Prophylaxeerfolge nehmen ab

Prophylaxe:

Prophylaxeerfolge oder Trendumkehr?

Einleitung

Die Milchzahn-Karies hat in den vergangenen Jahren wieder zugenommen, leider. Zwischen zehn und 15 Prozent der Kleinkinder leiden in Deutschland an frühkindlicher Milchzahnkaries. Regional sind dabei deutliche Unterschiede festzustellen. Während z.B. in Bayern die Situation noch gut ist, waren beispielsweise in Brandenburg 12,7 Prozent betroffen, in Hessen 11,4 und in Schleswig-Holstein 7,5 Prozent (Süddeutsche Zeitung v. 7. Februar 2014).

Vor allem jedoch sind an den Gebissen der Kleinkinder der Status und der Bildungsgrad der Eltern ablesbar. „Zwei Prozent der Kinder vereinen 52 Prozent des Kariesbefalls auf sich“, so die Zahnarzt-Organisationen. Die Eltern dieser Kinder seien oft jünger als 20 Jahre und hätten einen niedrigeren Sozialstatus als Eltern nicht erkrankter Kinder. Viele der betroffenen Jungen und Mädchen stammten aus Familien mit Migrationshintergrund.

Es ist seit Jahrzehnten bekannt, dass es Zusammenhänge zwischen Sozialstatus, Bildung und Armut gibt, und ebenso, dass auch die Gesundheit in hohem Maße mit dem Sozial Status korreliert. Erstmals wurde dies von Pieper (Marburg) publiziert, andere Autoren haben das immer wieder bestätigt (z.B. Kocher, Greifswald). Leider hat das bisher keine Folgen gehabt – man wurde als „brauner Zahnarzt“ verunglimpft, wenn man die bekannten Fakten publiziert hat. Dabei nützt es doch nichts vor Fakten die Augen einfach zu verschließen, man sollte eher die Tatsachen zur Kenntnis nehmen und versuchen an der Situation etwas zu ändern.

Neuerdings kommt jetzt noch eine Hochrisikogruppe auf die Praxen zu: das „Nursing Bottle Syndrome“ findet man nach Angaben damit befasster Wissenschaftler (z.B. Jablonski-Momeni, Marburg) neben den o.a. Subpopulationen vermehrt jetzt auch bei Kindern esoterisch angehauchter Eltern aus besseren Schichten, die in Verkennung der Realität meinen, Honig sei ungefährlich oder gar gesund und diesen als Süßungsmittel einsetzen. Gleichzeitig lehnen sie auch noch die Gabe von Fluoriden ab, da „Fluor“ ja in der Homöopathie stören würde. Im Ergebnis können sich jetzt Kinder solcher Eltern einreihen bei Migranten und sozial Schwachen.

Da die Kinder bei den Besuchen von Zahnmedizinern in Kindergärten oft nicht rechtzeitig erreicht werden können wird von der Wissenschaft sowie den Standesorganisationen ein neues Konzept gefordert. Die Kontrollen des frühkindlichen Gebisses müssten in den Aufgabenbereich der Fachärzte für Zahn- Mund- und Kieferheilkunde verlagert werden. Aktuell sieht der Zahnarzt ein Kind zur Frühuntersuchung erst ab einem Alter von 30 Monaten. Bis dahin sind die Kinderärzte zuständig, die dafür gar nicht qualifiziert sind und deshalb im Dauerstreit mit der DGZ liegen (Hellwig, Freiburg). Es wird gefordert, die frühkindliche Vorsorgeuntersuchung schon ab dem 6. Lebensmonat dem Zahnarzt zu beauftragen. Die Krankenkassen lehnen das naturgemäß ab – Kinder- und Zahnärzte sollten vielmehr besser zusammenarbeiten. Funktioniert nur nicht, wenn man sich nicht zu einigen vermag.

Kariesgeschichte

Nach der industriellen Revolution mit dem Ergebnis „Wohlstand für Alle“, der europäischen Kolonialpolitik mit der Einführung vorher unbekannter Produkte (Rohrzucker) und insbesondere der Entdeckung der Zuckerrübe und der Züchtung besonders ertragreicher Sorten haben wir die massivsten Veränderungen  der Menschheitsgeschichte bezüglich Fehlernährung erlebt: was früher nur den Fürsten zugänglich war (Honig) mit den entsprechenden Folgen der Fehlernährung wurde nun ein Massenphänomen. Heute sieht das Bild so aus, dass der weitaus größte Teil aller Krankheiten auf diese Fehlernährung zurückzuführen sind (Beispiele: Diabetes cá 10 Prozent der Bevölkerung, Adipositas cá 30 Prozent, Karies cá 90 % der Bevölkerung, usw.).

