Probleme mit der Bürokratie und was man dagegen tun kann…

Aus der Praxis: 

Kennen Sie alle Gesetze und Vorschriften? Die aktuellen Richtlinien? Nein? Kein Wunder – die Deutschen gönnen sich ein opulentes Menü an staatlichen Regulierungen, die vielleicht gut gemeint, aber im Einzelfall grausam sein können.

„Was gut gemeint ist kann sich zum Gegenteil wenden“ – eine Weisheit, die in den „sozialen“ Gesellschaften herumsprechen sollte.

 

Und die Zahnärzte trifft es derzeit knüppeldick:

  • extrem ausgeweitete Abrechnungsprüfungen, sowohl bei den gesetzlichen als auch den privaten Kassen
  • massiv ausgeweitete Aufklärungspflichten
  • kontrollierte Fortbildung
  • vorgeschriebenes Qualitätsmanagement

Und das bei Privathonoraren von 1965 (!) und Kassenhonoraren, die vielfach unter den Material- und Mitarbeiterkosten liegen.

Da muss die Praxis gegensteuern!

Wie das gehen soll? Nun, da gibt es schon Möglichkeiten – vor allem aber, man muss vorbeugen!

 

Abrechnungsprüfungen

Die Kostenerstatter haben – die EDV macht´s möglich – entsprechende Prüfsoftware entwickelt und setzen diese nun gezielt und regelmäßig ein. Dabei nutzen sie standardisierte Textbausteine – bei den Privatversicherern sowieso, nun auch bei den „Prüfstellen“, also den Einrichtungen der KZVen zusammen mit den Kassen. Und da bleiben sehr viele Kollegen im Raster hängen: es kann sein, dass man in die generelle Wirtschaftlichkeitsprüfung gerät (wegen Abweichung vom Landesdurchschnitt). Wobei zu beobachten ist, dass dieser Landesdurchschnitt die letzten Quartale immer stärker abgerutscht ist – kein Wunder: wenn die Zahnärzte, die mehr abrechnen als LD, in die Prüfung genommen werden und Honorarkürzungen hinnehmen, sinkt (das ist ganz schlichte Mathematik) der Durchschnitt, und das führt wiederum zu mehr „Auffälligkeiten“, d.h., vermehrten Prüfungen. Da geraten dann Zahnärzte plötzlich in die WP, die jahrzehntelang unbehelligt und mit gleichbleibenden Punktezahlen pro Patient gearbeitet haben.

Schauen Sie mal auf die Statistik! Derzeit ist in den meisten KZV-Bezirken eine durchschnittliche Leistungsmenge (KCH) von etwa 80 Punkten pro Quartal und Patient gegeben, wohingegen wir noch vor einigen Jahren deutlich höher gelegen haben. Daraus zu schließen, dass wegen der Prophylaxe der Behandlungsbedarf gesunken wäre, wäre fatal. Prophylaxe verschiebt den Therapiebedarf nur ins höhere Lebensalter, das kann es also nicht sein. Auch die Behandlungszahlen, die im KZBV Jahrbuch zu finden sind, zeigen eine eher ansteigende Tendenz: mehr Endo, mehr Füllungen, usw. Die sinkenden Leistungsmengen sind wohl eher auf die verstärkten Prüfungen zurückzuführen – beweisen lässt sich das natürlich nicht, und die Kassen, die die Daten hätten, werden wohl kaum damit herausrücken.

Dann wird auch die Einzelfallprüfung immer häufiger – da wird die Praxis aufgefordert, zahlreiche Patientenfälle (die Listen bekommt man von den Prüfstellen) mit Karteikartenkopien und zugehörigen Unterlagen (Modelle, Röntgenbilder, usw.) vorzulegen. Die Mitarbeit ist zwingend, man darf die Herausgabe nicht verweigern. Diese Prüfung wird vorgenommen, wenn bestimmte Systemtiken erkennbar werden – z.B., wenn die Behandluungsfälle „geteilt“ werden (also über mehrere Quartale verteilt), oder wenn es auffällig viele Überweisungen gibt (dann wird vermutet, man schiebe Pateinten hin und her, um das Budget zu unterlaufen), oder, es wird geprüft, ob Fristen richtig eingehalten wurden (z.B. bei PAR oder Prothetik nach Endo). Da ist niemand mehr in den Prüfstellen damit befasst, das macht der Computer – nur, der Zahnarzt muss dann mühsam alle Unterlagen heraussuchen.

