gemessen wird so fällt sie wegen grober Unwirtschaftlichkeit sofort auf. Und dann kommt die Prüfroutine: die Praxis muss sich erklären. Zugelassen sind zwei Kriterien: die Praxisbesonderheit und als zweites kompensatorische Einsparungen. Kompensatorische Einsparungen müssen, das hat die Erfahrung gezeigt, im Bereich der Kategorie Kons/Chir gegeben sein. Damit fällt ZE aus – auch wenn sehr viel Füllungen zur Vermeidung von Zahnersatz gemacht werden, gilt dies nicht.

Es bleibt also nur die „Praxisbesonderheit“. Diese muss plausibel dargelegt werden, vor allem darf sie nicht im Interesse des Zahnarzts liegen, sondern muss durch die Patienten bedingt sein. Sicher, eine ZE-starke Praxis kann die Aufbaufüllungen auf die Praxisbesonderheit zurückführen, aber, mehr ist nicht herauszuholen. Vorlieben des Zahnarztes finden nur sehr bedingt Berücksichtigung, z.B. kann man Schwerpunkt „Endo“ oder „PAR“ angeben, jedoch mit der Einschränkung, dass dann kompensatorische Einsparungen auf anderen Feldern der Kons aufzufinden sein müssen.

Die Prüfungen werden auch verstärkt auf logische Zusammenhänge ausgeweitet, und die Dokumentation wird besonders unter die Lupe genommen.

Nach den Erfahrungen aus Hunderten von Prüfverfahren hat sich ein Weg als aussichtsreich herausgestellt: der Verweis auf eine besondere Patientenstruktur. Nun gibt es nur wenige KZV-Bezirke, die Daten haben zur Bevölkerungsstruktur. Und echte Daten zur Struktur der Praxisklientel, die hat außer der Praxis selbst niemand.

Nun empfiehlt es sich deshalb bei der Patientenaufnahme bzw. Anamnese Kriterien zu erfassen, die im Prüfverfahren hilfreich sind – sinnhaft ist alles was eine Analogie zur Chronizitätsregelung des SGB V zulässt. Z.B. kann man spezielle Grunderkrankungen dokumentieren – Diabetes z.B. lässt verstärkte Aktivitäten in Prophylaxe bzw. PAR zu. Nur, da muss entsprechendes Zahlenmaterial aufbereitet werden (Statistik!), und natürlich als wichtigste Voraussetzung, diese Angaben müssen erst einmal erfasst und eingetragen werden. Dazu ist dann die Erfassung des Sozialstatus sowie des Migrantenstatus von Wichtigkeit, beides sind Parameter, die eine Begründung für überdurchschnittliche Behandlungstätigkeit pro Fall ermöglichen. Ohne eine Dokumentation kann man so etwas nicht beweisen, was dann zur Ablehnung durch die Prüfstelle führt und die Praxis auf den Kürzungen sitzen bleibt. Damit hat dann der sozial engagierte Zahnarzt ein echtes Problem: nicht nur dass bei solchem Patientengut kaum nennenswerte Geldzuflüsse aus außer-vertraglichen Leistungen zu erwarten sind, das karge Kassenhonorar wird dann noch zusätzlich rückwirkend gekürzt. Damit erreicht die Regierung dass solche Patienten immer schwerer einen (Zahn)Arzt finden, was die längerfristigen Kosten treibt. Auf die Politik haben wir keinen Einfluss, jedoch das Prüfverfahren können wir beeinflussen. Dabei muss insbesondere bedacht werden, dass in späteren möglichen Verfahren vor ordentlichen Gerichten nur Gesichtspunkte Berücksichtigung finden, die bereits im Prüfverfahren eingebracht wurden, später kann man da nichts mehr korrigieren.

Nun ist es – dies wurde vorab dargelegt – schwierig ohne Bezugspunkt zur Dokumentation einfach Behauptungen aufzustellen. Deshalb der dringende Rat: bitte, dokumentieren Sie in einer Art Prüfungsprophylaxe Sozialstatus sowie Migrantenstatus, auch im Sinne Ihrer Patienten. Denn, wenn Sie kein Honorar für Ihre Arbeit bekommen, können sie den sozial Schwachen auch nicht helfen…

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