Zweifel an den Ursachen der Karies sollten heute keine mehr bestehen: es ist der übermäßige Zuckerkonsum, der auch zu Übergewicht und Diabetes führt. Epidemiologische Daten sehen in der Verfügbarkeit und dem Konsum von Zucker zu 52% die Ursache für Karies (Streebny LM: Sugar availability, sugar consumption and dental caries. Community Dent, Oral Epidemiol 10:1-7, 1982). In Ländern mit einem Zuckerkonsum von weniger als 18 kg pro Person im Jahr findet man eine deutlich niedrigere Kariesprävalenz als in Ländern wie unserem (Streebny), und in Notzeiten (Krieg) gibt es einen messbaren Anstieg an Zahngesundheit ( Beispiel Japan – Takeuchi M.: Epidemiological study on Japanese children before, during and after World War II. Int Dent J 11:443-57, 1961). Gesünder lebende Gesellschaften haben eine generell niedrigere Kariesprävalenz (Fisher FJ. A field study of dental caries, periodontal disease and enamel defects in Tristan da Cunha. British Dent J 125:447-53, 1968). Es gibt auch reichliche Studien, die zeigen, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen, die größere Mengen Zucker verzehren, auch eine höhere Kariesprävalenz aufweisen (Roberts IF, Roberts GJ Relation between medicines sweetened with sucrose and dental disease. British Med J 2:14-16 1979). Ebenso nimmt in Notzeiten die Häufigkeit von Fettleibigkeit und Diabetes ab – dies konnte auch in Deutschland nach dem letzten großen Krieg beobachtet werden.

Leider stehen kaum wirksame Instrumente zur Regulierung der Falsch-Ernährung zur Verfügung – Versuche in Großbritannien schlugen ebenso fehl wie in USA (GB: dort wurde eine gesunde Schulspeisung eingeführt, mit der Folge, dass die Mütter den Kindern „Fish and Chips“ sowie Süßigkeiten in die Schule brachten, USA: in New York versuchte der ehemalige Bürgermeister Bloomberg durch ein Verbot der Großflaschen Cola den Zuckerkonsum wenigstens etwas einzuschränken, das wurde dann per Gerichtsbeschluss aufgehoben). Problematisch ist auch, dass Essstörung ein Synonym für Magersucht, nicht jedoch auch für Fettsucht ist, obgleich die Folgen vergleichbar und nur auf Essstörungen am Ende des Spektrums zurückzuführen sind.

Da dürfte Aufklärung alleine kaum etwas nützen, dies hat schon beim Zigarettenkonsum nicht geholfen. Insbesondere muss man dabei auch die besondere Zielgruppe berücksichtigen: der Großteil der Bevölkerung ist ja bereits von der Prophylaxe erfasst worden mit massiv verbessertem Mundgesundheitszustand – die o.a. Randgruppen der Gesellschaft jedoch sind bisher außen vor geblieben und durch die Standardprogramme offensichtlich nicht erreichbar.

Analog zum Rauchen wird schon ziemlich früh in der Kindesentwicklung die Sucht erzeugt (Zucker scheint ein massives Suchtpotenzial zu haben, wie neuere Studien nahelegen). Ein konsequentes Werbeverbot, wie von damit befassten Wissenschaftlern sowie den Verbraucherschutzverbänden gefordert (Sendung „hart aber fair“ v. 21.1.2014) könnte, wie man das bei Tabak feststellen konnte, eventuell hilfreich sein wie eine Besteuerung dieser eindeutig gesundheitsschädlichen Produkte. „Zucker“ im Sinne des Lebensmittelgesetzes ist Saccharose, die werbende Industrie weicht jedoch gerne aus auf süßende Zusätze, wie „Melasse“, „Glukosesirup“, o.ä., die alle auch nur ein Synonym für Zucker darstellen, aber dann ein Lebensmittel „zuckerfrei“ titulieren lassen. Honig ist aus zahnärztlicher Sicht ebenso Zucker ist wie „Industriezucker“, ja, Honig ist sogar das kariogenste Lebensmittel überhaupt (Maiwald, Rostock).