Solche Einzelfallprüfungen (die Einzelfallprüfung wird übrigens bei der WP als „unzumutbar“ abgelehnt, da gilt nur die Statistik) werden auch zur Überprüfung einer „richtlinienkonformen“ Behandlungsweise vorgenommen (wird gerne bei PAR-Fällen gemacht).

Beispiel für eine Einzelfallprüfung 

Dann hat der geladene Zahnarzt vor einem Tribunal von 3 bis 5 Prüfern Platz zu nehmen – eine psychologisch sehr ungünstige Konstellation: „ich alleine gegen alle“. Und dann wird man so richtig fertig gemacht – wer schon mal in so einem Gespräch war, weiß, wovon ich rede. Und das beste: da tun sie dann so verständnisvoll, „wir wollen Ihnen ja nichts, wir wollen Sie ja nur beraten und Ihnen helfen“ (helfen, viel Geld zu verlieren?). Kein Wort von dem Recht, jede Aussage zu verweigern (das steht sogar einem Mörder zu!), kein Wort, dass Honorarkürzungen ja Geldstrafen sind (die Wegnahme eines Gutes wird von jedem als Strafe empfunden!). Und dann wird dezent noch darauf verwiesen, dass man ja auch die Staatsanwaltschaft informieren könnte – für die Prüfer ist jeder Zahnarzt potenziell kriminell, hat man den Eindruck. Dem Druck hält kaum einer stand und dann stimmt man dem großzügig angebotenen „Vergleich“ zu, der eine unmittelbare Honorarkürzung beinhaltet. Wenn´s ganz großzügig wird darf man eine Teilzahlung leisten.

Der Rat: berufen Sie sich auf das Rechtsstaatsprinzip, auf Ihre Grundrechte, und hören sich das Gelaber an, beziehen aber keine Stellung, sondern verweisen auf ihre Grundrechte, sich zu den Vorwürfen nicht zu äußern! Bestehen Sie darauf, dass man die Dinge, die Ihnen vorgeworfen werden, schriftlich fixiert und Sie nach Bedenkzeit auch schriftlich dazu Stellung nehmen!

Der Rechtsstaat lässt solche überfallsartigen Verhöre nämlich nicht zu! Da hat man Akteneinsicht zu gewähren, der Beschuldigte muss vorab mitgeteilt bekommen, wessen man ihn  anklagt, usw. In den Verfahren wird das alles nicht beachtet – eine Ungeheuerlichkeit! Und: erst im Widerspruchsverfahren hat man Anspruch auf Kostenersatz im Falle des Obsiegens, d.h., wenn Sie mit Anwalt zum Prüfgespräch gehen, bleiben Sie auch dann auf den Kosten sitzen, wenn Sie keine Kürzungen hinzunehmen haben.

Und die Standesvertretung? Und die zahnärztlichen „Kollegen“, die in der Prüfung Ihnen gegenüber sitzen? Die lassen Sie im Regen stehen!

Versichern Sie sich doch eines Beistands – ein versierter Jurist oder Kollege (leider sind Anwälte meist wenig qualifiziert, da kriegen Sie statt Recht lediglich eine Rechnung) nimmt Ihnen zumindest ein bisschen Stress ab…

Noch ein Tipp: gehen Sie nicht in das Prüfgespräch, melden Sie sich krank! Besonders gut wehren können Sie sich, wenn Sie im Vorfeld einen Psychotherapeuten aufsuchen – der kann Ihnen jederzeit bescheinigen, dass Ihnen das Prüfgespräch nicht zumutbar ist. Dann haben Sie was in der Hand, wenn die lästig werden – Prüfgespräch fällt aus wegen „Mobbing“. Kann man dann auch an die Medien weitergeben. Vielleicht hört der Terror dann endlich mal auf!

 

Und die Privatversicherer? Nun, die prüfen auch jede Rechnung und schreiben dann dem Patienten (!), dass der Zahnarzt „möglicherweise“ falsch abgerechnet habe und man möge doch da in der Praxis vorstellig werden und eine Rechnungskorrektur verlangen. Benannt wird dies als „Service für die Mitglieder“, und die Rechnungserstattung wird natürlich sofort gekürzt, versteht sich.

Da hält der Zahnarzt wieder mal den schwarzen Peter, denn er muss sich gegenüber dem Patienten dann rechtfertigen, was immer ungut ist.

Pauschal kann man eine Kürzung um etwa 10 bis 20 Prozent der Rechnung ansetzen, abhängig davon, wie „gut“ die Rechnung ist. Wer lediglich stets den 2,3fachen Satz ansetzt, wer sich den Vorgaben der Versicherungen unterwirft, der wird keine Kürzung kriegen – wer jedoch den höchstrichterlichen Vorgaben entsprechend höhere Faktoren ansetzt (idealerweise nach §2 Abs. 3, da muss man keine Begründung schreiben) oder nach § & (Analogleistung) wird schon heftigen Widerstand zu spüren bekommen, und auch wer ganz normal einen Faktor über 2,3 zu nehmen sucht, wird nicht selten mit der Begründung anecken. Das ist für die Versicherungen eine Prinzipienfrage.

Der Zahnarzt sollte jedoch solche Kürzungen nicht einfach so hinnehmen – man kann sich doch wehren! Es gibt Textsysteme mit vorformulierten Textbausteinen, mit deren Hilfe man selber Gegenwehr leisten kann, und es gibt Serviceanbieter, die das für wenig Geld für die Praxis übernehmen (www.gh-praxismanager.de, www.securdent.de).

 

Aufklärungspflichten

Es gibt eine Unzahl an unterbeschäftigten Anwälten – und gleichzeitig haben immer mehr Menschen eine „Rechtsschutzversicherung“. Nun gelten die Regeln von Anstand und Moral von früher nicht mehr – wenn die Zahnarztrechnung kommt, wird gesucht, wie man die Zahlung verhindern oder zumindest vermindern könnte. Und wenn der Anwalt sowieso nichts kostet?

„Wenn die Rechnung kommt, passt der Ersatz plötzlich nicht mehr“ – kennt mit Sicherheit jeder berufstätige Zahnarzt aus eigener Erfahrung. Und dann wird der Gutachter eingeschaltet – kein Problem, sagen Sie? Mag ja sein, dass der nichts Nachteiliges finden kann, nur, der findige Anwalt wird dann mal fragen, ob denn die vorgeschriebene Beratung und Aufklärung stattgefunden hätte – und da zeigt die Erfahrung, dass es deutliche Dokumentationslücken gibt. Möglich, dass die Beratung ja tatsächlich unterblieben ist, kann sein, dass die nur nicht richtig aufgeschrieben wurde – das Ergebnis ist dasselbe: Der Zahnarzt kriegt die Honorar- (Rechnungs-) Kürzung.

Hier gilt es, vorzubeugen: durch ein Beratungssystem kann man die Fehlerquote auf ein Minimum reduzieren. Dann müssen nicht mühsam Beweise zusammengetragen werden, die hat man dann griffbereit in der Schublade (oder dem Aktenschrank, wenn Sie so wollen). Da kann man den Patienten ihre Unterschrift unter die Nase halten – wirkt stets!

 

Fortbildung

Beim vorletzten „Gesundheitsreformgesetz“ wurde für alle Betriebe des Gesundheitswesens die Fortbildungspflicht mir individuellem Nachweis vorgeschrieben. War die Fortbildung bis dahin eine moralische Pflicht, so hat der Gesetzgeber seinem Mißtrauen gegenüber der Ärzteschaft dadurch Ausdruck verliehen, dass die Fortbildung nunmehr konkret nachgewiesen werden muss. Nun könnte man meinen, gut, machen wir halt Fortbildung, mit möglichst geringem Aufwand, wenn´s geht. Vorsicht, Falle! Kann man da nur sagen. Der Zahnarzt muss ja seine Fortbildungspunkte gegenüber einer Institution, die mit der Überwachung betraut ist, nachweisen. Damit ist jedoch auch eine Kontrolle gegeben, worin sich der Zahnarzt fortgebildet hat – und dies kann im Streitfall bedeuten, dass man ihm die Fähigkeit für bestimmte Therapiemaßnahmen einfach abspricht, mit entsprechenden Folgen. Denken wir nur daran, dass es schon seit längerem Bestrebungen der Kieferchirurgen gibt, „normale“ Zahnärzte und Oralchirurgen von der Implantologie auszuschließen. Und in „Kunstfehlerprozessen“ wird das Gericht sehr wohl Fakten beachten, die die Qualifikation des Behandlers betreffen – wer auf einem Gebiet arbeitet, für das er keine regelmäßigen Fortbildungsnachweise vorzeigen kann, wird es schwer haben – für Juristen liegt da die Vermutung der mangelnden Qualifikation nahe. Es ist ja auch nach geltender Rechtslage so, dass man Patienten informieren muss, wie man die Kenntnisse und Fähigkeiten erworben hat, um dien Behandlung durchzuführen – beispielsweise muss angegeben werden, wenn man nur wenig Erfahrung hat oder eben wenig qualifizierende Fortbildung.