Nicht zu vergessen: praktisch alle Lebensmittel werden mit Zucker versetzt – ob Brathähnchen, Fleischsoße, Salatsoße oder Wurst, überall wird gezuckert. Chinesisches Essen gibt es z.B. ohne Zucker nicht. Ein kurzer Blick in eine Koch-Show zeigt: da wird alles gezuckert. Moderne Küche folgt den „vier  S“: „Sauer, Salzig, Süß und Scharf“ – da wird dann sogar Süßspeisen was scharfes zugemischt (z.b. Chili), braune Soße aus Puderzucker gefertigt, und rutscht dem Koch mal das Salzfass aus, korrigiert er mit Zucker.

Daneben haben wir noch die „Erfrischungsgetränke“ (Fassbrause) – ausgerechnet die „Bionade“ mit einem Namen der „Bio“ und Gesundheit suggeriert, ist besonders zuckerhaltig, wobei hier Zucker mit Säure gemischt wird, was einen tatsächlich angenehm erfrischenden Geschmack ergibt, sowie die zahlreichen „Fruchtsäfte“, die auch nur Zuckerlösung sind. Das einzige natürliche (und gesunde!) Getränk ist reines Wasser. Weil, Zucker macht nicht nur Karies, er macht auch Diabetes und Adipositas. Ebenfalls schlimme Täuschung sind die „Müsli“, die ebenfalls sehr zuckerhaltig sind (Beispiel Seitenbacher Müsli enthält mehr Zucker als Nutella).

Es macht wohl wenig Sinn auf Politik oder Krankenlassen zu warten, da wird seit Jahrzehnten nicht gehandelt. Für Rauchen und Urlaub werden 48 Mrd. € jährlich ausgegeben, für Alkohol weitere 38 Mrd., nur für die Gesundheit, da hat man nur läppische 22 Mrd. € übrig (Oberender, Referat auf dem Zahnärztetag 2013). Weitere Wohltaten werden verteilt: Rente mit 63, Miet-Kappungsgesetz, usw.  – man agiert populistisch. Wohnraum muss bezahlbar bleiben – egal wie teuer die Bauerstellung auch sein mag. Der Deutsche hat im Durchschnitt den höchsten Wohnflächenverbrauch weltweit. Bei ein bisschen Bescheidenheit ist die Wohnung natürlich „bezahlbar“, auch die Energie soll „bezahlbar“ bleiben, wobei gerade in sozial schwachen Haushalten Energie besonders verschwendet wird (räumt auch die Regierung ein). Dann soll natürlich „Gesundheit“ umsonst geliefert werden, trotz aller Bemühungen der Leute, möglichst häufig und schwer zu erkranken (Rauchen, Übergewichte, Bewegungsmangel, Fehlernährung, usw.). Kein Wunder dass sich die Kostendämpfung seit den 80er Jahren zur Rationierung von Gesundheitsleistungen entwickelt hat. Das soll zwar durch Gesetz verhindert werden (neueste Idiotie: ein gesetzlicher Anspruch innerhalb von vier Wochen einen Facharzttermin zu bekommen), was zeigt, dass durchaus die Probleme gesehen werden, nur an echten Lösungen niemand interessiert ist.

Die Installation effektiver Prophylaxe beim Zahnarzt ist also alternativlos. Aus Zahnärztlicher Sicht sind das  Maßnahmen, die bekanntermaßen aus professioneller und individueller häuslicher Mundhygiene sowie der Gabe hochwirksamer Chemikalien, wie Fluorid, bestehen.