Deshalb macht es Sinn, Fortbildung gezielt und auf allen Feldern der Praxistätigkeit nachzuweisen! Dabei ist es wohl unerlässlich, die Fortbildung nicht nach eigenem Gusto, sondern gezielt nach Therapiefeldern zu organisieren. Fortbildungsabos (Beispiel www.dentalkolleg.de) wären ein probates Mittel dazu. Voraussetzung ist natürlich, dass das Abo nach fachlichen Kriterien richtig strukturiert ist, wozu sicherlich zahnärztlicher Fachverstand obligat ist.

 

Qualitätsmanagement

Zum 31.12. dieses Jahres ist der letzte Termin, bis wann ein „praxisinternes Qualitätsmanagement“ eingeführt sein muss. Was bedeutet das? Der gemeinsame Bundesausschuss Kassen und KZV hat Kriterien festgelegt, die als Mindestanforderung gelten. Demnach ist es z.B. nicht erforderlich, eine Zertifizierung durchführen zu lassen – allerdings sind die Prinzipien so, dass sie der ISO 9001 entsprechen und deshalb prinzipiell auch zertifizierbar wären.

Was soll ein QM in der Praxis, werden sich nicht wenige Kollegen fragen. Die Frage ist berechtigt – Qualität erreicht man nicht durch ein formalistisches System. So weit so gut (schlecht). Qualitätsmanagement, so wie es angeordnet wurde, hat eine Kontraollfunktion, das ist alles. Da können die Prüfer (und ab 1.Januar 20010 wird geprüft, verlassen Sie sich drauf!) relativ leicht die wichtigsten Parameter einsehen: werden die RKI-Richtlinien beachtet (da ist ja noch eine Verschärfung der Hygienevorschriften in der Schublade, das kommt dann nach der Wahl im Herbst auf den Tisch), sind die eingesetzten Geräte überhaupt noch zulässig (die regelmäßigen Prüfungen müssen auch aktuell in ein Gerätebuch eingetragen werden, z.B. die Prüfung der Kompressoranlage, der Röntgengeräte, usw. nur, mit QM lohnt es sich mehr, denn, da fließt dann richtig Geld, wenn man´s nicht richtig macht. Die Prüfung vor Ort in der Praxis schlägt mit etwa 200 € zu Buche, und die Zweitprüfung kostet dann wieder, usw. Daneben gibt’s Strafen, bis hin zur Gerätestilllegung und sogar der Praxisschließung, und die Honorarkürzung bei Nichtvorlage eines QM-Systems sind auch nicht zu verachten – 20 Prozent wegen fehlendem QM. Weitere 20 Prozent wegen fehlender Fortbildungspunkte, Kürzungen wegen fehlender Qualifikation (keine Fortbildung in PAR? Kürzung! usw.), die Instrumente sind da und warten darauf, eingesetzt zu werden. Mit Qualität hat das alles gar nichts zu tun – die Kassen wollen (und müssen) Einsparungen erreichen, und bei den ambulant tätigen (Zahn)Ärzten geht das halt am leichtesten.

 

Mehr Geld, was für mehr Qualität nützlich wäre, gibt es nicht und wird es auch nicht geben. Also greift die Politik zum probaten Instrument der Kontrolle und Überwachung, das hat sie immer getan, wenn sie nicht gehindert wurde. Und, wer wollte heute die Politik hindern? Da ist weit und breit Niemand zu sehen – die Politik verspricht und verteilt, und die „Leistungserbringer“ zahlen dann die Zeche. Hat also keinen Sinn, sich offen aufzulehnen – besser, man zieht sich in die stille Opposition zurück – also, man macht QM, aber so, dass die Kontrolleure möglichst wenig davon haben. Kann man, wenn man´s geschickt anstellt und das richtige System hat!

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