Mundprophylaxe mit Chemie

Wir müssen uns von der Illusion verabschieden, man könne alle Menschen zu einer effektiven Mundhygiene bewegen. Diverse Studien (z.B. DMS IV) sowie Verkaufszahlen der Industrie zeigen, dass die Mundhygiene mit Zahnbürste und Zahnseide nach wie vor nicht die Fehlernährung kompensieren kann. Es findet sich kaum ein Plaque-freies Gebiss, und würde Zahnpflege so betrieben, dass die Zähne auch sauber sind, käme man nie mit der verkauften Menge an Zahnbürsten bzw. Zahnseide aus. Die offensichtlich einzigen Effekte auf die Zahngesundheit – die sich unbestritten inzwischen im Durchschnitt massiv verbessert hat – wurden von Chemikalien bewirkt: hier ist primär das inzwischen praktisch allen Zahncremes zugesetzte Fluorid zu nennen, daneben kommen oberflächenaktive Substanzen sowie vereinzelt auch Desinfektionsmittel zum Einsatz (Beispiel CHX). Fluoride wirken dann, wenn sie regelmäßig die Zähne umspülen (z.B. bei der täglichen Zahnpflege mit Zahnpasta), effektiv sind auch Tiefenfluoridierungen (z.B. bei der professionellen Prophylaxe in der Praxis). Die Tablettenfluoridierung (z.B. D-Fluoretten) wurde zwischenzeitlich von der DGZ von der Empfehlungsliste genommen, da sie wohl ineffektiv ist. Eine TWF ist aus rechtlichen Gründen unmöglich, auch wäre sie  unwirtschaftlich. Die Kochsalzfluoridierung hingegen hat sich in der BRD durchgesetzt, nachdem sogar ALDI nur noch fluoridiertes Salz verkauft (Zimmermann, Witten-Herdecke).

Schlimm ist, dass es immer wieder Leute gibt, die öffentlich Front machen gegen Fluorid. Da eine Zensur bei uns nicht möglich ist dürfen diese „Gurus“  fast unbehindert ihren Unsinn verbreiten, und leider fällt solche Propaganda bei vielen Menschen auf fruchtbaren Boden. Deshalb ist sicherlich notwendig, intensiv mit den Patienten zu kommunizieren.  Dabei sollte die ganze fachliche Kompetenz eingebracht werden – dazu gehört, sich in der Thematik zuhause zu fühlen. Derzeit wird Fluorid, unser bestes Prophylaxemittel, öffentlich diffamiert (https://newstopaktuell.wordpress.com/2013/01/11/zahnpasta-zerstorung-und-vergiftung-auf-raten/). Die DGZ, die DGZMK, die DGP – alle Fachgesellschaften stellen Infos zur Verfügung für eine Information der  Zahnärzte und Patienten; für eine Einarbeitung bietet sich auch das Fortbildungsvideo des DDK (Deutsches Dentalkolleg) „Fluoride-Alles was Sie wissen müssen“ an.

Prophylaxe ist mehr als nur „Zahnpropylaxe“

Zahnarzt ist ein eigentlich unpassender Begriff – Stomatologe war besser, heute könnte man sich auf „Facharzt für Zahn- Mund- und Kieferkrankheiten“ einigen (Meyer, Greifswald). Die Dachverbände fordern folgerichtig dass sich Zahnärzte auch mit dem Menschen im Ganzen beschäftigen sollen.

Die vorstehenden Worte sollten das Bewusstsein des Facharztes für Zahn- Mund und Kieferkrankheiten schärfen dass er/sie den Begriff „Prophylaxe“ universeller ansieht als ausschließlich „Zahn“-bezogen. Heute zielt die Tätigkeit des Oralmediziners auf ein eher ganzheitliches Konzept – neben Zähnen war schon immer die gesamte Mundhöhle, einschließlich Zunge (!), Wangen, Mundboden, Anhangsgebilden, wie salivatorische Drüsen (Parotis, Unterzungendrüsen) sowie nicht zu vergessen das Kiefergelenk stets Aufgabengebiet des „Zahnarzts“. Hinzugekommen sind die Kieferhöhlen, dies ein Resultat der Implantologie. Und zunehmend wird (auch immer schon Tätigkeitsgebiet des Oralmediziners) die Parodontologie zum Schwerpunkt. Neben diesen eher „mechanistischen“ Aufgaben gewinnt die Sozialmedizin bzw. Soziologie an Bedeutung. „Die Welt“ berichtet in ihrer Wochenendausgabe (19. Januar) zu einer Studie der Unternehmensberatung KPMG, der zufolge das deutsche Gesundheitswesen extrem teuer sei, jedoch nur recht bescheidene Ergebnisse liefere.

Deutschland schneidet bei diesem internationalen Vergleich demnach schlecht ab: Obwohl Kassen und Patienten hierzulande so viel Geld ausgeben, liefern Ärzte und vor allem Kliniken nur mittelmäßige Leistungen. Lediglich die Niederlande und Frankreich gäben (gemessen am BSP) mehr aus als die Bundesrepublik. Leider wird nun, wie immer schon, geschlossen, das deutsche Gesundheitswesen sei ineffektiv wegen Mängeln der „Leistungserbringer“ anstatt zu hinterfragen was denn auf Patientenseite an Ursachen vorliegen könnte. Es ist mittlerweile in der Wissenschaft unbestritten, dass sozial Schwache generell laut statistischem Nachweis massiv mehr Krankheiten aufweisen und früher sterben, daneben aber weit überdurchschnittliche Kosten für das Gesundheitswesen auslösen. Prophylaxeanstrengungen müssen deshalb auf diese Zielgruppen konzentriert werden. Es ist schlicht Unsinn alle Präventionsbemühungen auf den großen Kreis der „Normalpatienten“ zu richten, um dann einen kleinen Prozentbetrag an Verbesserung zu bewirken,

So erleben wir aktuell eine Trendumkehr: insgesamt nehmen Karieserkrankungen schon wieder zu, wir haben wohl den Peak der Prophylaxewirkung erreicht – und die Zahl der Ökos nimmt weiter zu. Statistisch werden wir also wieder eine Zunahme auch der Karies finden, dies wird die aktuell erhobene Mundgesundheitsstudie zweifelsfrei zeigen, nachdem – wie oben ausgeführt – einzelne wissenschaftliche Erhebungen bereits erste Anzeichen dafür  erkennen ließen.

Zu der wieder steigenden statistischen Kariesmorbidität kommt das zunehmende Lebensalter mit einem noch weiter steigenden Risiko für parodontale Erkrankungen sowie der Notwendigkeit für Zahnersatz.

Was bedeutet dies für den Oralmediziner?

–              Prophylaxe muss mehr auf die Risikogruppen konzentriert werden, denn da sind die großen Erfolge zu erreichen

–              Angehörige von Risikogruppen (Naturbewegte, Migranten, sozial Benachteiligte) müssen identifiziert werden, um sie speziellen Prophylaxeprogrammen zuführen zu können

–              Prophylaxe muss einem universalen Anspruch auf Gesundheitsvorsorge entsprechen und solche Krankheitsbilder, wie Diabetes, Osteoporose, Reflux, Essstörungen, Immunschwächen, Geschlechtskrankheiten (v.a. Syphillis) mit berücksichtigen, die ein Oralarzt als erster im Frühstadium erkennen kann

–              Prophylaxe muss versuchen, den Anstieg der Kosten zu hemmen – die Etats sind festgezurrt und kaum zu vermehren, da muss dafür Sorge getragen werden, dass zumindest die Morbidität gebremst wird

–              Und natürlich muss eine Erhaltungsstrategie greifen, d.h., das erreichte bei der Mehrzahl der Bürger muss gehalten werden

Patientenberatung

Chemie für Zahngesundheit

–          Kann es Zahngesundheit ohne Fluorid geben?

Ja – aber nur wenn die Lebensweise vollständig geändert wird: keine Zucker, perfekte Mundhygiene (Plaque-Index API <30), was bedeutet täglich mindestens zweimal Zähneputzen für jeweils 3 bis 5 Minuten, kontrolliert mittels Plaquerelevatoren, tägliche Anwendung von Zahnseide, ggflls. Einsatz weiterer Reinigungsinstrumente, dazu bewusster Verzicht auf alle vorgefertigten Speisen, Verzicht auf Getränke(außer reines Wasser)

–          Mundprophylaktika sind notwendig bei „normaler“ Lebensweise!

Hier ist insbesondere Fluorid in jeglicher topisch eingesetzter Form das harmloseste und wirksamste Mittel; alternativ kann man CHX (Chlorhexidin-di-Gluconat) oder andere Mund-desinfektionsmittel, die alle milde Nebenwirkungen haben, einsetzen

Fluorid ist kein „giftiges“ Fluor, sondern ein essentielles Element, das überall vorkommt (insbesondere in Meersalz! Und in Mineralwässern) und im Vergleich zu „Salz“ viel ungefährlicher ist. Salz jedoch ist in jeder Fertignahrung, in Wurst, in Suppen, praktisch in jeder Speise („das Salz in der Suppe“ deutet schon an, dass Salz etwas Notwendiges ist) enthalten, wobei die Toxizität (alles ist abhängig von der Menge irgendwann toxisch!) um Zehnerpotenzen geringer ist als die des Chlorids („Salz“)

–     ist Fluor giftig?

Ja, Fluor ist giftig – aber, Chlor auch! Und Chlor essen wir täglich in Form von Salz! Fluorid ist, ebenso wie Chlorid, als „leichtes Element“ in der Erdoberfläche ein sehr häufig vorkommendes Ion. Da Fluor ebenso wie Chlor sehr reaktionsfreudig ist kommt es in der Natur nicht vor, nur in Form des einfach negativen Ions „Fluorid“, normalerweise in Verbindung mit Natrium, Kalium und Kalzium, die ebenfalls sehr häufig vorkommende Elemente der äußeren Erdschicht darstellen.

–          Was ist der Unterschied zwischen Fluor und Fluorid?

Fluor gehört zur Elementegruppe der „Halogenide“ und hat 7 äußere Elektronen, um die Edelgaskonfiguration zu bekommen nimmt es gerne ein Elektron auf und wird so zum einfach negativ geladenen Fluorid. Alle Halogenide verhalten sich so (Fluor, Chor, Jod, usw.). Besonders stabil sind Salze (also Verbindungen aus Halogen-Ionen und Metallionen) mit Alkali-Metallen (Lithium, Natrium, Kalium, usw.). Um den Unterschied zwischen Element und Ion noch besser zu veranschaulichen: Kalium und Natrium sind Alkalimetalle, die bei Berührung mit Wasser explodieren (das hat bei Lithiumbatterien schon zu heftigen Bränden geführt!). Kein vernünftiger Mensch würde also mit Natrium hantieren wollen – aber, Natrium ist essentiell für das Leben, ohne Natrium-Ionen könnten Zellen nicht funktionieren. Deshalb essen wir täglich „Natrium“ in Form des Natriumchlorids. Ist also ganz was anderes, Fluor und Fluorid…

–          Gibt es noch andere Substanzen die vor Mundkrankheit schützen?

Fluorid ist das wichtigste Prophylaktikum für Karies. Daneben darf die Parodontitis nicht in Vergessenheit geraten: hier kommt den beiden Substanzen CHX (Chlorhexidin) sowie Triclosan in Zahncremes eine bedeutende Rolle zu. Daneben können Spülungen mit Phenolischen Ingredientien (z.B. Listerine) hilfreich sein.

–          Was kann man außer Chemie für die Mundpflege einsetzen?

Optimale Mundpflege wäre perfekt geeignet, wobei nebst Zähneputzen die Zungenpflege sowie Interdentalhygiene zu beachten sind. Cave: dies kann man sinnvoll bei gebildeten und sozial höher stehenden Patienten anbringen (siehe Statistik, bei sozial Benachteiligten muss eine Form der passiven Prophylaxe (Chemie) für eine Verbesserung sorgen

–          Ernährungsberatung, Ernährungslenkung

Bei dafür sensiblen Patienten kann man ein Ernährungsprotokoll anfertigen lassen und dann die Ernährung mit den Patienten besprechen – dabei ist es jedoch wichtig wirklich kompetent zu sein, sonst setzt man mehr Schaden als Nutzen.

Fazit:

Viele Fehlentwicklungen unserer Gesellschaft kann der Zahnarzt nicht aufhalten oder beeinflussen, trotzdem sollte es versucht werden. Deshalb gehört die Ernährungs- und Mundhygieneberatung selbstverständlich zu jeder individualprophylaktischen Sitzung. Dabei darf auch nicht vergessen werden, die Allgemeingesundheit im Auge zu behalten (speziell Übergewicht, Diabetes, Ernährung, Suchtverhalten). Daneben muss sich die Praxis jedoch den neuen Herausforderungen einer divergierenden Gesellschaft (Schichtproblematik) stellen mit einer Subpopulation, die von konventionellen Strategien nicht mehr erreichbar ist (Beispielhaft thematisiert in: „Fack ju Göhte“). Hier sind verstärkte Bemühungen erforderlich, bei Berücksichtigung des geistig-sozialen Hintergrunds, und einer besonderen Beachtung unserer bewährten Hilfsmittel aus der Chemie („Passive Prävention“).

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